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Gesundheit – gemeinsam. Kooperationstagung der Deutschen Gesellschaft für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie (GMDS), Deutschen Gesellschaft für Sozialmedizin und Prävention (DGSMP), Deutschen Gesellschaft für Epidemiologie (DGEpi), Deutschen Gesellschaft für Medizinische Soziologie (DGMS) und der Deutschen Gesellschaft für Public Health (DGPH)

08.09. - 13.09.2024, Dresden

Prävalenz von Erwachsenen mit Fatigue in Deutschland – Ergebnisse der Studie Gesundheit in Deutschland Aktuell 2023

Meeting Abstract

  • Christina Poethko-Müller - Robert Koch-Institut, Abteilung für Epidemiologie und Gesundheitsmonitoring, Berlin, Germany
  • Angelika Schaffrath Rosario - Robert Koch-Institut, Abteilung für Epidemiologie und Gesundheitsmonitoring, Berlin, Germany
  • Giselle Sarganas - Robert Koch-Institut, Abteilung für Epidemiologie und Gesundheitsmonitoring, Berlin, Germany
  • Ana Magdalena Ordonez Cruickshank - Robert Koch-Institut, Abteilung für Epidemiologie und Gesundheitsmonitoring, Berlin, Germany
  • Christa Scheidt-Nave - Robert Koch-Institut, Abteilung für Epidemiologie und Gesundheitsmonitoring, Berlin, Germany
  • Robert Schlack - Robert Koch-Institut, Abteilung für Epidemiologie und Gesundheitsmonitoring, Berlin, Germany

Gesundheit – gemeinsam. Kooperationstagung der Deutschen Gesellschaft für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie (GMDS), Deutschen Gesellschaft für Sozialmedizin und Prävention (DGSMP), Deutschen Gesellschaft für Epidemiologie (DGEpi), Deutschen Gesellschaft für Medizinische Soziologie (DGMS) und der Deutschen Gesellschaft für Public Health (DGPH). Dresden, 08.-13.09.2024. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2024. DocAbstr. 639

doi: 10.3205/24gmds312, urn:nbn:de:0183-24gmds3127

Published: September 6, 2024

© 2024 Poethko-Müller et al.
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Einleitung: Fatigue ist ein unspezifischer Symptomenkomplex, der häufig in Zusammenhang mit schweren chronischen Krankheiten auftritt und mit anhaltender Müdigkeit, Antriebs- und Konzentrationsschwäche einhergeht und durch die Einschränkung von Lebensqualität und Arbeitsfähigkeit sowie einer erhöhten Unfallgefährdung hohe Public Health-Relevanz hat. In den vergangenen Jahren hat Fatigue als eine der häufigsten post-akuten Folgen einer SARS-CoV-2-Infektion Aufmerksamkeit erlangt. Studien zu Fatigue im Vergleich von Personen mit und ohne vorangegangene SARS-CoV-2-Infektion bestätigen übereinstimmend einen Zusammenhang, kommen jedoch zu unterschiedlichen Einschätzungen der Prävalenz, je nachdem welches Instrument zur Erfassung verwendet wird. Zudem zeigt sich, dass Fatigue auch unter Nichtinfizierten häufig ist und bevölkerungsbezogene Hintergrunddaten fehlen. Wir untersuchten daher die Prävalenz und assoziierte Faktoren von Fatigue in einer bevölkerungsbezogenen epidemiologischen Studie in Deutschland.

Methode: Die Analysen basieren auf Daten, die im Kontext der nationalen, bevölkerungsbasierten Querschnittsstudie „Gesundheit in Deutschland aktuell“ (GEDA 2023) telefonisch erhoben wurden. Zielgruppe ist die deutsche Wohnbevölkerung ab 18 Jahren mit ausreichenden Deutschkenntnissen. Informationen zum Gesundheitszustand und zu soziodemografischen Determinanten von Gesundheit lagen für insgesamt 9.766 Erwachsene im Alter von 18- bis zu über 100 Jahren vor. Fatigue wurde von März 2023 bis Februar 2024 mittels der Fatigue Assessment Scale (FAS) erhoben, die über 10 Items üblicherweise empfundene körperliche und psychische Müdigkeit abfragt und dichotomisiert in ja (mindestens mild bis moderate Fatigue) versus nein (keine Fatigue). Klar abzugrenzen ist die FAS als ein Fragebogen-basiertes Instrument, das milde bis moderate Fatigue operationalisiert, von Instrumenten zur klinischen Diagnose des Chronic Fatigue Syndroms (CFS) oder zur Belastungsintoleranz. Die auf den Bevölkerungsstand vom 31.12.2020 gewichteten Analysen zu Prävalenzen und Zusammenhängen erfolgten deskriptiv und in multiplen Poisson-Modellen unter Berücksichtigung von soziodemographischen (Alter, Geschlecht, Bildung, Partnerschaft) und gesundheitsbezogenen (chronische Erkrankung, Depressivität, selbst berichtetes Long COVID) Determinanten.

Ergebnisse: Die Prävalenz von Fatigue wird insgesamt für Erwachsene in Deutschland auf 29,7% (95% KI 28,1-31,2) geschätzt. Sie ist in der Altersgruppe der 18- bis 29-Jährigen mit 39,6% (95% KI 35,0-44,4) am höchsten. Die Prävalenz nimmt in den Altersgruppen bis 65 bis 79 Jahre ab (20,6% (95% KI 18,2-23,3)) und liegt in der Gruppe der Hochaltrigen ab 80 Jahren wieder deutlich höher (33,2% (95% KI 28,9-37,7)). Frauen haben insbesondere in jüngerem und mittlerem Lebensalter auch unter Kontrolle von soziodemographischen und gesundheitsbezogenen Determinanten ein höheres Risiko für Fatigue als Männer (aRR 1,19 (1,08-1,32)). Männer mit einfacher (aRR 1,37 (1,11-1,68)) und mittlerer Bildung (aRR 1,28 (1,07-1,52)) haben im Vergleich zu Männern mit höherer Bildung ein erhöhtes Risiko für Fatigue, bei Frauen zeigt sich der Zusammenhang mit Bildung nur für die einfache Bildung. Bei beiden Geschlechtern bestehen signifikante unabhängige Assoziationen zwischen Fatigue und chronischer Erkrankung, Depressivität und selbstberichtetem Long COVID.

Schlussfolgerung: GEDA 2023 gehört mit der Erhebung von Fatigue zu den wenigen europäischen Studien, die die Häufigkeit von Fatigue in der Allgemeinbevölkerung beschreiben und gesundheitliche und soziodemografische Determinanten analysieren. Damit stehen für Deutschland über die gesamte Altersspanne des jungen bis hohen Erwachsenenalters aktuelle Daten zur Verfügung, die Fatigue als häufiges Symptom zeigen, die Gruppen mit unterschiedlich hoher Betroffenheit von Fatigue beschreiben und die als Referenz bzw. Basis für zeitliche Trends genutzt werden können.

Die Autoren geben an, dass kein Interessenkonflikt besteht.

Die Autoren geben an, dass kein Ethikvotum erforderlich ist.