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Gesundheit – gemeinsam. Kooperationstagung der Deutschen Gesellschaft für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie (GMDS), Deutschen Gesellschaft für Sozialmedizin und Prävention (DGSMP), Deutschen Gesellschaft für Epidemiologie (DGEpi), Deutschen Gesellschaft für Medizinische Soziologie (DGMS) und der Deutschen Gesellschaft für Public Health (DGPH)

08.09. - 13.09.2024, Dresden

Das Erleben von Betroffenen während akuter psychiatrischer Krisen: Eine qualitative Analyse aus Patient*innenperspektive

Meeting Abstract

  • Lena-Katharina Oeltjen - Universität Bremen, Institut für Public Health und Pflegeforschung, Abteilung Versorgungsforschung, Bremen, Germany
  • Maike Schulz - Klinikum Bremen-Ost, Gesundheit Nord gGmbH; Klinikverbund Bremen, Bremen, Germany
  • Georg Knigge - Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf, Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie, AG sozialpsychiatrische & partizipative Forschung, Hamburg, Germany
  • Imke Heuer - Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf, Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie, AG sozialpsychiatrische & partizipative Forschung, Hamburg, Germany
  • Denis Briel - Klinikum Bremen-Ost, Gesundheit Nord gGmbH; Klinikverbund Bremen, Bremen, Germany
  • Rebecca Nixdorf - Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf, Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie, AG sozialpsychiatrische & partizipative Forschung, Hamburg, Germany
  • Werner Brannath - Universität Bremen, Kompetenzzentrum für Klinische Studien Bremen (KKSB) und Institut für Statistik (IfS), Bremen, Germany
  • Kay Bultmann - Freie Hansestadt Bremen, Gesundheitsamt, Abteilung Sozialpsychiatrie und Prävention, Bremen, Germany
  • Julia Ponke - Freie Hansestadt Bremen, Gesundheitsamt, Abteilung Sozialpsychiatrie und Prävention, Bremen, Germany
  • Jörg Utschakowski - Freie Hansestadt Bremen, Senatorische Behörde für Gesundheit, Frauen und Verbraucherschutz, Referat Psychiatrie und Sucht, Bremen, Germany
  • Candelaria Mahlke - Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf, Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie, AG sozialpsychiatrische & partizipative Forschung, Hamburg, Germany
  • Ansgar Gerhardus - Universität Bremen, Institut für Public Health und Pflegeforschung, Abteilung Versorgungsforschung, Bremen, Germany

Gesundheit – gemeinsam. Kooperationstagung der Deutschen Gesellschaft für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie (GMDS), Deutschen Gesellschaft für Sozialmedizin und Prävention (DGSMP), Deutschen Gesellschaft für Epidemiologie (DGEpi), Deutschen Gesellschaft für Medizinische Soziologie (DGMS) und der Deutschen Gesellschaft für Public Health (DGPH). Dresden, 08.-13.09.2024. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2024. DocAbstr. 726

doi: 10.3205/24gmds875, urn:nbn:de:0183-24gmds8756

Published: September 6, 2024

© 2024 Oeltjen et al.
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Outline

Text

Einleitung: Im Kontext akuter psychiatrischer Kriseneinsätze lässt sich in den vergangenen Jahren ein stetiger Anstieg von Zwangseinweisungen in Deutschland verzeichnen. Ein mögliches Mittel zur Vermeidung von Zwangseinweisungen kann Genesungsbegleitung sein. Genesungsbegleitung bedeutet den Einsatz von Menschen, die selbst Erfahrung mit der Genesung von schweren psychischen Krisen haben und ausgebildet sind, diese Expertise zu nutzen, um andere Menschen in Krisen zu begleiten. Studien zeigen, dass Genesungsbegleitung durch sog. Peers bei Betroffenen zu einer erhöhten Selbstwirksamkeit [1], zu einer verbesserten Genesung und Lebensqualität [2], zu weniger stationären Einweisungen [3] und zu einer Reduktion von Zwangsmaßnahmen führen kann [4]. Bisher gibt es in Deutschland keine Erfahrungen, wie Genesungsbegleitung in außerklinischen akuten psychiatrischen Kriseneinsätzen wirken kann. Ziel der Studie „PeerIntervent“ ist es herauszufinden, ob die Versorgung von Menschen in diesem Setting durch den Einsatz von Peers verbessert und die Anzahl von Zwangseinweisungen reduziert werden kann. Die Studie, finanziell gefördert durch das Bundesministerium für Gesundheit (BMG), ist Teil der Ausschreibung zur Stärkung zukunftsfähiger Strukturen im Öffentlichen Gesundheitsdienst (ÖGD), welche eine nachhaltige Zusammenarbeit zwischen ÖGD und Public Health in den Mittelpunkt stellt.

