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Gesundheit – gemeinsam. Kooperationstagung der Deutschen Gesellschaft für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie (GMDS), Deutschen Gesellschaft für Sozialmedizin und Prävention (DGSMP), Deutschen Gesellschaft für Epidemiologie (DGEpi), Deutschen Gesellschaft für Medizinische Soziologie (DGMS) und der Deutschen Gesellschaft für Public Health (DGPH)

08.09. - 13.09.2024, Dresden

Itemselektion zur alkoholbezogenen Entscheidungsbalance mittels Machine Learning

Meeting Abstract

  • Anne Möhring - Universitätsmedizin Greifswald, Greifswald, Germany
  • Andreas Staudt - Technische Universität Dresden, Dresden, Germany
  • Henriette Markwart - Universitätsmedizin Greifswald, Greifswald, Germany
  • Maria Zeiser - Institut und Poliklinik für Arbeits- und Sozialmedizin, Medizinische Fakultät Carl Gustav Carus, Technische Universität Dresden, Dresden, Germany
  • Sophie Baumann - Universitätsmedizin Greifswald, Greifswald, Germany

Gesundheit – gemeinsam. Kooperationstagung der Deutschen Gesellschaft für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie (GMDS), Deutschen Gesellschaft für Sozialmedizin und Prävention (DGSMP), Deutschen Gesellschaft für Epidemiologie (DGEpi), Deutschen Gesellschaft für Medizinische Soziologie (DGMS) und der Deutschen Gesellschaft für Public Health (DGPH). Dresden, 08.-13.09.2024. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2024. DocAbstr. 427

doi: 10.3205/24gmds378, urn:nbn:de:0183-24gmds3783

Published: September 6, 2024

© 2024 Möhring et al.
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Einleitung: Die Reduktion von Alkoholkonsum in der Bevölkerung ist eine zentrale Herausforderung der Präventionsforschung. Moderater und hoher Alkoholkonsum ist seit langem bekannt als wesentlicher Risikofaktor für erhöhte Morbidität und Mortalität. Allerdings ist ebenfalls belegt, dass auch bei geringen Trinkmengen Erkrankungsrisiken steigen, besonders deutlich beispielsweise Krebserkrankungen. Daher ist es wichtig, dass Alkoholprävention alle Personen einbezieht, die Alkohol trinken.

Dies sollte möglichst auch in Interventionen zur Reduktion von Alkoholkonsum und Aufrechterhaltung von Abstinenz berücksichtigt werden. Zielgruppenspezifisch individualisierte Kurzinterventionen haben sich hier als hilfreich erwiesen. Um sicherzugehen, dass alle relevanten Konstrukte erfasst werden, wird hierbei häufig mit Kurzskalen gearbeitet. Dabei muss sichergestellt werden, dass die Skalen weiterhin zuverlässig wie intendiert funktionieren. In diesem Beitrag wird die Itemauswahl mittels eines metaheuristischen machine learning Verfahrens, dem sogenannten Ant Colony Optimization Algorithmus, anhand der Alkoholbezogenen Entscheidungsbalanceskala vorgestellt, welche die wahrgenommenen Vor- und Nachteile des Alkoholkonsums erfasst.

Methoden: Die Stichprobe wurde online über das SoSci Panel erhoben und bestand aus von n = 1157 Teilnehmenden im Alter von 18-70 (M=47,2, SD = 14,1). Insgesamt 658 (56,9%) der Teilnehmenden waren weiblich und 12 (1,0%) divers. Die Teilnehmenden beantworteten insgesamt 20 Fragen zur Alkoholbezogenen Entscheidungsbalance. Es wurden sowohl etablierte Items der Skala verwendet als auch neu entwickelte Fragen, die möglichst Vor- und Nachteile von Personen mit geringem Alkoholkonsum abbilden sollten. Die Items wurden mit einer Likert-Skala von 1 („überhaupt nicht wichtig“) bis 5 („sehr wichtig“) beantwortet. In einem ersten Ansatz sollten Items anhand von empirischen Kriterien selektiert werden. Unter simultaner Berücksichtigung von Confirmatory Fit Index (CFI), Root Mean Square Error of Approximation (RMSEA), McDonalds Omega und Faktorladungen wurden mittels Ant Colony Optimization Algorithmus sechs Items für die Kurzskala ausgewählt. Von den Items der Entscheidungsbalanceskala ließen sich elf den Vorteilen und neun den Nachteilen des Alkoholkonsums zuordnen. Für die Kurzskala sollte der Algorithmus jeweils drei Items pro Subskala auswählen.

Ergebnisse: Die sechs ausgewählten Items zeigten hervorragende Fitwerte (CFI = 1.0; RMSEA < .001), McDonalds Omega (ωpros = .92; ωcons = .79) und Faktorladungen (.55 - .93). Die Items wurden in mehreren Durchläufen wiederholt als die beste Itemkombination ausgewählt, was für die Zuverlässigkeit der Ergebnisse spricht. Items zu sozialen Situationen wurden für die Vorteile des Alkoholkonsums ausgewählt, während körperliche und leistungsbezogene Probleme bei den Nachteilen als beste Items selektiert wurden.

Schlussfolgerung: Alkoholkonsum ist einer der wichtigsten Risikofaktoren für Erkrankungen wie Krebs, auch schon in geringen Mengen. Das sollte auch in Interventionen entsprechend berücksichtigt werden. Für eine zielgruppengerechte Itemselektion können Algorithmen aus dem machine learning Bereich hilfreich sein. Bezüglich der alkoholbezogenen Entscheidungsbalance scheinen vor allem soziale Aspekte des Alkoholkonsums als Vorteile wichtig zu sein, während gesundheitliche und leistungsbezogene Folgen des Trinkens bei den Nachteilen im Vordergrund stehen. Dies kann Ansätze für gezielte Interventionen zur Motivationsänderung bzw. Aufrechterhaltung von Abstinenz bieten. Weitere Ansätze zum Einsatz des Algorithmus, vor allem mit Blick auf einen größeren Fokus von theoriebezogenen Aspekten für die Itemselektion, werden diskutiert.

Die Autoren geben an, dass kein Interessenkonflikt besteht.

Die Autoren geben an, dass ein positives Ethikvotum vorliegt.