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Eine intersektionale Mehrebenenanalyse der Pflege- und Lebenskontexte von türkeistämmigen pflegenden Angehörigen von Menschen mit Demenz
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Published: | September 6, 2024 |
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Einleitung: Die Pflege eines mit Demenz lebenden Familienmitglieds kann für Pflegepersonen sowohl körperlich als auch psychisch belastend sein [1]. Die Belastungssituation kann durch unterschiedliche Faktoren wie Alter, Geschlecht, Generationenverhältnis, kultureller Hintergrund und sozioökonomische Verhältnisse beeinflusst werden [2]. Um soziale Ungleichheiten in der häuslichen Pflege zu adressieren und die Gesundheit der Pflegepersonen aufrecht zu erhalten, wird im Rahmen des Projekts Diversity-On untersucht, wie pflegende Angehörige ihre Pflege- und Lebenskontexte wahrnehmen.
Methoden: Untersucht wurden 31 qualitative Interviews als Sekundärdaten aus drei vorausgegangenen Studien zu pflegenden Angehörigen demenzerkrankter türkeistämmiger Menschen. Die Interviews wurden mittels der qualitativen intersektionalen Mehrebenenanalyse nach Winker und Degele [3] analysiert. Hierbei wurden acht Schritte angewendet, die auf die Analyse der Ebenen der sozialen Ungleichheit von Identität, symbolische Repräsentation und soziale Struktur aus intersektionaler Perspektive abzielen.
Ergebnisse: Die intersektionale Mehrebenenanalyse der Interviews zeigt diverse soziale Praxen der pflegenden Angehörigen von Familienangehörigen mit Demenz, die auf soziale Ungleichheiten in der Gesellschaft hinweisen. Die Verweise auf den Identitäts-, Repräsentations- und Sozialstrukturebenen lassen sowohl restriktive als auch erweiterte Handlungsfähigkeit bei den Befragten erkennen: Subjektive Ohnmacht, Anpassung, Autonomie-Abhängigkeits-Konflikte, Widersetzung, Befreiungsversuche, Scheitern und kollektives Handeln sind Attribute, wie pflegende Angehörige sich aktiv innerhalb gesellschaftlicher Rahmenbedingungen positionieren und ihre Pflege- und Lebenskontexte wahrnehmen.
Schlussfolgerung: Die Analyse verdeutlicht nicht nur Belastungen, die pflegende Angehörige aus ihrer subjektiven Perspektive wahrnehmen, sondern auch, welchen strukturellen und gesellschaftlichen Herausforderungen sie begegnen. Anders als in bisherigen Untersuchungen von pflegenden Angehörigen, die unterschiedliche Diversitätsmerkmale häufig nur eingeschränkt in den Blick nehmen, wird in der vorliegenden Studie eine intersektionale Perspektive auf die diversen Situationen pflegender Angehöriger eingenommen. Die Ergebnisse der Untersuchung werden genutzt, um ein Selbsthilfeangebot für pflegende Angehörige zu schaffen, das auf unterschiedliche Lebenskontexte und Diversitätsmerkmale ausgerichtet ist und einen Beitrag zur Erweiterung der Handlungsfähigkeit von pflegenden Angehörigen leistet.
Die Autoren geben an, dass kein Interessenkonflikt besteht.
Die Autoren geben an, dass ein positives Ethikvotum vorliegt.
Literatur
- 1.
- Okken P, Spallek J, Razum O. Pflege türkischer Migranten. In: Bauer U, Büscher A, Hrsg. Soziale Ungleichheit und Pflege. Wiesbaden: VS; 2008. S. 369-422.
- 2.
- Kurz A, Wilz G. Die Belastung pflegender Angehöriger bei Demenz. Der Nervenarzt. 2011;82(3):336-42.
- 3.
- Winker G, Degele N. Intersectionality as multi-level analysis. Eur J Womens Stud. 2011;18:51-66.