Methode: Im Rahmen der explorativen, Cluster-randomisierten, kontrollierten Studie wurden in zwei von insgesamt fünf regionalen Teams des bremischen Sozialpsychiatrischen Dienstes (SpsD) geschulte Peers eingesetzt. Als fester Bestandteil der Teams begleiteten sie Kriseneinsätze und boten im weiteren Verlauf Gesprächs- und Unterstützungsangebote für Betroffene an. Der Anteil an Zwangseinweisungen an den Kriseneinsätzen wurde zwischen Interventions- und Kontrollregionen verglichen. Um das Erleben der Betroffenen mit und ohne Genesungsbegleitung in psychiatrischen Kriseneinsätzen zu erheben, wurden qualitative Interviews mit Betroffenen geführt. Die Rekrutierung erfolgte über den kooperierenden Klinikverbund Gesundheit Nord Bremen (GeNo). Die Durchführung der Interviews fand in den Räumlichkeiten der SpsD bzw. in den angegliederten (Tages-)kliniken statt. Die Auswertung der Interviews und Fokusgruppen erfolgt mit der qualitativen Inhaltsanalyse nach Kuckartz [5].

Ergebnisse: Bisher wurden 24 Interviews mit Betroffenen von psychiatrischen Kriseneinsätzen geführt. Die Datenauswertung erfolgt in den nächsten Wochen, sodass im Vortrag die Ergebnisse präsentiert und diskutiert werden können.

Schlussfolgerung: Die Ergebnisse werden zeigen, ob der Einsatz von Genesungsbegleitung aus Sicht der Betroffenen psychiatrischer Kriseneinsätze für sinnvoll empfunden wird, welche Chancen und welche Bedenken bestehen.

Interessenkonflikte: DB und MS sind im Krankenhaus Bremen-Ost, GENO, beschäftigt. Die SpsD werden von GENO im Auftrag des Gesundheitsamtes Bremen organisiert und durchgeführt. KB und JP sind bei der Gesundheitsbehörde Bremen angestellt. Im Rahmen des Forschungsprojekts berät und betreut das Gesundheitsressort und begleitet GENO im Rahmen des Forschungsprojekts bei der Implementierung von Peer Support beim SpsD. JU ist in der Behörde für Gesundheit, Frauen und Verbraucherschutz in Bremen beschäftigt. In seiner Funktion als Leiter der Abteilung Psychische Gesundheit und Sucht hat er die Fachaufsicht des SpsD. Die anderen Autoren erklären, dass sie keine Interessenkonflikte haben.

Die Autoren geben an, dass ein positives Ethikvotum vorliegt.


Literatur

1.
Mahlke C, Priebe S, Heumann K, Daubmann A, Wegscheider K, Bock T. Effectiveness of one-to-one peer support for patients with severe mental illness - a randomised controlled trial. Eur Psychiatry 2017; 42:103–10.
2.
Corrigan PW, Kraus DJ, Pickett SA, Schmidt A, Stellon E, Hantke E et al. Using Peer Navigators to Address the Integrated Health Care Needs of Homeless African Americans With Serious Mental Illness. Psychiatr Serv 2017; 68(3):264–70.
3.
Ash D, Suetani S, Nair J, Halpin M. Recovery-based services in a psychiatric intensive care unit - the consumer perspective. Australas Psychiatry 2015; 23(5):524–7.
4.
Ibrahim N, Thompson D, Nixdorf R, Kalha J, Mpango R, Moran G et al. A systematic review of influences on implementation of peer support work for adults with mental health problems. Soc Psychiatry Psychiatr Epidemiol 2020; 55(3):285–93.
5.
Kuckartz U. Qualitative Inhaltsanalyse. Methoden, Praxis, Computerunterstützung. 3., überarbeitete Aufl. Weinheim: Beltz Verlagsgruppe; 2016. (Grundlagentexte Methoden).