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Diversität im Berufsalltag stationärer Pflegeteams: Eine vergleichende Fallstudie in Krankenhäusern und Pflegeheimen
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Published: | September 6, 2024 |
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Einleitung: Wie die meisten Länder des globalen Nordens ist auch Deutschland mit einem eklatanten Mangel an Fachkräften im Gesundheitswesen konfrontiert und wirbt daher aktiv um internationales Pflegepersonal. Darüber hinaus befindet sich die deutsche Pflege mit der (Teil-) Akademisierung junger Pflegekräfte (seit 2020) und der bevorstehenden Pensionierung älterer Pflegekräfte in einem raschen Veränderungsprozess. All dies führt zu einer großen Vielfalt innerhalb der Pflegeteams, die sich aus divergierenden beruflichen Sozialisationen unter jeweils spezifischen historischen und soziokulturellen Bedingungen ergibt. Dies betrifft beispielsweise Tätigkeits- und Verantwortungsbereiche, Fachwissen und Expertise, Sprachkenntnisse und Pflegekultur(en). Daraus ergibt sich die Frage, wie die Pflegeteams mit dieser Diversität umgehen – und wie pflegerische Leitungen sie dabei unterstützen können.
Methoden: Wir führten vergleichende qualitative Fallstudien in sechs stationären Pflegeteams durch, von denen vier in Krankenhäusern und zwei in Pflegeheimen angesiedelt waren. Die Daten umfassen 197,5 Stunden teilnehmende Beobachtung, 25 Leitfadeninterviews mit leitenden und nicht-leitenden Pflegekräften und 8 Gruppendiskussionen mit Teammitgliedern. Die Daten wurden mit Hilfe der qualitativen Inhaltsanalyse und der dokumentarischen Methode ausgewertet. Die Ergebnisse wurden innerhalb der Forschungsgruppe sowie in weiteren Forschungswerkstätten intersubjektiv validiert.
Ergebnisse: Alle sechs Pflegeteams sind in Bezug auf Herkunftsländer, Qualifikationen und Generationen (Alter) äußerst vielfältig. Bisher lassen sich drei verschiedene Arten des Umgangs mit Diversität identifizieren:
- 1.
- Für ‚erfahrene‘ Teams ist Diversität Teil ihrer Gruppenidentität und sie schützen die unterschiedlichen Expertisen und Fähigkeiten ihrer Kolleg*innen – sei es die internationale oder langjährige Berufserfahrung oder die wissenschaftliche Herangehensweise von Kolleg*innen.
- 2.
- Die ‚kritischen‘ Teams reagieren eher negativ auf Veränderungen; insbesondere auf die, die sich aus der Zusammenarbeit mit internationalen Kolleg*innen ergeben. Diese Teams konstruieren eine Grenze zwischen „uns deutschen Pflegekräften“ und „den ausländischen Pflegekräften.“ Dabei geht es allerdings weniger um ein – wie auch immer imaginiertes – „Deutsch-sein“, sondern vielmehr um die pflegerische Sozialisation und eine grundlegende Berufserfahrung in der deutschen Pflege.
- 3.
- Die ‚lernenden‘ Teams zeichnen sich dadurch aus, dass sie die Herausforderungen innerhalb des Teams reflektieren und sich um einen proaktiven Umgang mit Diversität in ihrer täglichen Arbeit bemühen. In diesen Teams finden Lernprozesse statt, die aus vorangegangenen Schwierigkeiten bei der Integration internationaler Pflegefachkräfte aufkamen und entweder in mittlerweile angepassten Arbeitsabläufen oder in gemeinsamen Selbst- und Fremdreflexionsprozessen und der Fähigkeit, von einzelnen Negativerfahrungen zu abstrahieren, resultierten.
Schlussfolgerung: Jedes Pflegeteam steht aufgrund der spezifischen Zusammensetzung der Teammitglieder und der Rahmenbedingungen vor unterschiedlichen Herausforderungen in der Zusammenarbeit. Dadurch entwickeln die Teams in ihrer täglichen Arbeit unterschiedliche Formen des Umgangs mit Vielfalt. Somit sollten personalverantwortliche Pflegeleitungen die Umsetzung von maßgeschneiderten Maßnahmen zur Aufrechterhaltung oder Förderung einer diversitätssensiblen Teamkultur unterstützen; insbesondere die Bereitstellung von Raum für gemeinsamen Austausch, Supervision und Reflexion, in dem kulturelle, qualifikatorische und generationelle Unterschiede berücksichtigt werden.
Die Autoren geben an, dass kein Interessenkonflikt besteht.
Die Autoren geben an, dass ein positives Ethikvotum vorliegt.