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64. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie e. V. (GMDS)

Deutsche Gesellschaft für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie

08. - 11.09.2019, Dortmund

Wie verbreitet ist der Bluetooth Low Energy (BLE) Standard in mHealth? Pilotevaluation von BLE Smartphone-Anwendungen in Bezug auf Standardkonformität

Meeting Abstract

  • Philipp Neuhaus - Westfälische Wilhelms-Universität, Münster, Germany
  • Michael Storck - Westfälische Wilhelms-Universität, Münster, Germany
  • Fabian Kübler - Westfälische Wilhelms-Universität, Münster, Germany
  • Martin Dugas - Westfälische Wilhelms-Universität, Münster, Germany
  • Tobias Brix - Westfälische Wilhelms-Universität, Münster, Germany

Deutsche Gesellschaft für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie. 64. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie e.V. (GMDS). Dortmund, 08.-11.09.2019. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2019. DocAbstr. 200

doi: 10.3205/19gmds082, urn:nbn:de:0183-19gmds0824

Published: September 6, 2019

© 2019 Neuhaus et al.
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Text

Einleitung: Der Bluetooth-Standard und vor allem die „Low energy“-Variante BLE erfreuen sich bei der kabellosen Übertragung von Medizinprodukten für Verbraucher großer Beliebtheit. 2022 sollen 97% aller Bluetooth Chips und 100% aller Smartphones BLE unterstützen [1]. Die große Verbreitung macht BLE für Hersteller für die Übertragung von Vitalfunktionen besonders attraktiv. Viele medizinische Sensoren, wie beispielsweise Blutdruck- oder Herzfrequenzmessgeräte, benutzen bereits heute BLE, um die gemessenen Daten an mHealth Anwendungen auf dem Smartphone der Konsumenten zu übertragen. Das Bluetooth-Konsortium hat bei der Spezifizierung der BLE-Standard-Profile zur Übertragung verschiedener Vitalzeichen oftmals auf die ISO/IEEE 11073 zurückgegriffen. Eine genaue Umsetzung des Standards garantiert dem Nutzer zum einen eine fehlerfreie und korrekte Übertragung der Daten, zum anderen gibt es ihm die Möglichkeit Messgeräte und Anwendungen verschiedener Hersteller frei zu kombinieren. Ziel dieser Arbeit war die Evaluation verschiedener mHealth Anwendungen auf Konformität mit dem BLE-Standard.

Methode: Mit Hilfe eines standardkonformen BLE-Simulators wurden verschiedene Anwendungen aus dem Google Play Store evaluiert. Hierbei beschränkt sich die Evaluation auf die Anwendungsschicht nach dem OSI Referenzmodell [2]. Zunächst wurde überprüft, ob eine BLE-konforme Verbindung mit dem Simulator möglich ist. Wenn dies der Fall war, wurde die Datenübertragung, Speicherung und Visualisierung überprüft. Zusätzlich zu den Tests auf Einhaltung des BLE-Standards wurden für verschiedene Services (Körpertemperatur, Herzfrequenz, Blutdruck, Körpermaße, Glukosewert und Pulsoxymetrie) jeweils medizinisch normale, zu niedrige, zu hohe, unrealistische (tödlich) und fehlende Werte übertragen und untersucht, wie die Anwendung darauf reagierte.

Ergebnisse: Die Suchanfrage nach BLE-fähigen mHealth Anwendungen ergab über 350.000 Treffer. Hiervon wurden im Rahmen der Evaluation die ersten 70 Anwendungen in Betracht gezogen. Nach einer manuellen Vorauswahl wurden 24 Anwendungen direkt verworfen, da sie entweder kein BLE unterstützten oder aus technischen Gründen nicht evaluiert werden konnten. Von den getesteten 46 Anwendungen konnten sich nur 30% (14/46) BLE-konform für mindestens einen Service mit dem Simulator verbinden. 13% (6/46) erfüllten die Spezifikation ihrer Services komplett. Weitere 13% (6/46) hatten kleinere Fehler und Ungenauigkeiten in der Umsetzung. Nur 20% (9/46) zeigten Warnungen bei medizinisch auffälligen Werten.

Diskussion: 70% der BLE Anwendungen konnten sich nicht BLE-konform mit dem Simulator verbinden und nur 13% erfüllten die Spezifikation ihres angebotenen Service vollständig. Häufige Ursachen für Fehler in der Implementierung waren kein oder fehlerhafter Support von 16-Bit Messwerten und verworfene Daten, die mittels „Notification“ und nicht „Indication“ übertragen wurde. Da der Unterschied nur ein Acknowledgement der übertragenen Nachricht vom Client an den Server ist, sollte in der Entwicklung von Anwendungen möglichst diese Schnittstelle für die Übertragung gewählt werden. Die Evaluation zeigt eindeutig, dass zwar viele Hersteller BLE als Protokoll für die Übertragung von Vitalfunktionen verwenden, sich aber meist nicht in notwendigem Umfang an den Standard halten. Eine mögliche Ursache ist die erzwungene Kundenbindung, da die angebotenen Bluetooth-Geräte nur mit der eigenen Firmenanwendung genutzt werden können. Aus Sicht des Verbrauchers und generell bezogen auf die Interoperabilität von mHealth ist der aktuelle Stand der Entwicklung sehr kritisch zu bewerten. Zukünftig ist in einer größeren Studie die Evaluation weiterer Anwendungen geplant. Hierbei sollen auch Anwendungen aus dem iOS App Store getestet werden, um systematische Unterschiede zu Android zu untersuchen.

Die Autoren geben an, dass kein Interessenkonflikt besteht.

Die Autoren geben an, dass kein Ethikvotum erforderlich ist.


Literatur

1.
Bluetooth Special Interest Group. Bluetooth Market Update, 2018. [Accessed 16 July 2019]. Available from: https://www.bluetooth.com/markets/market-report External link
2.
Zimmermann H. OSI reference model - the ISO model of architecture for open systems interconnection. IEEE Transactions on communications. 1980 Apr;28(4):425-32. DOI: 10.1109/TCOM.1980.1094702 External link