Article
Die ICF-Kontextfaktoren in der sozialmedizinischen Begutachtung – Ergebnisse aus dem Projekt KomBi-EMR
Search Medline for
Authors
Published: | September 6, 2024 |
---|
Outline
Text
Hintergrund: Die gemeinsame Sprache der International Classification of Functioning, Disability and Health (ICF) wird auch für die sozialmedizinische Begutachtung auf Erwerbsminderungsrente (EMR) empfohlen [1]. Das Erfassen ICF-Umweltfaktoren sowie der von Grotkamp et al. [2] personbezogenen Kontextfaktoren können so im Rahmen der sozialmedizinischen Begutachtung Einfluss auf die Entscheidungen zur Maßnahmenplanung im EMR-Verfahren haben.
Ziel: In dieser Studie wird die Berücksichtigung von ICF-Kontextfaktoren in der sozialmedizinischen Begutachtung auf EMR, deren Relevanz für Expertinnen und Experten sowie mögliche Barrieren und Lösungsansätze erfasst.
Methoden: Die Mixed-Methods-Studie besteht aus einer EMR-Gutachtenanalyse, einer Online-Delphi-Befragung sowie einer abschließenden Fokusgruppendiskussion. Im ersten Studienteil wurde eine Häufigkeitsanalyse der ICF-Kontextfaktoren in sozialmedizinischen Gutachten der Deutschen Rentenversicherung durchgeführt [3]. Parallel konnten Expertinnen und Experten des Gesundheitswesens die Relevanz der einzelnen ICF-Kontextfaktoren für die sozialmedizinische Begutachtung auf EMR in einer Online-Delphi-Befragung konsensuieren [4]. Abschließend wurde in einer Fokusgruppendiskussion mit Expertinnen und Experten des Gesundheitswesens über Barrieren und Lösungsansätze für das umfangreichere Erfassen von ICF-Kontextfaktoren in der sozialmedizinischen Begutachtung diskutiert. Das Transkript wurde anhand der Inhaltsanalyse nach Kuckartz ausgewertet [5].
Ergebnisse: Es wurden 215 Gutachten analysiert und die darin enthaltenen ICF-Kontextfaktoren identifiziert. Zum Teil wurden die identifizierten Faktoren in der Online-Delphi-Befragung als relevant bewertet. In der Fokusgruppe stellten sich zeitliche und personelle Ressourcen, sowie unzureichendes Bewusstsein bzw. Kenntnis über die Bedeutung der ICF-Kontextfaktoren als Barrieren und Lösungsansätze dar.
Diskussion: Eine umfangreichere Berücksichtigung der ICF Kontextfaktoren in der sozialmedizinischen Begutachtung kann zu einer gezielteren Maßnahmenplanung in der sozialmedizinischen Begutachtung auf EMR beitragen. Die identifizierten Barrieren stehen in Relation zueinander. Durch das Implementieren von Kenntnissen über Kontextfaktoren und deren Bedeutung, den Nutzen von Screeningtools und durch die Anpassung personeller und zeitlicher Ressourcen kann die Berücksichtigung von ICF-Kontextfaktoren in der sozialmedizinischen Begutachtung gesteigert werden.
Die Autoren geben an, dass kein Interessenkonflikt besteht.
Die Autoren geben an, dass ein positives Ethikvotum vorliegt.
Literatur
- 1.
- DRV Bund. Das ärztliche Gutachten für die gesetzliche Rentenversicherung. Hinweise zur Begutachtung. Berlin: Deutsche Rentenversicherung Bund; 2018.
- 2.
- Grotkamp S, Cibis W, Brüggemann S, et al. Personbezogene Faktoren im bio-psycho-sozialen Modell der WHO: Systematik der Deutschen Gesellschaft für Sozialmedizin und Prävention (DGSMP). Gesundheitswesen. 2020;82(1):107-16. DOI: 10.1055/a-1011-3161
- 3.
- Gartmann J, Egen C, Sturm C, Bökel A. Personbezogene und Umweltfaktoren in sozialmedizinischen orthopädischen Gutachten. Gesundheitswesen. 2024;86:523–530. DOI: 10.1055/a-2308-7319
- 4.
- Bökel A, Gartmann J, Sturm C, Egen C. Welche Kontextfaktoren der ICF haben für die sozialmedizinische Begutachtung im Rahmen der Erwerbsminderungsrente eine Relevanz. Ergebnisse eine Delphi-Befragung. Physikalische Medizin, Rehabilitationsmedizin, Kurortmedizin. 2023. DOI: 10.1055/a-2165-8541
- 5.
- Kuckartz U. Qualitative Inhaltsanalyse. Methoden, Praxis, Computerunterstützung. Weinheim: Beltz; 2016.