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64. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie e. V. (GMDS)

Deutsche Gesellschaft für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie

08. - 11.09.2019, Dortmund

Kardiovaskuläre und endokrine Parameter bei Jugendlichen aus künstlicher Zeugung (ICSI)

Meeting Abstract

  • Nora Eisemann - Universität zu Lübeck, Lübeck, Germany
  • Susanne Elsner - Universität zu Lübeck, Lübeck, Germany
  • Barbara Sonntag - Facharztzentrum für Kinderwunsch, Pränatale Medizin, Endokrinologie und Osteologie, amedes experts Hamburg, Hamburg, Germany
  • Annika K. Ludwig - Praxis für Frauengesundheit und Pränatalmedizin, Hamburg, Germany
  • Michael Ludwig - Praxis für Frauengesundheit und Pränatalmedizin, Hamburg, Germany
  • Alexander Katalinic - Universität zu Lübeck, Lübeck, Germany

Deutsche Gesellschaft für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie. 64. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie e.V. (GMDS). Dortmund, 08.-11.09.2019. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2019. DocAbstr. 73

doi: 10.3205/19gmds109, urn:nbn:de:0183-19gmds1091

Published: September 6, 2019

© 2019 Eisemann et al.
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Text

Einleitung: Bei unerfülltem Kinderwunsch ist die häufigste Methode der künstlichen Befruchtung die Intrazytoplasmatische Spermieninjektion (ICSI). Bei durch ICSI gezeugten Kindern ist das Risiko für Fehlbildungen und Schwangerschaftskomplikationen erhöht. Mögliche Ursachen sind die elterliche Subfertilität und die Methode selbst. Es gibt zudem Hinweise auf ein späteres erhöhtes Risiko für kardiovaskuläre Krankheiten, und insbesondere bei männlichen ICSI Nachkommen wird ein erhöhtes Risiko für Subfertilität diskutiert.

Methoden: Die ICSI-Studie ist eine prospektive kontrollierte Studie. In der dritten Beobachtungswelle befinden sich die Kinder bereits im Jugendalter (14-17 Jahre). Zwei Themen-Schwerpunkte dieser Erhebung sind Parameter zur kardiovaskulären Gesundheit und zu reproduktiven Hormonen. Daten hierzu wurden in ärztlichen Untersuchungen, Blutuntersuchungen und Fragebögen bei Jugendlichen und ihren Müttern erhoben. Mehrlinge wurden ausgeschlossen.

Der Vergleich der ICSI-Gruppe mit der Kontroll-Gruppe wurde mittels linearer Regressionsmodelle mit unterschiedlichen Adjustierungen für potentielle Störgrößen (Alter, BMI, mütterlicher und väterlicher BMI, körperliche Aktivität, Diabetes bei Mutter oder Vater, Blutdruck der Mutter, Bluthochdruck bei Mutter oder Vater, Taillen-Hüft-Verhältnis, hormonelle Kontrazeption, Rauchen, Alkoholkonsum, Alter bei Menarche) durchgeführt. Alle Vergleiche wurden separat für weibliche und männliche Jugendliche durchgeführt.

Ergebnisse: Von 992 angeschriebenen ICSI-Einlingen und ihren Müttern nahmen 274 Mutter-Kind-Paare an der medizinischen Untersuchung inkl. Fragebogen und davon 272 an der Blutuntersuchung teil (Kontrollen: beides 273 von 4125).

Die ICSI- und die Kontrollgruppe sind in ihrer Alters- und Geschlechtsverteilung sehr ähnlich. In den Lebensstilfaktoren gibt es signifikante Unterschiede: die weiblichen Jugendlichen der ICSI-Gruppe nehmen signifikant häufiger hormonelle Verhütungsmittel, und die männlichen Jugendlichen der ICSI-Gruppe trinken mehr Alkohol und treiben mehr Sport als die Jugendlichen aus der Kontrollgruppe.

Die Parameter der allgemeinen körperlichen Entwicklung (Körpergewicht und -größe, BMI, Taillen- und Hüftumfang, Taillen-Hüft-Verhältnis) der weiblichen ICSI- bzw. Kontroll-Jugendlichen unterscheiden sich nicht signifikant. Die männlichen ICSI-Jugendlichen hingegen haben im Mittel einen signifikant höheren BMI, einen signifikant größeren Hüft- und Taillenumfang und ein signifikant ungünstigeres Taillen-Hüft-Verhältnis als die Kontrollen.

Hinsichtlich kardiovaskulärer Meßwerte sind der mittlere diastolische Blutdruck bei männlichen ICSI-Jugendlichen signifikant, und der systolische Blutdruck tendenziell niedriger als in der Kontrollgruppe.

Im Glukose-Insulin-Stoffwechsel (c-Peptid, Glukose, HbA1c), Lipidstoffwechsel (Cholesterin gesamt, HDL-Cholesterin, LDL-Cholesterin, Triglyzeride) sowie bei der Leberfunktion (ASAT, ALAT, alkalische Phosphatase) finden sich kaum Unterschiede. Allein die mittleren HDL-Cholesterin-Werte der weiblichen ICSI-Jugendlichen sind signifikant niedriger als bei ihren Kontrollen.

Die Hormonlevel (Östrogen, Testosteron, Testosteron-Östrogen-Quotient, LH, FSH, SHBG, FAI, Inhibin-B, AMH) zeigen bei den weiblichen Jugendlichen keine signifikanten Unterschiede zwischen den Gruppen, wobei die Varianz der Beobachtungen aufgrund der Zyklusabhängigkeit der Hormone sehr groß ist. Bei den männlichen ICSI-Jugendlichen ist der Östrogenspiegel tendenziell erhöht und der Testosteron-Östrogen-Quotient signifikant niedriger als bei ihren Kontrollen.

Diskussion: Die Unterschiede in den kardiovaskulären und hormonellen Parametern von ICSI-gezeugten versus spontan gezeugten Kindern sind nach Adjustierung gering. Signifikante Unterschiede wurden bei den männlichen Jugendlichen nur für die gewichtsbezogenen Parameter (zugunsten der Kontrollgruppe) sowie den diastolischen Blutdruck (niedriger in ICSI-Gruppe) und den Testosteron-Östrogen-Quotienten (niedriger in ICSI-Gruppe), und bei den weiblichen Jugendlichen für die HDL-Cholesterin-Werte (niedriger in ICSI-Gruppe) gefunden. Inwieweit die Unterschiede für die spätere kardiovaskuläre Gesundheit und für die Fertilität klinisch relevant sind, muss noch weiter spezifiziert werden.

Die Autoren geben an, dass kein Interessenkonflikt besteht.

Die Autoren geben an, dass ein positives Ethikvotum vorliegt.