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Prädiktoren der Risikowahrnehmung bezüglich elektromagnetischer Felder bei Haus- und Kinderärzt*innen in Deutschland
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Published: | September 6, 2024 |
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Einleitung: Obwohl die Exposition der Allgemeinbevölkerung gegenüber elektromagnetischen Felden (EMF) in der Regel weit unterhalb gültiger Grenzwerte liegt, ist die Besorgnis in der Öffentlichkeit über mögliche gesundheitliche Effekte durch EMF groß. Die erschwerte Verständlichkeit wissenschaftlicher Publikationen kann bei Laien zu Diskrepanzen zwischen wissenschaftlichen Aussagen und deren Interpretation führen – insbesondere, wenn Schlussfolgerungen nicht klar formuliert sind. Niedergelassene Haus- und Kinderärzt*innen sind für Bürger*innen meist die erste Anlaufstelle im Gesundheitswesen. Sie spielen somit bei der Vermittlung wissenschaftlicher Erkenntnisse eine zentrale Rolle zur Vermeidung von Unsicherheiten und falschen Rückschlüssen. Die individuelle Risikowahrnehmung der Ärzt*innen kann dabei Einfluss auf die Beratung und Therapie von Patient*innen haben.
Ziel dieser Studie ist es vor diesem Hintergrund, die Prädiktoren der Risikowahrnehmung bezüglich EMF bei niedergelassenen Haus- und Kinderärzt*innen in Deutschland zu untersuchen.
Methoden: Im Rahmen einer vom Bundesamt für Strahlenschutz in Auftrag gegebenen Mixed-Method-Studie wurde von Februar bis April 2023 eine quantitative Querschnittsbefragung im gesamten Bundesgebiet durchgeführt. Vorab wurde aus dem Bundesarztregister der Kassenärztlichen Bundesvereinigung eine zufällige Stichprobe von 3000 Haus- und 2000 Kinderärzt*innen gezogen. Von diesen nahmen 291 (5.8%) an einer quantitativen Online-Befragung teil. Die Risikowahrnehmung wurde über die Zustimmung zu der Aussage „Es gibt Personen, bei denen unter Einhaltung der gesetzlichen Grenzwerte Gesundheitsbeschwerden durch elektromagnetische Felder ausgelöst werden“ definiert. Als mögliche Prädiktoren wurden Umweltbesorgnis (Sorge um die persönliche Gesundheit aufgrund verschiedener Umwelteinflüsse), Verschwörungsglaube, Technologieakzeptanz, Digitale Gesundheitskompetenz sowie das Vertrauen in verschiedene Organisationen und Institutionen mittels validierter Skalen untersucht.
Ergebnisse: Ein knappes Drittel (31%) aller teilnehmenden Ärzt*innen (n=291) stimmte der Aussage zu, dass es Personen gibt, bei denen EMF unter Einhaltung der gesetzlichen Grenzwerte Gesundheitsbeschwerden auslösen können. Ärzt*innen mit einem ausgeprägten Maß an Verschwörungsglaube zeigten dabei eine höhere Risikowahrnehmung als Teilnehmende mit niedrigerem Verschwörungslauben (Odds Ratio (OR): 2,92, 95%-Konfidenzintervall (KI): 1,81-4,13; adjustiert u. a. für Zusatz-Weiterbildung Homöopathie). Im Gegensatz hierzu hatten Teilnehmende mit einem hohen Vertrauen in die WHO eine geringere EMF-Risikowahrnehmung (OR: 0,57, 95%-KI: 0,35-0,82) als Ärzt*innen mit geringerem Vertrauen in die WHO. Unterschiede bezüglich der EMF-Risikowahrnehmung zwischen Teilnehmenden mit hoher und niedriger Umweltbesorgnis gab es kaum (OR: 1,08, 95%-KI: 0,47-2,06).
Schlussfolgerungen: Ärzt*innen mit hoher EMF-Besorgnis betrachten elektromagnetischer Felder nicht einfach als einen von mehreren Umweltfaktoren mit möglichen Auswirkungen auf die Gesundheit. Stattdessen scheinen weitere Dimensionen eine Rolle für EMF-Besorgnis zu spielen, wie das Vertrauen in verschiedenen Organisationen und Institutionen und die individuelle Neigung zum Verschwörungsglauben.
Die Autoren geben an, dass kein Interessenkonflikt besteht.
Die Autoren geben an, dass ein positives Ethikvotum vorliegt.