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Über Empathie und Computernutzung von Allgemeinmedizinern
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Published: | September 6, 2024 |
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Einleitung und Fragestellung: Allgemeinmediziner wissen ihre Praxissoftware wenig zu nutzen [1] und haben ein „personenzentriertes“ Fachgebiet, das ein anderes psychologisches Profil verlangt als die Informatik.
Haben Allgemeinmediziner, die ihre Praxissoftware effizient nutzen, eher eine niedrige Empathie, wie es für Ärzte von „technologiezentrierten“ Fachgebieten wie Radiologie typisch ist [2]? Welche Eigenschaften hat ein Allgemeinmediziner, der seine Praxissoftware kompetent zu nutzen weiß?
Material und Methoden: 428 Allgemeinmediziner wurden zu ihrer Nutzung ihrer Praxissoftware Axisanté, ihren allgemeinen Computerkenntnissen und weiteren Variablen befragt und ihre Empathie mittels eines 2-Fragen-Testes (2FET) evaluiert. Der 2FET wurde bei weiteren 387 Allgemeinmedizinern an dem Jefferson Scale of Physician Empathy (JSPE) [3] geeicht (der mit 20 Fragen zu lang für den ersten Fragebogen war).
Die Antworten erfolgten auf Likert-Skalen, z.B. von „niemals“ bis „fast immer“. Die statistische Auswertung geschah mit SPSS 29, die angegebenen Signifikanzen sind beidseitiger Spearman’s rho (Sr) oder Whitney-Mann-U-Test für zwei unverbundene Stichproben (WMU).
Ergebnisse: Allgemeinmediziner nutzen insgesamt ihre Praxissoftware schlecht aus und schaden sich durch Nichtverwendung arbeitssparender Funktionen z.B. Musterrezepte. 57% schreiben nicht im arbeitssparenden Zehn-Finger-System. Ausbildung und längere Erfahrung mit der Software verbessern ihre Nutzung (p<0.001 WMU; r=0.224 p<0.006 Sr, hier und nachfolgend für einen Nutzungssummenscore). Wer mehr Patienten pro Tag behandelt nutzt Axisanté besser (r=0.154 p<0.01 Sr) und Ärzte in Gemeinschaftspraxen tendenziell auch (p=0.055 WMU). Auch bei Kontrolle für geringere Nutzungsdauer und Patientenzahl nutzten Ärztinnen Axisanté schlechter als ihre männlichen Kollegen (p<0.01 WMU) und schätzten ihre allgemeinen Computerkenntnisse schlechter ein, nutzten aber anders als ältere männliche Ärzte (Sr) sieben Standardanwendungen und Daktylographie nicht schlechter (WMU).
Der 2FET korrelierte mit dem JSPE (r=0.446 p<0.001). Wer einen höheren 2FET hatte, schätzte seine Axisanté- (r=0.246 p<0.01) und allgemeinen Informatikkenntnissen (r=0.194 p<0.01) höher ein und erlebte seinen Praxiscomputer weniger oft als zu langsam (r=0.145 p<0.05) (alle Sr).
Diskussion: Der seine Praxissoftware gut zu nutzende Allgemeinmediziner ist typischerweise männlich, hat eine große Patientenzahl, kennt sich entweder auch sonst mit Computern gut aus oder ist älter und hat durch Ausbildung, Berufserfahrung oder Kollegenhilfe die entsprechenden Kenntnisse erworben. Es ist möglich, zugleich ein „guter“ Praxissoftwarenutzer und ein „guter“ im Sinne von „empathischer“ Allgemeinmediziner zu sein. Die schlechtere Softwarenutzung durch Frauen entspricht vielleicht ihrer starken Unterrepräsentierung in MINT-Fächern und ist offenbar komplex bedingt und damit auch komplex zu beheben.
Die Autoren geben an, dass kein Interessenkonflikt besteht.
Die Autoren geben an, dass kein Ethikvotum erforderlich ist.
Literatur
- 1.
- Lindemann WB. Praxisverwaltungssoftware: Im Minimalbetrieb [Electronic health records: minimum use]. Deutsches Ärzteblatt. 2014;111(50):A2220.
- 2.
- Park C, Jung-Lee Y, Hong M, Jung ChH, Synn Y, Kwack YS, et al. A multicenter study investigating empathy and burnout characteristics in medical residents with various specialties. J Korean Med Sci. 2016;31:590-597.
- 3.
- Hojat M. Empathy in Health Professions Education and Patient Care. Springer International Publishing Switzerland; 2016. ISBN 978-3-319-27624-3.