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64. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie e. V. (GMDS)

Deutsche Gesellschaft für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie

08. - 11.09.2019, Dortmund

Identifikation von Anforderungen an interdisziplinäre IT-Lösungen zur Verbesserung der intersektoralen Zusammenarbeit

Meeting Abstract

  • Max W. Seitz - Institut für Medizinische Biometrie und Informatik, Universität Heidelberg, Heidelberg, Germany
  • Sanaz Dehghanpour - Universität Heidelberg, Heidelberg, Germany
  • Stefan Listl - Universitätsklinikum Heidelberg, Heidelberg, Germany
  • Christian Haux - Universität Heidelberg, Heidelberg, Germany
  • Petra Knaup - Institute of Medical Biometry and Informatics, Heidelberg University Hospital, Heidelberg, Germany

Deutsche Gesellschaft für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie. 64. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie e.V. (GMDS). Dortmund, 08.-11.09.2019. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2019. DocAbstr. 282

doi: 10.3205/19gmds168, urn:nbn:de:0183-19gmds1681

Published: September 6, 2019

© 2019 Seitz et al.
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Text

Einleitung: Die interdisziplinäre Zusammenarbeit von Haus- und Zahnärzten scheint signifikantes Verbesserungspotential zu bieten [1]. Obwohl bereits zahlreiche Erkrankungszusammenhänge [2] zwischen den Disziplinen bekannt sind, mangelt es bei der Behandlung von Patienten, welche eine Kombination aus chronisch systemischer und Zahnerkrankung aufweisen, an Koordination zwischen den Fachbereichen [3].

Das Dent@Prevent Projekt [4] zielt darauf ab, die Zusammenarbeit zwischen Haus- und Zahnärzten durch den Einsatz einer mobilen Applikation für Patienten und eines Entscheidungsunterstützungssystems für Ärzte zu verbessern.

In diesem Abstract wird die Durchführung von Fokusgruppen mit Haus- und Zahnärzten beschrieben, um Limitationen in der Zusammenarbeit und anwenderorientierte Einsatzmöglichkeiten von IT-Lösungen zu bestimmen.

Methodik:

Drei Fokusgruppendiskussionen wurden durchgeführt mit:

  • Experten für zahnmedizinisch/chronisch systemische Erkrankungszusammenhänge, um relevante Interaktionspunkte zu sondieren.
  • Hausärzten der Leitliniengruppe Hessen.
  • Zahnärzten rekrutiert mit Unterstützung der ‚Akademie für Zahnärztliche Fortbildung Karlsruhe‘.

Die Themenschwerpunkte in den Fokusgruppen waren:

  • Wie ist der Wissensstand der Haus- und Zahnärzte über chronisch systemisch/zahnmedizinische Erkrankungszusammenhänge?
  • Wie ist die aktuelle Interaktion zwischen Haus- und Zahnärzten?
  • Welche Anforderungen sollten IT-Lösungen zur Verbesserung der intersektoralen Zusammenarbeit erfüllen?

Die Gespräche in den Fokusgruppen wurden aufgezeichnet und transkribiert. Die Transkripte wurden mit der Software MAXQDA [5] einer qualitativen Inhaltsanalyse [6] unterzogen und ausgewertet. „Limitationen und Probleme“ in der intersektoralen Versorgung wurde als Oberkategorie deduktiv vorgegeben und weitere Kategorien, während der Analyse induktiv hinzugefügt.

Ergebnisse: Die meisten Codings wurden den Kategorien „Limitationen und Probleme“ (151), „GP-ZA-Interaktion“ (46) und „Verbesserungspotential“ (34) zugeteilt. Als wichtige Grundlage für eine Intensivierung der Zusammenarbeit betrachten beide Ärztegruppen, dass ein konkreter Nutzen für Patienten erwiesen ist und bewährte Prozesse nicht beeinträchtigt werden. Als hilfreich wird eine gemeinsame Plattform erachtet, welche die Kommunikation zwischen Ärzten und Patienten verbessert.

