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Der Einfluss der Elternschaft auf das Ernährungsverhalten in Australien und Großbritannien – eine Längsschnittanalyse
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Published: | September 6, 2024 |
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Hintergrund: Der Übergang zur Elternschaft ist mit tiefgreifenden Veränderungen des Alltagslebens verbunden und kann damit auch Auswirkungen auf gesundheitsrelevantes Verhalten haben. Ernährung ist dabei ein Verhalten mit bedeutsamen Auswirkungen auf Gesundheit und Wohlbefinden. Von der WHO wird ein täglicher Konsum von mindestens fünf Portionen Obst und Gemüse als Bestandteil einer gesunden Ernährung empfohlen. Theoretisch wird davon ausgegangen, dass Elternschaft aufgrund des damit verbundenen Verantwortungsgefühls und der Vorbildfunktion gesunde Ernährung befördern kann. Andererseits kann sich die Elternschaft auch negativ auf die Ernährung auswirken, da sie mit psychischen, physischen und zeitlichen Belastungen verbunden ist. Qualitative Studien zeigen, dass Eltern sich der gesundheitlichen Bedeutung von Obst und Gemüse zwar bewusst sind, die Umsetzung im Alltag aber oft mit Problemen verbunden ist. Quantitative Längsschnittuntersuchungen, die unbeobachtete Heterogenität in der statistischen Analyse berücksichtigen, fehlen bisher für diese Fragestellung.
Methode: Ziel dieser Studie, die im Rahmen des DFG-Projekts PARENTHEALTH durchgeführt wird, ist es, den Einfluss der Geburt des ersten Kindes auf das Ernährungsverhalten von Männern und Frauen zu untersuchen. Hierzu werden bevölkerungsrepräsentative Haushaltsbefragungsdaten aus Australien (HILDA) und Großbritannien (UKHLS) von 2007 bis 2019 vergleichend analysiert. Das Ernährungsverhalten wird durch den Obst- und Gemüsekonsum (AU und GB) innerhalb einer Woche operationalisiert und über die Kategorien (1) nicht täglicher Obst- oder Gemüsekonsum, (2) täglicher Obst- oder Gemüsekonsum und (3) täglicher Obst- und Gemüsekonsum harmonisiert gemessen. Die Panelstruktur ermöglicht es erstmals, den Effekt der Elternschaft auf das Ernährungsverhalten im zeitlichen Verlauf von mindestens drei Jahren vor der Geburt bis mindestens fünf Jahre nach der Geburt vergleichend darzustellen. Zur Berechnung des Effektschätzers wird ein Difference-in-Differences-Design (General-Fixed-Effects) herangezogen, das unter der Annahme einer parallelen Verhaltensentwicklung von Kinderlosen und Eltern ohne Elternschaft für den Einfluss zeitkonstanter unbeobachteter Heterogenität bereinigt.
Ergebnisse: Die deskriptive Analyse zeigt, dass Frauen, die ein Kind bekommen bzw. bekommen haben, in AU (30%) und GB (34%) im Vergleich zu Männern (17% / 22%), die ein Kind bekommen bzw. bekommen haben, signifikant höhere Anteile für den täglichen Obst- und Gemüsekonsum aufweisen. Die vorgeburtlichen Anteilswerte für die Kategorien, die auf eine mäßige (2) bis gute Ernährung (3) hindeuten, steigen bei den australischen Männern (2: 8PP; 3: 4PP) und Frauen (2: 0PP; 3: 10PP) nachgeburtlich an. Die Anteilswerte für britische Frauen und Männer bleiben im gesamten Zeitverlauf auf konstantem Niveau. Die inferenzstatistischen Längsschnittmodelle zeigen für australische Männer und Frauen eine statistisch signifikante Verschiebung hin zu besseren Ernährungskategorien und bestätigen damit die deskriptiven Ergebnisse.
Schlussfolgerung: Gemessen an den WHO-Empfehlungen gibt es in beiden Ländern hohen Bedarf den Obst- und Gemüsekonsum zu verbessern, insbesondere bei Männern. Der Übergang in die Elternschaft hat insgesamt nur einen geringen Einfluss auf den Obst- und Gemüsekonsum, obwohl das Wissen über die Bedeutung von Obst und Gemüse für eine gesunde Ernährung weit verbreitet ist und Eltern dieser in qualitativen Studien eine große Bedeutung zuschreiben. Dass in Australien der Obst- und Gemüsekonsum leicht steigt, in Großbritannien aber nicht, eröffnet die Frage, welche Bedingungen der Elternschaft eine Verbesserung des Ernährungsverhaltens ermöglichen bzw. verhindern. Darüber hinaus sollten allgemeine Barrieren für gesunde Ernährung von Eltern adressiert werden.
Die Autoren geben an, dass kein Interessenkonflikt besteht.
Die Autoren geben an, dass kein Ethikvotum erforderlich ist.