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64. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie e. V. (GMDS)

Deutsche Gesellschaft für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie

08. - 11.09.2019, Dortmund

Testung der erweiterten Alpha-ID-SE zur Kodierung von seltenen Erkrankungen

Meeting Abstract

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  • Sarah Romahn - Deutsches Institut für Medizinische Dokumentation und Information (DIMDI), Köln, Germany
  • Kurt Kirch - Deutsches Institut für Medizinische Dokumentation und Information (DIMDI), Köln, Germany
  • Stefanie Weber - Deutsches Institut für Medizinische Dokumentation und Information (DIMDI), Köln, Germany

Deutsche Gesellschaft für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie. 64. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie e.V. (GMDS). Dortmund, 08.-11.09.2019. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2019. DocAbstr. 228

doi: 10.3205/19gmds129, urn:nbn:de:0183-19gmds1293

Published: September 6, 2019

© 2019 Romahn et al.
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Hintergrund: Die Europäische Union definiert eine Erkrankung als selten, wenn nicht mehr als 5 von 10.000 Menschen an ihr erkrankt sind. Allein in Deutschland leiden Expertenschätzungen zufolge etwa 4 Millionen Menschen, darunter vor allem Kinder, an einer Seltenen Erkrankungen (SE). EU-weit sollen circa 30 Millionen betroffen sein [1], [2]. Trotz dieser geschätzten verhältnismäßig hohen Zahlen sind SE aus epidemiologischer Perspektive kaum sichtbar und eine Beurteilung der Bedeutung in Gesundheitssystemen nicht umfänglich möglich [3], da eine einheitliche spezifische und eindeutige Kodierung bisher nicht etabliert ist.

In Deutschland erfolgt die Routinekodierung durch die ICD-10-GM, die nur wenige spezifische Kodes für SE enthält. Die Spezifität in der Kodierung soll daher über eine Verknüpfung der Klassifikationen ICD-10-GM und Orpha-Kennnummer erreicht werden [4]. Orphanet, ein europäisches Referenzportal mit Informationen über SE und Orphan Drugs, ordnet jeder SE eine spezifische Orpha-Kennnummer (Orphacode) zu. Durch diesen Orphacode könnte eine eindeutige Kodierung von SE erfolgen [5].

Im Rahmen der vom Bundesgesundheitsministerium finanzierten DIMDI-Projekte „Kodierung von Seltenen Erkrankungen I&II“ wurde zunächst das notwendige Kodier-Werkzeug, also die Verknüpfung der Klassifikationssysteme durch eine Erweiterung der Alpha-ID [6], entwickelt. Anschließend wurde die Implementierung in ausgewählten Zentren für Seltene Erkrankungen (ZSE) getestet.

Projektziele: Ziel des Projektes „Kodierung von Seltenen Erkrankungen II“ ist es, eindeutige Aussagen zur SE-Patientenzahl durch Verbesserung der Kodierung von SE zu ermöglichen. Ausgewählte ZSE sollen die Implementierung der erweiterten Alpha-ID in der Routineanwendung testen und anschließend eine Empfehlung für das langfristige Vorgehen zur Kodierung entwickeln. Darüber hinaus sollen Schulungsmaterialien erarbeitet werden, die zu standardisierten Kodier-Abläufen sowie einer anwenderfreundlichen Nutzung der erweiterten Alpha-ID-SE führen sollen.

Methodik: In vier Referenzzentren wird die Implementierung der erweiterten Alpha-ID-SE in die bestehenden IT-Strukturen getestet. In enger Zusammenarbeit mit dem DIMDI wurden Ergebnisse, wie beispielsweise der Vergleich der Implementierungswege, zusammengetragen. Auf Grundlage dieser Ergebnisse und Erfahrungen der Testzentren wurde eine Empfehlung zur langfristigen Verwendung des Datensatzes und Schulungsmaterialien für Kodierende und Softwarehersteller entwickelt.

