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65th Annual Meeting of the German Association for Medical Informatics, Biometry and Epidemiology (GMDS), Meeting of the Central European Network (CEN: German Region, Austro-Swiss Region and Polish Region) of the International Biometric Society (IBS)

06.09. - 09.09.2020, Berlin (online conference)

Interdisziplinäre Behandlung von Patienten mit Diabetes Mellitus Typ 2 und Parodontitis – Validierung eines Entscheidungsbaums als Grundlage einer Entscheidungsunterstützung

Meeting Abstract

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  • Florian Friedrich - Institut für Medizinische Biometrie und Informatik, Sektion Medizinische Informatik, Universität Heidelberg, Heidelberg, Germany
  • Max W. Seitz - Institut für Medizinische Biometrie und Informatik, Sektion Medizinische Informatik, Universität Heidelberg, Heidelberg, Germany
  • Christian Haux - Institut für Medizinische Biometrie und Informatik, Sektion Medizinische Informatik, Universität Heidelberg, Heidelberg, Germany
  • Petra Knaup - Institut für Medizinische Biometrie und Informatik, Sektion Medizinische Informatik, Universität Heidelberg, Heidelberg, Germany

Deutsche Gesellschaft für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie. 65th Annual Meeting of the German Association for Medical Informatics, Biometry and Epidemiology (GMDS), Meeting of the Central European Network (CEN: German Region, Austro-Swiss Region and Polish Region) of the International Biometric Society (IBS). Berlin, 06.-09.09.2020. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2021. DocAbstr. 229

doi: 10.3205/20gmds193, urn:nbn:de:0183-20gmds1932

Published: February 26, 2021

© 2021 Friedrich et al.
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Hintergrund: Studien geben Hinweise auf bidirektionale Zusammenhänge zwischen Parodontitis und Diabetes Mellitus Typ 2 [1], [2]. Diese Zusammenhänge zwischen Erkrankungen aus zwei Fachbereichen erfordern einen interdisziplinären Ansatz der Patientenversorgung. Im Projekt „Dent@Prevent” wurde unter anderem auf Basis von Fokusgruppen und Experteninterviews ein Entscheidungsbaum entwickelt, der sich mit der interdisziplinären Behandlung dieser Erkrankungen befasst. Er dient als Ausgangspunkt für ein Entscheidungsunterstützungssystem, welches Zahnärzte und Allgemeinmediziner bei der interdisziplinären Behandlung dieser Erkrankungen unterstützen kann [3].

Ziel dieser Arbeit war es, den von „Dent@Prevent” entwickelten Entscheidungsbaum anhand wissenschaftlicher Literatur auf Vollständigkeit, Übereinstimmung und Anwendbarkeit zu prüfen und zu optimieren.

Methoden: Zur Überprüfung auf Vollständigkeit und Übereinstimmung wurde eine Recherche nach systematischen Reviews in Pubmed durchgeführt. Alle Ergebnisse der eingeschlossenen Arbeiten wurden mit dem Entscheidungsbaum verglichen. Hierzu wurden die Entscheidungsfragen des Baumes (z.B. Existing Parodontitis? Existing Diabetes Mellitus?) mit Hilfe der Einschlusskriterien der jeweiligen Studien beantwortet. Dadurch konnten Handlungsempfehlungen für die Patientengruppen jeder Studie ausgegeben werden. Diese Empfehlungen wurden mit den Ergebnissen des jeweiligen Reviews verglichen und Übereinstimmungen und Ergänzungen in einem optimierten Entscheidungsbaum dargestellt.

Zur Überprüfung der Anwendbarkeit wurde eine Recherche nach Case Reports in Pubmed durchgeführt. Für jeden Fallbericht wurde ein UML Aktivitätsdiagramm mit allen Behandlungsschritten erstellt. Jeder Behandlungsverlauf wurde mit den Pfaden des Entscheidungsbaumes verglichen. Konnten alle Behandlungsschritte durch den Entscheidungsbaum nachvollzogen werden, so wurde die Anwendbarkeit auf diesen Fall bestätigt.

Ergebnisse: Zur Überprüfung auf Vollständigkeit und Übereinstimmung konnten neunzehn systematische Reviews eingeschlossen werden.

