gms | German Medical Science

Gesundheit – gemeinsam. Kooperationstagung der Deutschen Gesellschaft für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie (GMDS), Deutschen Gesellschaft für Sozialmedizin und Prävention (DGSMP), Deutschen Gesellschaft für Epidemiologie (DGEpi), Deutschen Gesellschaft für Medizinische Soziologie (DGMS) und der Deutschen Gesellschaft für Public Health (DGPH)

08.09. - 13.09.2024, Dresden

NUTSEN – neue Therapien bei seltenen Erkrankungen am Beispiel der NMOSD: Studienprotokoll

Meeting Abstract

Search Medline for

  • Rick Glaubitz - Zentrum für Evidenzbasierte Gesundheitsversorgung, Medizinische Fakultät und Universitätsklinikum Carl Gustav Carus an der Technischen Universität Dresden, Dresden, Germany
  • Gabriele Müller - Zentrum für Evidenzbasierte Gesundheitsversorgung, Medizinische Fakultät und Universitätsklinikum Carl Gustav Carus an der Technischen Universität Dresden, Dresden, Germany
  • Achim Berthele - Klinik und Poliklinik für Neurologie, Klinikum rechts der Isar der TU München, München, Germany

Gesundheit – gemeinsam. Kooperationstagung der Deutschen Gesellschaft für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie (GMDS), Deutschen Gesellschaft für Sozialmedizin und Prävention (DGSMP), Deutschen Gesellschaft für Epidemiologie (DGEpi), Deutschen Gesellschaft für Medizinische Soziologie (DGMS) und der Deutschen Gesellschaft für Public Health (DGPH). Dresden, 08.-13.09.2024. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2024. DocAbstr. 711

doi: 10.3205/24gmds208, urn:nbn:de:0183-24gmds2087

Published: September 6, 2024

© 2024 Glaubitz et al.
This is an Open Access article distributed under the terms of the Creative Commons Attribution 4.0 License. See license information at http://creativecommons.org/licenses/by/4.0/.


Outline

Text

Einleitung: Derzeit leiden in Deutschland etwa 4 Millionen Menschen an einer der ca. 6.000 seltenen Erkrankungen (SE). Für viele dieser Erkrankungen existieren keine adäquaten Therapiemöglichkeiten. Die Entwicklung von neuen Medikamenten für die Behandlung von seltenen Erkrankungen hat jedoch in den letzten Jahren durch geänderte zulassungsrechtliche Bestimmungen und Vorgaben an Bedeutung gewonnen. Diese sogenannten „Orphan Drugs“ sind, anders als andere Medikamente, von einer frühen Nutzenbewertung nach dem AMNOG ausgenommen. Allerdings sind diese Medikamente in der Regel sehr kostenintensiv.

Auch wenn mit diesen Medikamenten in der Regel ein „medical need“ bedient wird, ist nicht bekannt, ob bzw. dass diese Medikamente stets kosteneffektiv sind oder gegenüber der vorherigen Behandlungsrealität, einen tatsächlichen medizinischen oder sonstigen alltagsrelevanten Fortschritt darstellen. Besonders gilt dies für chronische, nicht primär zum Tode führende seltene Erkrankungen für welche bereits hinreichend effektive medikamentöse Off-Label Use (OLU) Therapien existieren.

Vor diesem Hintergrund soll im Projekt NUTSEN am Beispiel der Neuromyelitis optica Spektrum Erkrankung (NMOSD) die folgende Forschungsfrage beantwortet werden:

Sind indikationsspezifisch zugelassene Medikamente bei einer seltenen Erkrankung, die bisher durch Off-Label Use verfügbare Medikamente aus klinischer Sicht durchaus erfolgreich behandelt worden sind, medizinisch effektiv, wirtschaftlich und eine Verbesserung der Versorgungsrealität?

Methoden: Im Projekt NUTSEN untersuchen wir, ob vier neu zugelassene Medikamente (seit 2020) im Vergleich zum OLU die medizinische Versorgungssituation verändern und diese auch von den Patient:innen und Ärzt:innen als Fortschritt wahrgenommen werden. Zudem wird geprüft, wie sich die Verwendung der neuen Medikamente gesundheitsökonomisch auswirkt. Dafür nutzen wir Daten des Wissenschaftlichen Instituts der AOK (WIdO) zu Versicherten mit NMOSD der Jahre 2015 bis 2025. Diese Daten enthalten beispielsweise Angaben zu Kosten, Inanspruchnahme stationärer und ambulanter Leistungen, Medikamenten, weiteren Erkrankungen, Heilmitteln sowie zur Arbeitsunfähigkeit. Darüber hinaus nutzen wir das Register der Neuromyelitis optica Studiengruppe (NEMOS), welches klinische Daten von rund 750 Betroffenen beinhaltet. Das NEMOS-Register erfasst Daten zur Versorgung und den Kosten bei NMOSD im zeitlichen Verlauf von 2015 bis 2025 und in Abhängigkeit von der jeweiligen Therapieform. Mittels Propensity Score Matchings vergleichen wir den Nutzen der neuen Medikamente gegenüber OLU. Mittels Befragungen von Betroffenen und deren Bezugspersonen werden zudem Therapiezufriedenheit, Therapielast und ungedeckte Bedarfe untersucht. Zudem werden die behandelnden Ärztinnen und Ärzte nach ihren Gründen für Therapieentscheidungen für On- oder Off-Label-Use befragt.

Ergebnisse: Derzeit werden Daten aus dem NEMOS-Register und dem WIdO abgefragt, um den Status Quo des Medikamenteneinsatzes und der Auswirkungen der neu zugelassenen Medikamente zu beschreiben. Erste Daten sollen präsentiert werden.

Schlussfolgerung: Im Erfolgsfall ermöglichen die Ergebnisse des Projekts nicht nur eine gezieltere Therapie von NMOSD-Erkrankten, sondern dienen auch als Modell für Untersuchungen von weiteren Seltenen Erkrankungen, bei denen ein Wechsel von OLU zu krankheitsspezifisch zugelassenen Medikamenten bevorsteht. Zudem werden wichtige Erkenntnisse dazu generiert, inwiefern GKV-Daten für die Evaluation von gesundheitsökonomischen Auswirkungen von Orphan Drugs genutzt werden können.

Die Autoren geben an, dass kein Interessenkonflikt besteht.

Die Autoren geben an, dass kein Ethikvotum erforderlich ist.