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Gesundheit – gemeinsam. Kooperationstagung der Deutschen Gesellschaft für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie (GMDS), Deutschen Gesellschaft für Sozialmedizin und Prävention (DGSMP), Deutschen Gesellschaft für Epidemiologie (DGEpi), Deutschen Gesellschaft für Medizinische Soziologie (DGMS) und der Deutschen Gesellschaft für Public Health (DGPH)

08.09. - 13.09.2024, Dresden

Depressive Symptomatik und subjektive Gesundheit im Zusammenhang mit langfristigen Veränderungen seit der deutschen Wiedervereinigung: Die mediierende Rolle von Resilienz, Optimismus und sozialer Unterstützung

Meeting Abstract

  • Stefanie Hahm - Lehrstuhl Gesundheit und Prävention, Institut für Psychologie, Universität Greifswald, Greifswald, Germany
  • Johanna Bick - Lehrstuhl Gesundheit und Prävention, Institut für Psychologie, Universität Greifswald, Greifswald, Germany
  • Annika Büll - Lehrstuhl Gesundheit und Prävention, Institut für Psychologie, Universität Greifswald, Greifswald, Germany
  • Laura Altweck - Lehrstuhl Gesundheit und Prävention, Institut für Psychologie, Universität Greifswald, Greifswald, Germany
  • Silke Schmidt - Lehrstuhl Gesundheit und Prävention, Institut für Psychologie, Universität Greifswald, Greifswald, Germany
  • Holger Muehlan - Lehrstuhl Gesundheit und Prävention, Institut für Psychologie, Universität Greifswald, Greifswald, Germany; Medizinische Fakultät, Health & Medical University Erfurt, Erfurt, Germany

Gesundheit – gemeinsam. Kooperationstagung der Deutschen Gesellschaft für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie (GMDS), Deutschen Gesellschaft für Sozialmedizin und Prävention (DGSMP), Deutschen Gesellschaft für Epidemiologie (DGEpi), Deutschen Gesellschaft für Medizinische Soziologie (DGMS) und der Deutschen Gesellschaft für Public Health (DGPH). Dresden, 08.-13.09.2024. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2024. DocAbstr. 686

doi: 10.3205/24gmds318, urn:nbn:de:0183-24gmds3186

Published: September 6, 2024

© 2024 Hahm et al.
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Text

Hintergrund: Die deutsche Wiedervereinigung brachte nicht nur gesellschaftliche, politische und wirtschaftliche Veränderungen mit sich, sondern stellte insbesondere die ostdeutsche Bevölkerung vor eine Reihe individueller einschneidender Herausforderungen, wie berufliche Umbrüche, finanzielle Unsicherheiten und Veränderungen sozialer Netzwerke (z. B. der Wegzug nahestehender Personen nach Westdeutschland). Psychosoziale Ressourcen spielen eine entscheidende Rolle bei der Bewältigung dieser Stressoren. Ziel dieser Studie ist die Untersuchung des Zusammenhangs von Veränderungen der beruflichen, finanziellen und persönlichen Situation seit der Wiedervereinigung mit aktueller depressiver Symptomatik und subjektiver Gesundheit. Hierbei sollen Resilienz, Optimismus und soziale Unterstützung als Mediatoren sowie Geschlechterunterschiede im Hinblick auf diese Zusammenhänge betrachtet werden.

Methode: Für die Analysen wurden Daten von 1.277 Teilnehmenden der im Rahmen des Projektes DDR-PSYCH durchgeführten Repräsentativbefragung „Neue Bundesländer“ (REP-NL; Juni–September 2022, Interview und Fragebögen) genutzt, die sowohl zum Befragungszeitpunkt als auch vor der Wiedervereinigung 1989 in Ostdeutschland lebten und 1990 zwischen 16 und 62 Jahren alt waren. Es wurden sechs Mehrgruppen-Strukturgleichungsmodelle nach Geschlecht gerechnet, jeweils mit einer der drei psychosozialen Ressourcen, d. h. Resilienz (RS-5), Optimismus (LOT-R) und soziale Unterstützung (3 Items des F-SozU K-14) als Mediator sowie depressiver Symptomatik (PHQ-9) oder subjektiver Gesundheit (SF-1) als Outcome. Dabei wurden, bis auf den SF-1, alle Variablen latent modelliert. Als Prädiktoren dienten Veränderungen seit der Wiedervereinigung in drei Bereichen („Hat sich Ihre berufliche/finanzielle/persönliche Situation seit der WendeÂ…?“ - Antwortmöglichkeiten: „verbessert“/„verschlechtert“/„kaum verändert“), repräsentiert durch je zwei manifeste Dummy-Variablen (Referenzkategorie: „kaum verändert“). Alter, Familienstand, Einkommen und Bildung wurden als Kontrollvariablen berücksichtigt.

Ergebnisse: Männer und Frauen unterschieden sich hinsichtlich der Häufigkeit der berichteten Veränderungen nicht signifikant. Eine höhere Ausprägung aller drei Ressourcen ging signifikant mit geringerer depressiver Symptomatik und besserer subjektiver Gesundheit einher. Bei beiden Geschlechtern waren insbesondere Verschlechterungen der persönlichen Situation signifikant mit einer verringerten Ausprägung aller psychosozialen Ressourcen, stärkerer depressiver Symptomatik sowie schlechterer subjektiver Gesundheit verbunden. Alle drei Ressourcen mediierten die Assoziation von persönlichen Verschlechterungen mit den beiden Outcomes signifikant, wobei eine Mediation dieser Veränderung durch soziale Unterstützung in Bezug auf subjektive Gesundheit nur bei Frauen vorlag. Berufliche Verschlechterungen waren nur bei Männern mit geringeren Ausprägungen von Optimismus und Resilienz assoziiert, welche wiederum die Assoziationen dieser Veränderungen mit beiden Outcomes signifikant mediierten. Finanzielle Verbesserungen waren bei beiden Geschlechtern mit höherem Optimismus verbunden, welcher die Assoziation mit depressiver Symptomatik und subjektiver Gesundheit mediierte. Resilienz mediierte die Assoziation von finanzieller Verbesserung und beiden Outcomes nur bei Frauen, wohingegen soziale Unterstützung einen signifikanten Mediationseffekt hinsichtlich depressiver Symptomatik nur bei Männern zeigte.

Schlussfolgerung: Die Ergebnisse verdeutlichen, dass die Auswirkungen gesellschaftlicher Umbrüche, wie die deutsche Wiedervereinigung, auf die psychische Gesundheit langanhaltend sein können. Psychosoziale Ressourcen wie Resilienz, Optimismus und soziale Unterstützung sind Schlüsselfaktoren, die den Zusammenhang von individuellen Folgen gesellschaftlicher Umbrüche – insbesondere persönlicher Verschlechterung – und Gesundheitsoutcomes wie depressiver Symptomatik und subjektiver Gesundheit mediieren. Diese Ergebnisse betonen die Notwendigkeit, präventive und therapeutische Maßnahmen zur Förderung psychosozialer Ressourcen zu entwickeln, um die Bewältigung von gesellschaftlichen Veränderungen zu verbessern, wobei auch geschlechtsspezifische Unterschiede zu beachten sind.

Die Autoren geben an, dass kein Interessenkonflikt besteht.

Die Autoren geben an, dass ein positives Ethikvotum vorliegt.