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65th Annual Meeting of the German Association for Medical Informatics, Biometry and Epidemiology (GMDS), Meeting of the Central European Network (CEN: German Region, Austro-Swiss Region and Polish Region) of the International Biometric Society (IBS)

06.09. - 09.09.2020, Berlin (online conference)

Einfluss des Notfalldatensatzes auf die notärztliche Versorgung bei internistischen Notfällen – Ergebnis zweier Simulationsstudien

Meeting Abstract

  • Lüder Warnken - Warnken medi-tainment GmbH, Hamburg, Germany
  • Maria Eveslage - Institut für Biometrie und Klinische Forschung, Westfälische Wilhelms-Universität Münster, Münster, Germany
  • Jan Wohlmann - Stabsstelle Telemedizin, Universitätsklinikum Münster, Münster, Germany
  • Andreas Bohn - Feuerwehr, Stadt Münster, Münster, Germany; Klinik für Anästhesiologie, operative Intensivmedizin und Schmerztherapie, Universitätsklinikum Münster, Münster, Germany
  • Karlheinz Fuchs - Rettungsdienst, Kreis Steinfurt, Steinfurt, Germany
  • Sonja Baier - Zentrum für Klinische Studien, Westfälische Wilhelms-Universität Münster, Münster, Germany
  • Tim Güß - Klinik für Anästhesiologie, operative Intensivmedizin und Schmerztherapie, Universitätsklinikum Münster, Münster, Germany
  • Michael Klatthaar - UKM Trainingszentrum, Universitätsklinikum Münster, Münster, Germany
  • Christian Juhra - Stabsstelle Telemedizin, Universitätsklinikum Münster, Münster, Germany

Deutsche Gesellschaft für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie. 65th Annual Meeting of the German Association for Medical Informatics, Biometry and Epidemiology (GMDS), Meeting of the Central European Network (CEN: German Region, Austro-Swiss Region and Polish Region) of the International Biometric Society (IBS). Berlin, 06.-09.09.2020. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2021. DocAbstr. 152

doi: 10.3205/20gmds158, urn:nbn:de:0183-20gmds1582

Published: February 26, 2021

© 2021 Warnken et al.
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Text

Hintergrund: Durch das E-Health-Gesetz haben Patienten seit Anfang 2019 Anspruch darauf, für den Notfall wichtige Daten in Form eines Notfalldatensatzes [1] auf ihrer elektronischen Gesundheitskarte speichern zu lassen. Die Einführung der dafür notwendigen technischen Infrastruktur ist derzeit in Vorbereitung [2]. Im Rahmen des Projekts T.I.M.E. wurde der Effekt des Notfalldatensatzes in der präklinischen Behandlung untersucht, indem Diagnose und Therapieentscheidungen sowie die Vollständigkeit der anschließenden Übergabe in simulierten Rettungseinsätzen mit und ohne vorliegenden Notfalldatensatz verglichen wurden.

Methoden: Es wurden zwei Simulationsstudien durchgeführt, in denen insgesamt 72 Notärzte mit jeweils zwei verschiedenen internistischen Notfallsituationen konfrontiert wurden, die von Schauspielern als Patienten und deren Angehörige dargestellt wurden. Beide Studien wurden mit einem Cross-over-Design durchgeführt, so dass den Notärzten in nur einer der beiden Situationen ein Notfalldatensatz zur Verfügung stand. Als Kontrolle dienten Szenarien, in denen sich Informationen im Umfeld des Patienten finden ließen (z.B. Medikamentenschachteln, Arztbriefe) bzw. in denen keine weiteren Informationen vorlagen. Die Rettungseinsätze sowie die anschließende übergabe wurden auf Video aufgezeichnet und hinsichtlich zuvor definierter Zielparameter analysiert. Primäre Zielgröße beider Studien war das Vermeiden zuvor als unerwünscht definierter therapeutischer Maßnahmen (ja/nein). Zudem wurde an die Probanden im Anschluss an die Simulation ein Fragebogen zum Notfalldatensatz ausgehändigt. Die Analyse erfolgte mit statistischen Methoden für Cross-over-Designs wie dem exakten Test nach Prescott. Abgesehen von der konfirmatorischen Analyse des primären Endpunkts in der jeweiligen Studie sind die Analysen als explorativ zu verstehen.

Ergebnisse: In beiden Studien wurden bei Verfügbarkeit eines Notfalldatensatzes die für die weitere Behandlung entscheidenden Informationen deutlich häufiger erkannt (78% vs. 18%, p < 0,001). Ein Einfluss auf vorab als zu vermeidend definierter Behandlungsoptionen konnte nicht festgestellt werden (49% vs. 43%, p > 5%). Es gab keine Hinweise auf einen Einfluss des Notfalldatensatzes auf die Dauer des Rettungseinsatzes. Die bei der übergabe des Patienten genannten oder dokumentierten Informationen waren vollständiger, wenn dem Notarzt während der Behandlung der Notfalldatensatz vorlag. Die Notärzte beurteilten den Notfalldatensatz als gut verständlich (91%) und schätzten den Nutzen für die Diagnostik und Therapie als hoch ein (91%). Als gewünschtes Medium wurde überwiegend die Speicherung des Notfalldatensatzes auf der elektronischen Gesundheitskarte genannt (74%), gefolgt von einer einfachen Papierversion (68%).

Zusammenfassung: Der Notfalldatensatz erleichtert das Erlangen von validen Informationen, die für eine adäquate (präklinische) Versorgung entscheidend sein können, ohne die Behandlung zu verzögern. Der tatsächliche Effekt auf die Versorgungsqualität sollte anhand von Daten aus der tatsächlichen Praxis untersucht werden.

Die Autoren geben an, dass kein Interessenkonflikt besteht.

Die Autoren geben an, dass ein positives Ethikvotum vorliegt.


Literatur

1.
Gematik. Anwendungen. Notfalldaten. [abgerufen am 13.07.2020]. Verfügbar unter: https://www.gematik.de/anwendungen/notfalldaten/ External link
2.
Haserück A. Elektronischer Heilberufsausweis: Eintrittskarte zur Datenautobahn. Dtsch Arztebl. 2020; 117(27-28): A-1365 / B-1165