Weitere Anforderungen und Funktionen wurden aus den Codings der qualitativen Inhaltsanalyse bestimmt:

  • Überweisungsvorlagen
  • Erinnerungen für Patienten
  • Priorisierung der Informationen
  • Integration in das Praxisinformationssystem
  • Feedback und Austausch des aktuellen Behandlungsstatus
  • Integration validierter Risikofragebögen zur Identifikation von Risikopatienten
  • Digitalisierung von beiderseitig benötigten medizinischen Dokumenten (Diabetespass/Medikationsplan)
  • (Flexible/Adaptive) Erhebung des erweiterten Anamnesebogens und weiterer Informationen (Dokumentation)
  • Erweiterung bewährter Strukturen (z.B. Einfügen von interdisziplinär relevanten Daten in den verwendeten Diabetespass)
  • Empfehlungen und Zusatzinformationen zur Patientenbehandlung (bspw. Informationen über Erkrankungszusammenhänge)

Diskussion: Interdisziplinäre Informationssysteme haben das Potential, die Kommunikation zwischen Haus- und Zahnärzten zu verbessern. Um dies zu erreichen muss der Nutzen (insbesondere für Patienten) klar erwiesen sein. Die Software sollte dabei so in den Behandlungsalltag integriert werden, dass kein zusätzlicher Aufwand für Praktizierende entsteht.

Ein zentraler Aspekt hierfür ist eine verbesserte Patientenpartizipation. Durch die Angabe von patientenberichteten Informationen über eine mobile Applikation können relevante Informationen gesammelt und den Ärzten während der Anamnese zur Verfügung gestellt werden. Allerdings ist ungewiss, inwieweit Ärzte patientenberichteten Informationen vertrauen und darauf eingehen.

Die Fokusgruppen wurden getrennt durchgeführt, da die Fachbereiche auch im Alltag autark arbeiten und sich nicht in Ihren Aussagen beeinflussen sollten.

Die Anforderungen an Software zur intersektoralen Versorgung sind vielfältig und können nicht für mehrere Fachgebiete pauschalisiert werden. Für unterschiedliche Fachgebiete sollten spezifische Anforderungsprofile erstellt werden.

Förderung: Das dieser Veröffentlichung zugrundliegende Projekt wurde mit Mitteln des Innovationsausschusses beim Gemeinsamen Bundesausschuss unter dem Förderkennzeichen 01VSF16052 gefördert.

Die Autoren geben an, dass kein Interessenkonflikt besteht.

Die Autoren geben an, dass kein Ethikvotum erforderlich ist.


Literatur

1.
Petersen PE. The World Oral Health Report 2003: continuous improvement of oral health in the 21st century – the approach of the WHO Global Oral Health Programme. Community Dentistry and oral epidemiology. 2003 Dec;31:3-24.
2.
Linden GJ, Lyons A, Scannapieco FA. Periodontal systemic associations: review of the evidence. Journal of clinical periodontology. 2013 Apr;40:8-19.
3.
Sippli K, Rieger MA, Huettig F. GPs’ and dentists’ experiences and expectations of interprofessional collaboration: findings from a qualitative study in Germany. BMC health services research. 2017 Dec;17(1):179.
4.
Seitz MW, Haux C, Knaup P, Schubert I, Listl S. Approach Towards an Evidence-Oriented Knowledge and Data Acquisition for the Optimization of Interdisciplinary Care in Dentistry and General Medicine. Studies in health technology and informatics. 2018;247:671-647.
5.
MAXQDA. The art of data analysis. [Accessed 03 April 2019]. Available from: https://www.maxqda.de/ External link
6.
Mayring P. Qualitative Inhaltsanalyse. Grundlagen und Techniken. 12. Aufl. Weinheim, Basel: Beltz Verlag; 2015.