Diskussion und Ausblick: Aus technischer Sicht war die Implementierung der erweiterten Alpha-ID in das Krankenhausinformationssystem des jeweiligen ZSE möglich und das zur Verfügung gestellte Dateiformat für den Anwendungszweck strukturell gut geeignet. Die Vertreterinnen und Vertreter der Testzentren sind sich über Chancen und Nutzen, die die spezifische Kodierung von SE bietet, einig: die hiermit erreichte Sichtbarkeit von SE führt zu repräsentativen Fallzahlen, welche die Grundlage für epidemiologische Forschung darstellen können. Weiterhin wäre die Rekrutierung geeigneter Probanden und Probandinnen zu SE-Studien gezielter auch zentrumsübergreifend möglich, wodurch die Erforschung von Diagnostik und Therapie verbessert werden könnte. Zusätzlich wird die internationale Interoperabilität bei der Erfassung von SE ermöglicht. Nicht zuletzt wäre die Durchführung von Analysen zur Kostenverteilung auf verschiedene SE zentrumsintern denkbar, welche im Einzelfall von erheblicher Bedeutung für eine Zentrumsfinanzierung sein könnten.

Die teilnehmenden Zentren empfehlen eine verpflichtende Anwendung der Kodierung von SE mittels ICD-10-GM und Orpha-Kennnummer für ZSE. Eine Vervollständigung der Alpha-ID-SE sowie die konsequente Verwendung von Orpha-Kennnummern zur Kodierung sind in diesem Zusammenhang von hoher Relevanz und werden von den Zentren ausdrücklich gewünscht.

In Zusammenarbeit mit den Testzentren hat das DIMDI eine Schulungspräsentation, Flyer für Kodierende und Softwarehersteller sowie eine Empfehlung zur weiteren Anwendung der Alpha-ID-SE entwickelt.

Die Autoren geben an, dass kein Interessenkonflikt besteht.

Die Autoren geben an, dass kein Ethikvotum erforderlich ist.


Literatur

1.
Bundesgesundheitsministerium. Seltene Erkrankungen. 2018 [Accessed 12 April 2019]. Available from: https://www.bundesgesundheitsministerium.de/themen/praevention/gesundheitsgefahren/seltene-erkrankungen.html External link
2.
Deutscher Ethikrat. Herausforderungen im Umgang mit seltenen Erkrankungen – Ad-Hoc Empfehlung. 2018 [Accessed 12 April 2019]. Available from: https://www.ethikrat.org/fileadmin/Publikationen/Ad-hoc-Empfehlungen/deutsch/herausforderungen-im-umgang-mit-seltenen-erkrankungen External link
3.
Gießelmann K, Richter-Kuhlmann E. Seltene Erkrankungen: Noch immer Waisen der Medizin. Deutsches Aerzteblatt. 2019; 116(11): A-508/B-415/C-411. Available from: https://www.aerzteblatt.de/archiv/206085/Seltene-Erkrankungen-Noch-immer-Waisen-der-Medizin External link
4.
Marx MM, Dulas FM, Schumacher KM. Verbesserung der Sichtbarkeit seltener Erkrankungen in Gesundheitssystemen durch spezifische Routinekodierung. Bundesgesundheitsblatt - Gesundheitsforschung - Gesundheitsschutz. 2017 May 1;60(5):532-6.
5.
Bundesgesundheitsministerium. Kodierung von Seltenen Erkrankungen. 2019 [Accessed 29 May 2019]. Available from: https://www.bundesgesundheitsministerium.de/themen/praevention/gesundheitsgefahren/seltene-erkrankungen/kodierung-von-seltenen-erkrankungen.html External link
6.
Deutsches Institut für Medizinische Dokumentation und Information (DIMDI). Alpha-ID. 2019 [Accessed 29 May 2019]. Available from: https://www.dimdi.de/dynamic/de/klassifikationen/icd/alpha-id/ External link