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Gesundheit – gemeinsam. Kooperationstagung der Deutschen Gesellschaft für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie (GMDS), Deutschen Gesellschaft für Sozialmedizin und Prävention (DGSMP), Deutschen Gesellschaft für Epidemiologie (DGEpi), Deutschen Gesellschaft für Medizinische Soziologie (DGMS) und der Deutschen Gesellschaft für Public Health (DGPH)

08.09. - 13.09.2024, Dresden

Versorgungszufriedenheit von Menschen mit Varianten der Geschlechtsentwicklung in Deutschland

Meeting Abstract

  • Maike Schnoor - Institut für Sozialmedizin und Epidemiologie, Universität zu Lübeck, Lübeck, Germany
  • Heidenreich Andreas - Institut für Sozialmedizin und Epidemiologie, Universität zu Lübeck, Lübeck, Germany
  • Martina Jürgensen - Sektion für Pädiatrische Endokrinologie und Diabetologie, Universitätsklinikum Schleswig-Holstein, Campus Lübeck, Lübeck, Germany
  • Ulla Döhnert - Sektion für Pädiatrische Endokrinologie und Diabetologie, Universitätsklinikum Schleswig-Holstein, Campus Lübeck, Lübeck, Germany
  • Olaf Hiort - Sektion für Pädiatrische Endokrinologie und Diabetologie, Universitätsklinikum Schleswig-Holstein, Campus Lübeck, Lübeck, Germany
  • Alexander Katalinic - Institut für Sozialmedizin und Epidemiologie, Universität zu Lübeck, Lübeck, Germany

Gesundheit – gemeinsam. Kooperationstagung der Deutschen Gesellschaft für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie (GMDS), Deutschen Gesellschaft für Sozialmedizin und Prävention (DGSMP), Deutschen Gesellschaft für Epidemiologie (DGEpi), Deutschen Gesellschaft für Medizinische Soziologie (DGMS) und der Deutschen Gesellschaft für Public Health (DGPH). Dresden, 08.-13.09.2024. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2024. DocAbstr. 177

doi: 10.3205/24gmds666, urn:nbn:de:0183-24gmds6661

Published: September 6, 2024

© 2024 Schnoor et al.
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Text

Hintergrund: Menschen mit Varianten der Geschlechtsentwicklung (Differences of Sex Development (DSD)) bedürfen einer komplexen interdisziplinären medizinischen und psychosozialen Versorgung. Aufgrund der Seltenheit der Diagnosen fehlt es jedoch häufig an der notwendigen Expertise und leitliniengerechten Versorgung. Menschen mit DSD empfinden die Versorgung oftmals als unzureichend [1]. Im Rahmen des vom BMG geförderte Projekts DSDCare wurde die Versorgungszufriedenheit der Betroffenen erhoben, um die Qualität der Versorgung in dieser Hinsicht zu evaluieren.

Methode: In DSDCare wurde auf Basis des OSSE (Open-Source Registersystem für Seltene Erkrankungen [2]) ein Register etabliert, in dem zum einen medizinische Daten durch zehn teilnehmende Behandlungszentren deutschlandweit dokumentiert werden. Zum anderen erhalten Teilnehmende zu verschiedenen Zeitpunkten einen Fragebogen, um PROMs (patient related outcome measures) und PREMs (patient related experiences measures) zu erheben. Um die Zufriedenheit mit der Versorgung zu evaluieren, wurde sowohl eine adaptierte Form des CHC-SUN (Child Health Care - Satisfaction, Utilization and Needs) als auch der CSQ-4 (Client-satisfaction questionnaire©) angewendet. Befragt wurden Erwachsene mit DSD und Eltern von minderjährigen Betroffenen und diese selbst ab einem Alter von 13 Jahren direkt bei Einschluss in das Register sowie 6 und 12 Monate später. Für die vorliegende Auswertung wurde jeweils der erste ausgefüllte Fragebogen der Erwachsenen und der Eltern berücksichtigt. Die statistische Analyse erfolgte zunächst deskriptiv.

Ergebnisse: Seit dem Start des Registers im Mai 2021 bis Dezember 2023 wurden insgesamt 635 Personen mit DSD registriert. Von den 408 Eltern haben 55,1% (N=225) und von den 227 Erwachsenen 63,0% (N=143) mindestens einen Fragebogen ausgefüllt. Über 90% der Eltern und der Erwachsenen waren zufrieden mit der Behandlung im jeweiligen Zentrum und würden dieses wieder aufsuchen. Allerdings war nur etwa die Hälfte der Eltern und der Erwachsenen sehr oder äußerst zufrieden mit den Informationen, die sie erhalten haben (zu DSD, über Medikamente oder zu Selbstorganisationen). Auch die Organisation (telefonische Erreichbarkeit, Warteräume und Wartezeit) wird von weniger als der Hälfte der Teilnehmenden als sehr oder äußerst zufriedenstellend beurteilt. Die Zufriedenheit mit dem Fachwissen des Teams und die Beziehung zum behandelnden Team (Respekt, Zuhören, Aufmerksamkeit) war dagegen mit über 80% der teilnehmenden Eltern und über 70% der Erwachsenen sehr hoch. 11,7% der Eltern und 16,8% der Erwachsenen vermissten jedoch eine psychologische Beratung, 16,8% bzw. 13,2% hätten gerne DSD-Schulungen gehabt und 16,1% bzw. 14,0% einen Kontakt zu Selbstorganisationen. 18,2% der Erwachsenen hätten sich auch eine Ernährungsberatung gewünscht.

Zusammenfassung/Ausblick: Die Zufriedenheit mit der Versorgung ist bei einem Großteil der Erwachsenen mit DSD und der Eltern von Kindern mit DSD in den teilnehmenden Zentren insbesondere bzgl. Fachwissen, aber auch bei psychologischen Aspekten wie Respekt, Zuhören, Aufmerksamkeit des Teams sehr hoch. Die Ergebnisse zeigen aber auch, dass noch nicht alle Betroffenen psychologische Beratung erhalten, wie es in der S2k-Leitlinie [3] empfohlen wird, und der Kontakt zu Selbstorganisationen höheren Stellenwert in der Versorgung bekommen sollte.

Die Autoren geben an, dass kein Interessenkonflikt besteht.

Die Autoren geben an, dass ein positives Ethikvotum vorliegt.


Literatur

1.
Thyen U, Ittermann T, Flessa S, Muehlan H, Birnbaum W, Rapp M, et al. Quality of health care in adolescents and adults with disorders/diffferences of sex development (DSD) in six European countries (dsd-LIFE). BMC Health Serv Res.2018;18(1):527. DOI: 10.1186/s12913-018-3342-0 External link
2.
Storf H, Schaaf J, Kadioglu D, Göbel J, Wagner TOF, Ückert F. Register für seltene Erkrankungen : OSSE – ein Open-Source-Framework für die technische Umsetzung [Registries for rare diseases: OSSE - An open-source framework for technical implementation]. Bundesgesundheitsblatt Gesundheitsforschung Gesundheitsschutz. 2017;60:523-31.
3.
Deutsche Gesellschaft für Urologie (DGU); Deutsche Gesellschaft für Kinderchirurgie (DGKCH); Deutsche Gesellschaft für Kinderendokrinologie und -diabetologie (DGKED). S2k-Leitlinie Varianten der Geschlechtsentwicklung. AWMF-Register-Nummer 174/001. 2016 [cited 2024 April 15]. Available from: https://www.aem-online.de/fileadmin/user_upload/Publikationen/S2k_Geschlechtsentwicklung-Varianten_2016-08_01_1_.pdf External link