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Potentielle Bedarfe von Palliativversorgung in Bayern – eine kleinräumige regional-statistische Analyse amtlicher Statistik
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Published: | September 6, 2024 |
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Einleitung: Der demografische Wandel und die wachsende Zahl von Menschen mit chronischen Erkrankungen erhöhen den Bedarf an Palliativversorgung. Derzeit gibt es keine kleinräumigen Daten über den prozentualen Anteil der Personen in Bayern, die einen potentiellen Bedarf an Palliativversorgung haben. Das Verständnis für den Bedarf an Palliativversorgung ist jedoch für die Planung palliativer Angebote wesentlich. Ziel der Studie ist daher, den Anteil der Bevölkerung, der potentiell palliativmedizinisch versorgt werden muss, auf kleinräumiger Ebene für Bayern zu berechnen und Variationen darzustellen.
Methoden: Es handelt sich um eine retrospektive Querschnittstudie mit regionaler Analyse auf Basis der Todesursachenstatistik des statistischen Landesamtes Bayern. Datengrundlage bildeten die Todesursachen (in ICD-10) aller Verstorbener in Bayern im Jahr 2019. Der potentielle Bedarf an Palliativversorgung wurde aufgrund von Diagnosegruppen identifiziert und eine deskriptive Analyse des prozentualen Bedarfs auf Kreisebene durchgeführt. Die Definition des potentiellen Bedarfs erfolgte literaturbasiert, orientiert an Rosenwax et al. [1]. Eingeschlossen wurden alle Todesursachen nach ICD-10 Gruppen, die onkologische und chronische Erkrankungen beschreiben, unterteilt nach 9 Gruppen (ICD-10, A00-N99). Ausgeschlossen wurden Todesursachen, die in der Regel nicht mit einem Palliativbedarf assoziiert werden, wie Vergiftungen, Verletzungen, Unfälle, unbestimmten Ursachen oder Todesursachen während der Schwangerschaft, Geburt oder im Wochenbett (ICD-10 O00-O99, P00-P96, S00-T98, V01-Y98, ergänzt um R00-R99, U00-U99).
Ergebnisse: In den 96 bayerischen Landkreisen und kreisfreien Städten sind im Jahr 2019, 122.142/134.313 Menschen mit einem potentiellen palliativen Bedarf verstorben (90,1%; 95% CI = 90,1% - 91,3%). Die meisten Menschen verstarben aufgrund von Erkrankungen des Herz-Kreislaufsystems (36,7%; 95% CI = 36,1% - 37,3%) und onkologischen Erkrankungen (24,1%; 95% CI = 23,8% - 24,4%). Der Anteil an Verstorbenen mit einem potentiellen palliativen Versorgungsbedarf variierte zwischen Kreisen von 87% zu 94%. Der potentielle Bedarf bei Frauen war mit 92,1% (95% CI = 91,8% - 92,5%) über alle Kreise signifikant höher als bei Männern (89,5%; 95% CI = 89,1% - 89,9%) (t(190)=-10,08, p< ,001).
Schlussfolgerung: In dieser Analyse wurden neben Menschen mit onkologischen Erkrankungen, die häufig eine palliative Versorgung erhalten, auch Menschen mit nicht-onkologischen Erkrankungen in die Schätzung der potentiellen Palliativversorgungspopulation einbezogen. Trotz Varianzhomogenität zeigen sich Unterschiede in der Verteilung der Bedarfe in den Kreisen, sowie nach Geschlecht. Frauen sterben häufiger an Todesursachen, aus denen ein potentieller Palliativbedarf abgeleitet werden kann. Die Ergebnisse ermöglichen einen ersten regionalen Blick auf potentielle palliative Versorgungsbedarfe in Bayern, die eine räumliche Planung von palliativen Angeboten unterstützen können. Eine auf die hier dargestellte Analyse aufbauende Studie mit einer detaillierteren Differenzierung der Todesursachen und ganz Deutschland ist bereits in Planung. Es sollen realitätsnahe kleinräumige Schätzungen des palliativen Bedarfs berechnet werden.
Die Autoren geben an, dass kein Interessenkonflikt besteht.
Die Autoren geben an, dass kein Ethikvotum erforderlich ist.