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Ein Instrument zur Bewertung von Sex/Gender Bias in epidemiologischen Studien zur Gesundheit am Arbeitsplatz: Pilotierung anhand eines systematischen Reviews zur kardiometabolischen Gesundheit bei sedentärer Arbeit
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Published: | September 6, 2024 |
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Einleitung: Instrumente zur Bewertung des Verzerrungsrisikos (Risk of Bias) von Studien in systematischen Reviews richten sich auf die interne Validität und erfassen geschlechtsspezifische Verzerrungen (Sex/Gender Bias) i.d.R. nicht. Eine von Demetriou et al. [1] und weiteren Experten entwickelte Sex/Gender Bias-Checkliste wurde anhand einer ätiologischen arbeitsmedizinischen Forschungsfrage zu den Auswirkungen sedentären Verhaltens am Arbeitsplatz auf die kardiometabolische Gesundheit adaptiert und angewendet. Darüber hinaus wurde untersucht, ob die Berücksichtigung von Sex/Gender in den eingeschlossenen Primärstudien mit verschiedenen Studienmerkmalen assoziiert war.
Methode: Die Sex/Gender Bias-Checkliste umfasst 10 Items in vier Kategorien: 1. „Hintergrund und konzeptionelle Überlegungen“ (3 Items), 2. „Studiendesign“ (2 Items), 3. „Studien Untersuchungs- oder Interventionsverfahren und statistische Analyse“ (2 Items) und 4. „Darstellung und Interpretation der Ergebnisse“ (3 Items). Alle eingeschlossenen Primärstudien (n = 49) wurden von zwei unabhängigen Gutachtern beurteilt. Die Gesamtbewertung der eingeschlossenen Studien erfolgte in die Kategorien „detaillierte Informationen“, „grundlegende Informationen“ oder „keine Informationen“.
Mittels bivariater und multivariabler logistischer Regression wurde untersucht, ob die Berücksichtigung von Sex/Gender (grundlegende/detaillierte vs. keine Information) in der Gesamtbewertung mit folgenden Studienmerkmalen assoziiert war: Publikationsjahr (2012-2018; linear und in drei Kategorien), Studiendesign (Beobachtungsstudien vs. Interventionsstudien) und dem Grad des Verzerrungsrisikos (geringes vs. hohes Risk of Bias gemäß SIGN). Die bivariaten Modelle wurden verwendet, um die Assoziation mit jedem Studienmerkmal separat zu untersuchen, während das multivariable Modell alle drei Merkmale als unabhängige Variablen enthielt. Die Modellergebnisse wurden als Odds Ratios (OR) mit 95% Konfidenzintervallen (KI) angegeben.
Ergebnisse: Von den 49 bewerteten Studien erhielt keine die Gesamtbewertung „detaillierte Informationen“ für die Berücksichtigung von Sex/Gender. 69 % (n = 34) erhielten als Gesamtbewertung „grundlegende Informationen“ und 31 % (n = 15) „keine Informationen“.
Die bivariate Analyse ergab ebenso wie die multivariate Analyse keine Assoziation zwischen der Berücksichtigung des Geschlechts und dem Publikationsjahr (OR pro Jahr = 0,89; 95% KI: 0,65; 1,23). In den Jahren 2015-2016 (OR = 0,80; 95% KI: 0,17; 3,37) und 2017-2018 (OR = 0,56; 95% KI: 0,12; 2,54) wurde das Geschlecht im Vergleich zu den Referenzjahren (2012-2014) im bivariaten Modell – nicht im multivariaten Modell – tendenziell seltener berücksichtigt. Sex/Gender wurde in Beobachtungsstudien deutlich häufiger berücksichtigt als in Interventionsstudien (OR = 3,60; 95 % KI: 1,01; 12,81). Ein niedriges Verzerrungsrisiko war nicht mit einer Berücksichtigung von Sex/Gender assoziiert (OR = 0,60; 95% KI: 0,14; 2,50 in der bivariaten Analyse). In der multivariablen Analyse war die Odds Ratio (bei weitem KI) für die Berücksichtigung von Sex/Gender in den Beobachtungstudien etwa auf das Vierfache im Vergleich mit den Interventionsstudien erhöht (OR = 4,29; 95% KI: 1,06; 17,38).
Schlussfolgerung: Die Berücksichtigung von Sex/Gender war bei den Primärstudien lückenhaft und hat im Laufe der Zeit seit 2012 nicht zugenommen. Bis auf das Studiendesign konnten keine klaren Assoziationen zwischen der Berücksichtigung von Sex/Gender in den Primärstudien und einzelnen Studienmerkmalen festgestellt werden. Es besteht weiterer Forschungsbedarf, um die Anwendbarkeit der Checkliste auf andere Fragestellungen der berufsbezogenen Epidemiologie zu prüfen. Auch, sind weitere Anpassungen der Sex/Gender-Checkliste (z. B. die Anzahl der Items, Algorithmus zur Bestimmung der Gesamtverzerrung) für berufsepidemiologische Studien zu diskutieren.
Die Autoren geben an, dass kein Interessenkonflikt besteht.
Die Autoren geben an, dass kein Ethikvotum erforderlich ist.