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Gesundheit – gemeinsam. Kooperationstagung der Deutschen Gesellschaft für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie (GMDS), Deutschen Gesellschaft für Sozialmedizin und Prävention (DGSMP), Deutschen Gesellschaft für Epidemiologie (DGEpi), Deutschen Gesellschaft für Medizinische Soziologie (DGMS) und der Deutschen Gesellschaft für Public Health (DGPH)

08.09. - 13.09.2024, Dresden

Parameter des Beziehungsverhaltens in virtuellen und nicht-virtuellen sozialen Netzwerken: Ein Mixed-Methods-Ansatz mit qualitativer Netzwerkanalyse

Meeting Abstract

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  • Gwendolyn Mayer - Universitätsklinikum Heidelberg, Klinik für Allgemeine Innere Medizin und Psychosomatik (Innere II), Heidelberg, Germany
  • Maximilian Selic - Universitätsklinikum Heidelberg, Klinik für Allgemeine Innere Medizin und Psychosomatik (Innere II), Heidelberg, Germany
  • Jobst-Hendrik Schultz - Universitätsklinikum Heidelberg, Klinik für Allgemeine Innere Medizin und Psychosomatik (Innere II), Heidelberg, Germany

Gesundheit – gemeinsam. Kooperationstagung der Deutschen Gesellschaft für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie (GMDS), Deutschen Gesellschaft für Sozialmedizin und Prävention (DGSMP), Deutschen Gesellschaft für Epidemiologie (DGEpi), Deutschen Gesellschaft für Medizinische Soziologie (DGMS) und der Deutschen Gesellschaft für Public Health (DGPH). Dresden, 08.-13.09.2024. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2024. DocAbstr. 675

doi: 10.3205/24gmds782, urn:nbn:de:0183-24gmds7822

Published: September 6, 2024

© 2024 Mayer et al.
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Hintergrund: Soziale Netzwerkanalyse ist ein etabliertes sozialwissenschaftliches Verfahren, das Beziehungsnetzwerke innerhalb und zwischen sozialen Einheiten untersucht sowie Kommunikationswege visualisiert, etwa in Social Media-Analysen. Auch haben qualitative Verfahren Eingang in den Methodenkatalog gefunden. Bislang fehlt eine Herangehensweise das Beziehungsverhalten von Menschen mit psychischen Erkrankungen zu erheben und auszuwerten. Eine solche wäre hilfreich, um erkrankungsspezifische Verhaltensmuster in Beziehungen aufzuzeigen und in einen therapeutischen Prozess zu integrieren.

Ziel: Die vorliegende Studie wurde durchgeführt, um eine Methode zu entwickeln, Parameter des Beziehungsverhaltens von Menschen mit psychischen Erkrankungen zu erfassen, auszuwerten und zu visualisieren.

Methode: In Expert:inneninterviews mit 9 Ärzt:innen und Psychotherapeut:innen wurden Beziehungsbedürfnisse einzelner psychosomatischer Erkrankungsbilder herausgearbeitet. Im Anschluss wurde ein Erkrankungsbild exemplarisch herausgegriffen und semi-strukturierte qualitative Interviews mit 10 Patient:innen und einer gesunden Vergleichsgruppe mit 9 Proband:innen geführt. Darin wurden alle Teilnehmenden aufgefordert ihre Beziehungen zu Einzelpersonen, Gruppen und Institutionen der letzten sieben Tage sowie die dazugehörigen virtuellen und nicht-virtuellen Kommunikationswege zu beschreiben. Die Interviews wurden inhaltsanalytisch ausgewertet. Ausgewählte Beziehungsparameter wurden quantifiziert und visualisiert.

Ergebnisse: Psychotherapeutisch Behandelnde schilderten die Beziehungsbedürfnisse von Patient:innen mit Depressionen, Angst, Essstörungen und somatoformen Störungen. Problematische Beziehungen und entsprechendes Verhalten sind oftmals Ursache aber auch Folge der jeweiligen Erkrankung. Als Erkrankungsbild für die Folgebefragung wurde die Depressionserkrankung gewählt. Die Beziehungsnetzwerke der Interviewpartner:innen mit einer Depression wiesen Unterschiede zu denen der gesunden Kontrollgruppe auf, insbesondere hinsichtlich der Häufigkeit von Kontakten. Dieser war bei den online geführten Kontakten noch größer als bei physisch geführten Beziehungen. Auch im Umgang mit erlebten Konflikten konnten Unterschiede beobachtet werden. Als Parameter zur Visualisierung wurden neben der Häufigkeit, der Effekt, das Vertrauen zum jeweiligen Beziehungspartner sowie der erlebte Einfluss des Kontakts auf das Wohlbefinden gewählt. Die Beziehungsrichtung sowie der Kontakt zu Institutionen erwiesen sich als ungeeignete Parameter.

Diskussion: Parameter des Beziehungsverhaltens von Menschen mit einer psychischen Erkrankung lassen sich im qualitativen Interview umfassend erfragen und anschließend visualisieren. Die Quantifizierung dieser Parameter sollten mit dem/der Interviewpartner:in direkt erfolgen. Insbesondere bei Menschen mit einer Depressionserkrankung bestätigt die Auswertung dieser Parameter die Aussagen von therapeutischen Fachexpert:innen im Hinblick auf die besondere Bedürfnislage dieser Menschen. Virtuell geführte Beziehungen und das Verhalten von Patient:innen in sozialen Medien kommen in der Behandlung nach Einschätzung der Therapeut:innen häufig zu kurz. Weitere Erkrankungsbilder sollten in Zukunft hinsichtlich ihres Beziehungsverhaltens in konkreten Begegnungen sowie über elektronische Medien untersucht werden.

Dieses Projekt wurde mit Mitteln der Medizinischen Fakultät Heidelberg im Rahmen des Rahel Goitein-Straus-Förderprogramms für Nachwuchswissenschaftlerinnen gefördert.

Die Autoren geben an, dass kein Interessenkonflikt besteht.

Die Autoren geben an, dass ein positives Ethikvotum vorliegt.