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Selbstberichtete Diskriminierungserfahrungen und Prävalenzen von Herz-Kreislauf-Erkrankungen bei Menschen mit ausgewählten Staatsangehörigkeiten. Ergebnisse der Studie GEDA Fokus
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Published: | September 6, 2024 |
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Hintergrund: Strukturelle, institutionelle sowie interpersonelle Diskriminierung kann einen negativen Einfluss sowohl auf die mentale als auch auf die körperliche Gesundheit haben. Das Erfahren von Diskriminierung kann zu chronischem Stress führen, welcher mit einer erhöhten Belastung des kardiovaskulären Systems in Verbindung steht. Der psychosoziale Druck und die bei der Exposition freigesetzten Hormone wie Kortisol, stoßen langfristig chronische Entzündungsprozesse an und erhöhen so die Anfälligkeit für Herz-Kreislauf-Erkrankungen (HKE) bei von Diskriminierung Betroffenen. Vor diesem Hintergrund besteht das Ziel der Analysen darin, den Zusammenhang von selbstberichteten Diskriminierungserfahrungen im Alltag (sDE) und dem Auftreten von HKE zu untersuchen.
Methoden: Die Auswertungen basieren auf Daten der mehrsprachigen, multimodalen Befragungsstudie GEDA Fokus (11/2021-05/2022; Einwohnermeldeamtsstichprobe) unter Menschen mit italienischer, kroatischer, polnischer, syrischer oder türkischer Staatsangehörigkeit. Mittels Poisson-Regression wurden Zusammenhänge zwischen dem Auftreten von HKE und sDE unter Berücksichtigung von Geschlecht, Alter, Bildung, Einkommen, sozialer Unterstützung, Zugehörigkeitsgefühl zur Gesellschaft in Deutschland, selbsteingeschätzten Deutschkenntnissen und Adipositas - bestimmt über den Body-Mass-Index - unter Teilnehmenden im Alter von 40 bis 79 Jahren untersucht (n=2.965). HKE wurden aus Einzelabfragen selbstberichteter Diagnosen von Herzinfarkt, Koronarer Herzkrankheit, Herzinsuffizienz, Schlaganfall und Bluthochdruck gebildet. Zusätzlich wurden Moderationsanalysen mit Interaktionseffekten zwischen sDE und sozialer Unterstützung (sU), dem Zugehörigkeitsgefühl zur Gesellschaft in Deutschland und selbsteingeschätzten Deutschkenntnissen durchgeführt.
Ergebnisse: Über ein Drittel (35,3%) berichtete, dass mindestens eine der genannten HKE ärztlich diagnostiziert worden war. Zudem gaben 34,9% der Teilnehmenden an, manchmal bis sehr oft Diskriminierung im Alltag erfahren zu haben. Darüber hinaus zeigt sich ein Zusammenhang zwischen sDE und HKE: Personen mit Diskriminierungserfahrungen weisen höhere Prävalenzen von HKE auf als jene, die angaben, selten oder nie Diskriminierung zu erleben (PR= 1.22; 95%-KI: 1.06 – 1.40). Ein geringeres Zugehörigkeitsgefühl zur Gesellschaft in Deutschland (PR= 1.39; 95%-KI: 1.13 – 1.72) sowie das Vorliegen einer Adipositas (PR= 1.52; 95%-KI: 1.29 – 1.80) sind ebenfalls mit dem Vorliegen von HKE assoziiert. Zudem zeigen sich moderierende Effekte auf die Assoziation zwischen sDE und HKE sowohl durch das Zugehörigkeitsgefühl zur Gesellschaft in Deutschland als auch durch selbst eingeschätzte Deutschkenntnisse. Das bedeutet, dass von all denjenigen, die angaben, manchmal bis sehr oft im Alltag diskriminiert zu werden, diejenigen, die sich der deutschen Gesellschaft weniger zugehörig fühlten oder die ihre Deutschkenntnisse geringer einschätzten, insgesamt über die schlechteste Herz-Kreislauf-Gesundheit berichteten.
Diskussion: Unsere Ergebnisse bestätigen die Annahme, dass Diskriminierung eine relevante Determinante für die Prävalenz von Herz-Kreislauf-Erkrankungen darstellt. Ein geringeres Zugehörigkeitsgefühl zur Gesellschaft in Deutschland und geringere Deutschkenntnisse verstärken diesen negativen Zusammenhang. Die Ergebnisse verweisen auch auf die hohe Bedeutung der Berücksichtigung und Förderung psychosozialer Ressourcen, da Partizipation und Teilhabe gerade im Bereich der Prävention relevante Dimensionen darstellen. Das Erfordernis einer gesamtgesellschaftlichen Aufklärung und Sensibilisierung für die gesundheitlichen Auswirkungen von Diskriminierung wird damit unterstrichen.
Die Autoren geben an, dass kein Interessenkonflikt besteht.
Die Autoren geben an, dass kein Ethikvotum erforderlich ist.