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Verbesserungsbedarf des klinischen Risikomanagements in deutschen Krankenhäusern: Ergebnisse einer Mixed-Methods-Erhebung der deutschlandweiten KhaSiMiR 21-Krankenhausstudie
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Published: | September 6, 2024 |
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Hintergrund: Klinisches Risikomanagement (kRM) ist seit 2014 verpflichtend für deutsche Krankenhäuser. Ziel ist eine strukturierte Erhöhung der Patient:innensicherheit in der stationären Versorgung durch definierte und verbindlich festgelegte Abläufe und Zuständigkeiten. Informationen über die konkrete Umsetzung im Zeitverlauf sind Grundlage für die Erkennung von Schwachstellen und daraus abzuleitende weitere Optimierung. 2010 und 2015 wurde der Umsetzungsstand jeweils deutschlandweit erhoben.
Methode: Zur Erfassung des aktuellen Umsetzungsstands des kRM wurde 2022 eine Vollerhebung bei allen nach § 108 SGB V zugelassenen Allgemeinkrankenhäusern mit mehr als 49 Betten durchgeführt. Die Klinikleitungen wurde mit der Bitte um Beantwortung bzw. Weiterleitung an Qualitäts- und/oder Sicherheitsbeauftragte über einen krankenhausindividuellen Einwahlcode in eine Befragungssoftware gebeten. Strukturdaten der teilnehmenden Kliniken wurden aus der Datenbank des Deutschen Krankenhausinstitutes ergänzt. Aufbauend auf den Vorerhebungen, umfasste der Fragebogen 170 Einzelfragen, die nach übergeordneten Strategien, Strukturen und Überwachungen des kRM sowie konkreten Maßnahmen wie Critical Incidenz Report Systems (CIRS), Entlassmanagement oder Risikobewältigung geordnet waren. Zur besseren Interpretation der quantitativ erhobenen Antworten zum Optimierungspotential wurden diese in einem mixed-methods ergänzend mit offenen Aussagen in Freitextfeldern erhoben. Die Auswertung erfolgte mit SPSS sowie MAXQDA.
Ergebnisse: 49,7 % der angefragten Krankenhäuser haben teilgenommen und die Fragen beantwortet. Nach den Ergebnissen wurdendie Prozesse und Strukturen des kRM gegenüber den Vorerhebungen verbindlicher etabliert, besonders durch Instrumente die regulatorische oder zertifizierende Anforderungen erfüllen wie z.B. CIRS, M&M Konferenzen, Beschwerdemanagement, Zertifizierungen. Trotz der weitgehenden strukturellen Umsetzung wurde ein erhebliches Verbesserungspotential hinsichtlich der Durchdringung des kRM auf allen Ebenen deutlich. Bei der standardisierten Beantwortung sah die Mehrheit ein Verbesserungspotential bei der Vernetzung zwischen Funktionsbereichen, Abteilungen und klar definierten verantwortlichen kRM-Ansprechpersonen (64%) sowie der systematischen Prozess- und Strukturoptimierung (67%). Entsprechend hoch wurde der Fortbildungsbedarf bei der Förderung der Sicherheitskultur (78%), Kommunikationsschulungen (77%) sowie zu Maßnahmen der Risikominimierung und -steuerung (72%) gesehen. 177 Teilnehmende füllten Freitextfelder zum größten Handlungsbedarf aus. Die meisten Angaben bezogen sich auf die Verbesserung der Struktur- und Prozessqualität u.a. durch Lernen aus Fehlern; Wirksamkeitsprüfungen durchgeführter Maßnahmen; Sensibilisierung zum Abbau von Ängsten bei Fehlerthematisierungen; einer Förderung lösungsorientierten Denkens; der Auswertung positiver Ergebnisse und der Verbesserung der Sicherheitskultur durch “Entwicklung einer Haltung der Mitarbeiterschaft zur Priorität von Patientensicherheit auch in nichtklinischen Abteilungen“. Eine herausgehobene Verantwortung und Vorbildfunktion wurde bei der Führungsebene verortet.
Diskussion und Schlussfolgerungen: Die Erhebung bietet einen empirisch-fundierten Einblick in das Spektrum und den Implementationsgrad von kRM-Maßnahmen und Aktivitäten in deutschen Krankenhäusern. Zugleich illustrieren die qualitativen Einschätzungen der Verantwortlichen die Entwicklungs- und Anpassungsbedarfe für eine effektive Weiterentwicklung des kRM hinsichtlich der systematischen Förderung einer Sicherheitskultur in allen Versorgungs- und Organisationsbereichen.
Die Autoren geben an, dass kein Interessenkonflikt besteht.
Die Autoren geben an, dass kein Ethikvotum erforderlich ist.