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Soziale Ungleichheiten in der frühkindlichen Sprachentwicklung während der COVID-19-Pandemie im Bundesland Brandenburg
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Published: | September 6, 2024 |
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Einleitung: Die Entwicklung von Kindern unter sechs Jahren hängt nicht nur von ihren individuellen Eigenschaften ab, sondern auch von den sozialen Umständen, in denen sie leben [1]. Es besteht ein Forschungsbedarf zu möglichen Veränderungen der frühkindlichen Sprachentwicklung aufgrund sozialer Ungleichheiten während der COVID-19 Pandemie. Diese Studie [2] beschreibt die Prävalenz der Verzögerung in der Sprachentwicklung von Kindern bei der Einschulung und deren Zusammenhänge mit a) der sozioökonomischen Position der Familie (SEP), b) der Muttersprache und c) der Jahre des Kindergartenbesuchs vor und während der Pandemie.
Methoden: Verwendet wurden Daten der Schuleingangsuntersuchung im Land Brandenburg aus drei aufeinanderfolgenden Kohorten 5–7-jähriger Kinder (2018|19: n=19.299; 2019|20: n=19.916; 2020|21: n=19.698). Der öffentliche Gesundheitsdienst erfasst routinemäßig die Sprachentwicklung mit validierten Instrumenten des ‘Sozialpädiatrischen Entwicklungsscreenings für Schuleingangsuntersuchungen‘ [3]. Deskriptive bivariate und multivariate Querschnittsanalysen [OR, 95%CI] untersuchten die Sprachentwicklungsverzögerung [SE ja|nein] mit SEP [niedrig|mittel|hoch], deutscher Muttersprache [ja|nein] und den Jahren des Kindergartenbesuchs [<4|≥4]. Die Analysen wurden stratifiziert nach SEP wiederholt.
Ergebnisse: Die SE Prävalenz sank über die Jahre insgesamt (21,1%2018|19; 19.2%2019|20; 18,8%2020|21) sowie bei Kindern mit hoher SEP (14,3%2018|19; 13,0%2020|21) und mit deutscher Muttersprache (20,2%2018|19; 17,8%2020|21). Bei Kindern mit niedrigem SEP stieg die SE Prävalenz über die Jahre (42,4%2018|19; 43,4%2020|21) und bei Kindern mit nicht-deutscher Muttersprache blieb sie konstant (36,0%2018|19, 35,5%2020|21). Die Chancen für eine SE unterscheiden sich dementsprechend nach SEP (2018|19: ORniedrig|hoch=4,41;3,93-4,94; 2020|21: ORniedrig|hoch=5,12;4,54-5,77) und Muttersprache (2018|19: ORnicht-deutsch|deutsch=2,22;1,86-2,66; 2020|21: ORnicht-deutsch|deutsch=2,54;2,19-2,95). Die Jahre des Kindergartenbesuchs trugen nicht zu Unterschieden in der SE Prävalenz bei.
Schlussfolgerung: Soziale Ungleichheiten bei der SE Prävalenz aufgrund der SEP und der Muttersprache nahmen während der Pandemie leicht zu. Für Familien mit sozioökonomischen Nachteilen sind Risiko- und Schutzfaktoren für SE der Kinder während der Pandemie unklar. Weitere Forschung sollte in Längsschnittbeobachtungen die Auswirkungen der COVID-19 Pandemie auf die frühe Kindheit vertiefend betrachten.
Die Autoren geben an, dass kein Interessenkonflikt besteht.
Die Autoren geben an, dass kein Ethikvotum erforderlich ist.
Literatur
- 1.
- Hoff E, Ribot KM. Language Development: Influence of Socio-Economic Status. In: Wright JD, editor. International encyclopedia of the social & behavioral sciences. Second edition. Amsterdam, Boston, Heidelberg, London, New York, Oxford, Paris, San Diego, San Francisco, Singapore, Sydney, Tokyo: Elsevier; 2015. p. 324–8.
- 2.
- Hoffmann S, Tschorn M, Spallek J. Social inequalities in early childhood language development during the COVID-19 pandemic: a descriptive study with data from three consecutive school entry surveys in Germany. Int J Equity Health. 2024;23(1):2. DOI: 10.1186/s12939-023-02079-y
- 3.
- Daseking M, Oldenhage M, Petermann F, Waldmann HC. Die Validität der Sprachskala des SOPESS unter Berücksichtigung der Erstsprache [Social Pediatric Screening of Developmental Status for School Entry (SOPESS): Validity in the Domain of Speech and Language]. Gesundheitswesen 2009;71(10):663–8.