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65th Annual Meeting of the German Association for Medical Informatics, Biometry and Epidemiology (GMDS), Meeting of the Central European Network (CEN: German Region, Austro-Swiss Region and Polish Region) of the International Biometric Society (IBS)

06.09. - 09.09.2020, Berlin (online conference)

Intuitive Parametrisierung von physiotherapeutischen Übungsbeschreibungen

Meeting Abstract

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  • Birgit Saalfeld - Medizinische Hochschule Hannover, Peter L. Reichertz Institut für Medizinische Informatik, Hannover, Germany
  • Benjamin Effner - TU Braunschweig, Braunschweig, Germany
  • Klaus-Hendrik Wolf - Medizinische Hochschule Hannover, Peter L. Reichertz Institut für Medizinische Informatik, Hannover, Germany

Deutsche Gesellschaft für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie. 65th Annual Meeting of the German Association for Medical Informatics, Biometry and Epidemiology (GMDS), Meeting of the Central European Network (CEN: German Region, Austro-Swiss Region and Polish Region) of the International Biometric Society (IBS). Berlin, 06.-09.09.2020. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2021. DocAbstr. 410

doi: 10.3205/20gmds179, urn:nbn:de:0183-20gmds1797

Published: February 26, 2021

© 2021 Saalfeld et al.
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Hintergrund: Physiotherapeutische Eigenübungen sind Bestandteil vieler Therapien bei Störungen des Bewegungsapparates. Zur Sicherung des Trainingserfolgs ist es notwendig, dass Patient_innen das Training über lange Zeiträume selbstständig fortführen [1]. Assistierende Gesundheitstechnologien können sie dabei unterstützen [2]. Diese erfassen die Bewegungen der trainierenden Person, bewerten die Güte der Übungsausführung und korrigieren gegebenenfalls. Die Bewertung durch Anwendungssysteme soll dem vereinbarten Therapieziel entsprechend nur auf der Basis eines von Physiotherapeut_innen gefundenen Konsenses zur Bewertung einer Übungsausführung erfolgen. Es bedarf Festlegungen, welche Abweichungen tolerierbar sind und ab welcher Abweichung das Anwendersystem korrigieren sollte. Im Rahmen von Projekten konnte die Erfahrung gesammelt werden, dass explizite Angaben für Physiotherapeut_innen schwierig allgemein zu formulieren und zu kommunizieren sind. Ziel der vorgestellten Arbeiten ist es eine Methode zu entwickeln, die Physiotherapeut_innen befähigt, Übungen selbstständig zu definieren und ihre Bewertung zu parametrisieren.

Methoden: Eine Übungsausführung wird in einzelne Bewegungsaspekte zerlegt. Neben der idealen Übungsbewegung existieren eine Reihe von abweichenden Bewegungsmöglichkeiten und kontraindikativen Ausweichbewegungen. Physiotherapeut_innen erproben die verschiedenen Bewegungsaspekte intuitiv am virtuellen, animierten Patienten, bewerten die Bewegungen und stellen Parameter ein. Sie definieren so optimale, tolerable und korrekturbedürftige Ausführungen durch Festlegung der zulässigen, von der Idealbewegung abweichenden, Bewegungsanteile.

Ergebnisse: In der Entwicklungsumgebung unity ist eine prototypische Software entstanden, die einen animierten, menschlichen Avatar darstellt. Schieberegler repräsentieren je einen Bewegungsaspekt. Für jeden Bewegungsaspekt definieren Physiotherapeut_innen bis zu welchem Maß die Ausführung passend, noch tolerabel oder zu stark abweichend ist. Erste Tests mit zwei Physiotherapeutinnen zeigen, dass die Software nach einer kurzen Einweisung mit kleinen Hürden bedienbar ist und die Parametrisierung einer Übung sehr exakt erfolgen kann.

Zusammenfassung: Mit dieser Methode können Physiotherapeut_innen intuitiv spezifisch die Korridore festlegen, die zur Bewertung der Qualität einer Übungsausführung heranzuziehen sind. Die Abstraktion in ein mentales Modell und die verlustbehaftete Kommunikation der verschiedenen Disziplinen wird minimiert, bzw. durch die Nutzung der Software effektiver. Zudem liegen die eingestellten Bewertungsgrenzen in einer Form vor, in der sie für weitere Anwendungen nutzbar sind. Die Bewegungsaspekte für die Animation entstammen entweder einer expliziten Definition oder strukturidentifizierenden Algorithmen, angewandt auf reale Übungsausführungen. Daraus könnten neue Erkenntnisse über Bewegungen abgeleitet werden, welche den Physiotherapeut_innen zurückgespielt werden können. Um den Physiotherapeut_innen die Interaktion mit dem System zu vereinfachen ist es denkbar, die Software mit Methoden der virtuellen Realität zu erweitern. Statt den trainierenden Avatar auf dem Bildschirm in Augenschein zu nehmen, könnten sie mit einem Head-Mounted-Display um ihn herum gehen und mittels Gesten die Parametrisierung noch intuitiver vornehmen. Die prototypische Instanziierung lässt noch keine Aussagen darüber zu, inwieweit Physiotherapeut_innen sich besser auf einen Konsens einigen können, aber es bietet neue Möglichkeiten der intra- und interdisziplinären Kommunikation und Zusammenarbeit. Mit der entwickelten Methode sind Parametrisierungen für Übungen von Physiotherapeut_innen selbstständig definierbar und objektiv vergleichbar.

Die Autoren geben an, dass kein Interessenkonflikt besteht.

Die Autoren geben an, dass kein Ethikvotum erforderlich ist.


Literatur

1.
Spirgi-Gantert I. FBL Klein-Vogelbach Functional Kinetics. Therapeutische Übungen. 6. Auflage. Berlin, Heidelberg, New York: Springer; 2011.
2.
Anton D, Berges I, Bermúdez J, Goñi A, Illarramendi A. A Telerehabilitation System for the Selection, Evaluation and Remote Management of Therapies. Sensors. 2018 May 8;18(5):1459.