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Public Health-Forschung zu Migration und Gesundheit: Rückblick – Gegenwart – Zukunft
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Published: | September 6, 2024 |
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Symposium-Vorsitz: ???PD Dr. med. habil. Amand Führer, Prof. Dr. Liane Schenk, Dr. Nico Vonneilich
Einladende Organisationen: Lehrnetzwerk Migration und Gesundheit, AG Migration und Gesundheit der DGSMP, Fachbereich Global Health der DGPH, AG Gesundheitssoziologie und Medizinische Soziologie der DGMS, gemeinsame AG Sozialepidemiologie der DGMS und DGEpi
Symposium-Vortragende: Prof. Dr. Michael Knipper, Andreas W. Gold, Prof. Dr. Anna Kühne, Navina Sarma
Inhalt (inkl. Titel der Einzelbeiträge mit vortragender Person und Co-Autor:innen): Seit 2015 hat die Forschung zu Gesundheit und medizinischer Versorgung von Migrant*innen in Deutschland große Fortschritte gemacht: Während es noch 2014 nur wenige Studien gab, bei denen Fragen der Gesundheit und der Versorgung von Migrant*innen im Zentrum standen, wurde diese Forschungslücke in den vergangenen Jahren zunehmend kleiner, sodass mittlerweile viele versorgungspraktische und Policy-bezogene Fragen empirisch gut untersucht sind.
Dies umfasst hochwertige Studien zur psychischen und körperlichen Gesundheit verschiedener Gruppen von Migrant*innen sowie zu Zugangsbarrieren, auf die Migrant*innen in der Interaktion mit dem Gesundheitssystem häufig stoßen. Darüber hinaus gibt es inzwischen viele Studien, die gezielt Gruppen untersuchen, die von besonderer struktureller Diskriminierung betroffen sind, wie z. B. Asylsuchende oder undokumentierte Migrant*innen. Hierbei wurde in den letzten Jahren zunehmend daran gearbeitet, die gesundheitlichen Auswirkungen der ausgrenzenden Mechanismen zu verstehen. Zudem liegen inzwischen mehrere Studien vor, die die gesundheitsökonomischen Effekte des Asylbewerberleistungsgesetzes quantifizieren und aufzeigen, dass der Abbau von Zugangsbarrieren (z. B. durch die Einführung einer Gesundheitskarte für Geflüchtete) zu Kosteneinsparungen im Sozialsystem führt.
Trotz dieser Verbesserungen im empirisch abgesicherten Wissen, zeigt sich kein Trend hin zu einer Verbesserung der strukturellen Rahmenbedingungen: Anstatt Veränderungen der Rahmenbedingungen an der vorliegenden Evidenz zu orientieren und Maßnahmen umzusetzen, die sowohl Kosten sparen als auch die Gesundheit von Migrant*innen verbessern, wurden in den letzten Jahren vielfach politische Entscheidungen getroffen, die der verfügbaren Evidenz zuwiderlaufen. Zu nennen sind hier beispielsweise die aktuell diskutierte Einführung von Sachleistungen für Asylsuchende, die Verlängerung des Geltungszeitraums des AsylbLG, die Massenquarantäne in Sammelunterkünften während der Pandemie oder die fehlende Kostenübernahme von Dolmetschleistungen durch die GKV.
Migration wird von vielen Entscheidungsträger*innen nach wie vor vordergründig als einzudämmendes Problem und nicht als politisch zu gestaltender Prozess verstanden. Zudem weisen gesellschaftliche Debatten zur medizinischen Versorgung von Migrant*innen häufig rassistische Untertöne auf oder rekurrieren sogar explizit auf rassistische Stereotype. Da diese auch in Alltagsdiskurse des Gesundheitssystems eindringen, eröffnet sich damit die Notwendigkeit, Rassismus sowohl als strukturelle Determinante von Gesundheit als auch als Zugangsbarriere zu medizinischer Versorgung in den Blick zu nehmen.
Dieses Symposium wird diese Entwicklungen reflektieren und den Fragen nachgehen, was die migrationsbezogene Public Health-Forschung in Deutschland bisher erreicht hat, welche Debatten aktuell geführt werden, und vor welchen Herausforderungen sie in den nächsten Jahren steht. Dementsprechend gliedert sich das Symposium in drei Teile: Rückblick, Gegenwart und Zukunft:
- Rückblick (Beitrag 1)
Michael Knipper: Migrationsforschung im deutschsprachigen Public Health – Eine kritische Revue - Gegenwart (Beiträge 2 und 3)
Andreas W. Gold: Strukturelle Diskriminierung und die Gesundheit von Migrant*innen in Deutschland
Anna Kühne: Rassismus als Public Health-Problem - Zukunft (Beitrag 4)
Navina Sarma: Migrationsnarrative und gesundheitliche Ungleichheit
Die Autoren geben an, dass kein Interessenkonflikt besteht.
Die Autoren geben an, dass kein Ethikvotum erforderlich ist.