Die Überprüfung ergab weitestgehend eine Übereinstimmung des Entscheidungsbaumes mit der Literatur. Vier weitere Handlungsempfehlungen wurden in eine optimierte Version des Baumes integriert. Der Baum sieht nun eine Zuweisung von Patienten mit bekanntem Diabetes Mellitus vom Zahn- zum Hausarzt vor und empfiehlt bei Patienten ohne Parodontitis die Erhebung eines Parodontitis-Risiko-Scores [4]. Zusätzlich sollen Zahn- und Hausärzte betroffenen Patienten Informationen zur oralen Hygiene bereitstellen, um das Parodontitits-Risiko zu verringern und Einfluss auf einen möglichen Diabetes Mellitus zu nehmen.

Zur Überprüfung der Anwendbarkeit konnten acht Case Reports eingeschlossen werden. Es wurde bestätigt, dass der Entscheidungsbaum auf alle eingeschlossenen Fallberichte anwendbar ist. Aufgrund fehlender Informationen konnte nicht abschließend geklärt werden, ob alle Handlungsempfehlungen, die der Entscheidungsbaum ausgab, tatsächlich durchgeführt wurden. Zuweisungsempfehlungen und Hinweise zur Behandlung von Parodontitis, wie im Baum dargestellt, wurden auch in den Fallberichten durchgeführt. An einigen Stellen blieb jedoch offen, ob und in welchem Umfang Patienten zur oralen Hygiene aufgeklärt wurden.

Diskussion: Der von „Dent@Prevent” erstellte Entscheidungsbaum stimmt in weiten Teilen mit Daten aus der Literatur überein. Durch diese Arbeit war es möglich, zusätzliche Aspekte in eine optimierte Version des Entscheidungsbaums zu integrieren. Die Anwendbarkeit auf einzelne Fallberichte verdeutlicht die Funktionalität des Baumes für die Praxis. Validierungen zukünftiger Entscheidungsunterstützung würden von Fallberichten mit detaillierteren Darstellungen der Behandlung profitieren, da nicht alle Handlungsempfehlungen durch die vorliegenden Case Reports nachvollziehbar waren.

Einige Reviews berichten von Problemen in der Studienqualität. So war beispielsweise die Evidenz von Kausalitäten in einigen Studien unzureichend [5]. Für die Entwicklung der Entscheidungsunterstützung sind zusätzliche klinische Studien zum bidirektionalen Zusammenhang zwischen Parodontitis und Diabetes Mellitus Typ 2 zu empfehlen, die die Hinweise bestehender Reviews beachten.

Die Autoren geben an, dass kein Interessenkonflikt besteht.

Die Autoren geben an, dass kein Ethikvotum erforderlich ist.


Literatur

1.
Faggion CM Jr, Cullinan MP, Atieh M. An overview of systematic reviews on the effectiveness of periodontal treatment to improve glycaemic control. J Periodontal Res. 2016;51(6):716–725. DOI: 10.1111/jre.12358 External link
2.
Hasuike A, Iguchi S, Suzuki D, Kawano E, Sato S. Systematic review and assessment of systematic reviews examining the effect of periodontal treatment on glycemic control in patients with diabetes. Medicina Oral Patologia Oral y Cirugia Bucal. 2017;22(2):e167-e176. DOI: 10.4317/medoral.21555 External link
3.
Smits K, Kalmus O, Haux C, Seitz M, van der Zande M, Schubert I Listl S. Towards a descision support system to better integrate primary and dental care. International Journal of Integrated Care (IJIC). 2019;19(4):479. DOI: 10.5334/ijic.s3479 External link
4.
Deutsche Gesellschaft für Parodontologie. Der Parodontitis Risikoscore – ein Selbsttest. [accessed 2020 March 19]. Available from: https://www.dgparo.de/media/download-5acc9cf7d7b48 External link
5.
Seitz MW, Listl S, Bartols A, Schubert I, Blaschke K, Haux C, van der Zande M. Current Knowledge on Correlations Between Highly Prevalent Dental Conditions and Chronic Diseases: An Umbrella Review. Preventing chronic disease. 2019;16:E132. DOI: 10.5888/pcd16.180641 External link