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Einfluss des Notfalldatensatzes auf die notärztliche Versorgung bei internistischen Notfällen – Ergebnis zweier Simulationsstudien
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Published: | February 26, 2021 |
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Hintergrund: Durch das E-Health-Gesetz haben Patienten seit Anfang 2019 Anspruch darauf, für den Notfall wichtige Daten in Form eines Notfalldatensatzes [1] auf ihrer elektronischen Gesundheitskarte speichern zu lassen. Die Einführung der dafür notwendigen technischen Infrastruktur ist derzeit in Vorbereitung [2]. Im Rahmen des Projekts T.I.M.E. wurde der Effekt des Notfalldatensatzes in der präklinischen Behandlung untersucht, indem Diagnose und Therapieentscheidungen sowie die Vollständigkeit der anschließenden Übergabe in simulierten Rettungseinsätzen mit und ohne vorliegenden Notfalldatensatz verglichen wurden.
Methoden: Es wurden zwei Simulationsstudien durchgeführt, in denen insgesamt 72 Notärzte mit jeweils zwei verschiedenen internistischen Notfallsituationen konfrontiert wurden, die von Schauspielern als Patienten und deren Angehörige dargestellt wurden. Beide Studien wurden mit einem Cross-over-Design durchgeführt, so dass den Notärzten in nur einer der beiden Situationen ein Notfalldatensatz zur Verfügung stand. Als Kontrolle dienten Szenarien, in denen sich Informationen im Umfeld des Patienten finden ließen (z.B. Medikamentenschachteln, Arztbriefe) bzw. in denen keine weiteren Informationen vorlagen. Die Rettungseinsätze sowie die anschließende übergabe wurden auf Video aufgezeichnet und hinsichtlich zuvor definierter Zielparameter analysiert. Primäre Zielgröße beider Studien war das Vermeiden zuvor als unerwünscht definierter therapeutischer Maßnahmen (ja/nein). Zudem wurde an die Probanden im Anschluss an die Simulation ein Fragebogen zum Notfalldatensatz ausgehändigt. Die Analyse erfolgte mit statistischen Methoden für Cross-over-Designs wie dem exakten Test nach Prescott. Abgesehen von der konfirmatorischen Analyse des primären Endpunkts in der jeweiligen Studie sind die Analysen als explorativ zu verstehen.
Ergebnisse: In beiden Studien wurden bei Verfügbarkeit eines Notfalldatensatzes die für die weitere Behandlung entscheidenden Informationen deutlich häufiger erkannt (78% vs. 18%, p < 0,001). Ein Einfluss auf vorab als zu vermeidend definierter Behandlungsoptionen konnte nicht festgestellt werden (49% vs. 43%, p > 5%). Es gab keine Hinweise auf einen Einfluss des Notfalldatensatzes auf die Dauer des Rettungseinsatzes. Die bei der übergabe des Patienten genannten oder dokumentierten Informationen waren vollständiger, wenn dem Notarzt während der Behandlung der Notfalldatensatz vorlag. Die Notärzte beurteilten den Notfalldatensatz als gut verständlich (91%) und schätzten den Nutzen für die Diagnostik und Therapie als hoch ein (91%). Als gewünschtes Medium wurde überwiegend die Speicherung des Notfalldatensatzes auf der elektronischen Gesundheitskarte genannt (74%), gefolgt von einer einfachen Papierversion (68%).
Zusammenfassung: Der Notfalldatensatz erleichtert das Erlangen von validen Informationen, die für eine adäquate (präklinische) Versorgung entscheidend sein können, ohne die Behandlung zu verzögern. Der tatsächliche Effekt auf die Versorgungsqualität sollte anhand von Daten aus der tatsächlichen Praxis untersucht werden.
Die Autoren geben an, dass kein Interessenkonflikt besteht.
Die Autoren geben an, dass ein positives Ethikvotum vorliegt.