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64. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie e. V. (GMDS)

Deutsche Gesellschaft für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie

08. - 11.09.2019, Dortmund

Entwicklung eines Informationssystems zur kommunalen Psychiatrieberichterstattung (K-PBE)

Meeting Abstract

  • Hermann Elgeti - Region Hannover – Dezernat für soziale Infrastruktur, Hannover, Germany
  • Clara Zoe Fricke - Medizinische Hochschule Hannover - Zentrum für Informationsmanagement, Hannover, Germany
  • Jannes Perberschlager - Medizinische Hochschule Hannover - Zentrum für Informationsmanagement, Hannover, Germany
  • Stefan Schmidt - Medizinische Hochschule Hannover - Zentrum für Informationsmanagement, Hannover, Germany
  • Jens Steinmeyer - Medizinische Hochschule Hannover - Zentrum für Informationsmanagement, Hannover, Germany
  • Oliver Johannes Bott - Hochschule Hannover, Hannover, Germany

Deutsche Gesellschaft für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie. 64. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie e.V. (GMDS). Dortmund, 08.-11.09.2019. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2019. DocAbstr. 236

doi: 10.3205/19gmds048, urn:nbn:de:0183-19gmds0488

Published: September 6, 2019

© 2019 Elgeti et al.
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Text

Hintergrund und Zielsetzung: 45 Jahre nach der Psychiatrie-Enquete von 1975 mangelt es weiterhin an einer kommunalen Psychiatrieberichterstattung (K-PBE) zur Unterstützung der Qualitätsentwicklung des Hilfesystems vor Ort [1]. 1998 haben Landeshauptstadt und Landkreis Hannover, mittlerweile zur Region Hannover zusammengeschlossen, einen gemeinsamen Sozialpsychiatrischen Verbund (SpV) gegründet und eine Psychiatrieberichterstattung eingeführt [2]. Im Auftrag der Region entwickelten die Autoren ein EDV-Programm zur Eingabe und Auswertung der von den teilnehmenden Einrichtungen nach den Empfehlungen des Landesfachbeirates Psychiatrie Niedersachsen auf einheitlichen Datenblättern (DB A-C) erbetenen statistischen Angaben [3].

Material und Methoden: Ausgehend von der papierbasierten Erhebung mittels DB A-C wurde ein Datenmodell entwickelt, um folgende Basisdaten zu psychiatrischen Hilfsangeboten abzubilden:

  • DB A: pro Einrichtungsträger Angaben zu dessen Hilfsangeboten, jeweils mit Kostenträger, Leistungsart, Platzzahl und Einzugsgebiet,
  • DB B: pro Hilfsangebot Angaben zu Zahl und Kosten der belegten Plätze sowie zu Umfang und Qualifikation des eingesetzten Personals zum 31.12. des Berichtsjahres,
  • DB C: pro im Berichtsjahr in einem Hilfsangebot betreuter Person Angaben zu Geschlecht, Alter und Wohnort, zur Betreuungsdauer und ggf. auch zu Versorgungskombinationen. Erhoben werden weiterhin acht soziodemografisch und psychiatrisch relevante Merkmale, aus denen sich ein multidimensionaler psychosozialer Risikoscore (psR) ermitteln lässt.

Aus diesen Daten berechnet das EDV-Programm 19 Kennzahlen zu jedem Hilfsangebot bzw. der betreuten Nutzergruppe; gleiches gilt für Angebotsformen, die Hilfsangebote ähnlicher Ausrichtung zusammenfassen. Sechs Kennzahlen zu Sozialstruktur und Siedlungsdichte der 11 Versorgungssektoren werden mithilfe kleinräumiger Basisdaten der Statistikämter berechnet, drei weitere betreffen die in einer Angebotsform pro 100.000 Einwohner verfügbaren Plätze und eingesetzten Fachkräfte sowie die entsprechende Inanspruchnahmeziffer des Versorgungssektors.

Das Anwendungssystem wurde als Teil eines umfassenden sozialpsychiatrischen Informationssystems (SIM) entwickelt, dass auch die Landespsychiatrieberichtserstattung Niedersachsens unterstützt [4]. Die relationale Datenbank des SIM wurde mit MS SQL Server umgesetzt, das auf MS Access basierende Eingabesystem wird Nutzern der Sozialpsychiatrischen Dienste über Anwendungsvirtualisierung zur Verfügung gestellt. Ergänzend steht den Nutzern eine mit MS Access entwickelte Auswertungskomponente zur Verfügung, die aus den Basisdaten die Kennzahlen zur Beurteilung der Versorgungs- und Behandlungssituation der betreuten Patienten ableitet. Zur Information über das Projekt sowie zur Schulungsunterstützung wird aktuell eine Website erstellt mit Tutorials zur Handhabung der Eingabe- und Auswertungskomponente [5].

Ergebnisse: Der Kennzahlenvergleich zwischen verschiedenen Angebotsformen sowie den Hilfsangeboten innerhalb einer Angebotsform für ein Berichtsjahr und im Verlauf der Jahre liefert wertvolle Erkenntnisse für die Versorgungsplanung [6]. So kann der Zielgruppenbezug eines Hilfsangebot anhand des psR-Durchschnittswerts seiner Nutzergruppe überprüft werden. Wo sich alle Hilfsangebote einer Angebotsform aufgrund verbindlicher Vorgaben an der Datenerhebung beteiligen, lassen sich auch regionale Ungleichheiten bei deren Verfügbarkeit und Inanspruchnahme ermitteln. Die Auswertungsergebnisse werden den Gremien des SpV erläutert und im jährlich fortgeschriebenen Sozialpsychiatrischen Plan der Region Hannover veröffentlicht [7].

Diskussion und Ausblick: Das für die K-PBE der Region Hannover entwickelte und in Niedersachsen landesweit empfohlene Konzept ist bundesweit einzigartig und hat sich in der Umsetzung bewährt. Es steht auch anderen Kommunen zur Verfügung und wurde vom Land Vorarlberg (Österreich) übernommen [8]. Eine vollständige Beteiligung erhöht die Aussagekraft der Ergebnisse, gelingt aber nur dort, wo der Kostenträger entsprechende Vorgaben macht. Mit regelmäßigen Schulungsangeboten sollten die Einrichtungsträger weiterhin motiviert werden, das EDV-Programm zu nutzen.

Die Autoren geben an, dass kein Ethikvotum erforderlich ist.


Literatur

1.
Elgeti H. Regionale Koordination in der Psychiatrie. Forum Public Health. 2014;22(82):38.e1-e4.
2.
Elgeti H. Die Wege zur regionalen Psychiatrieberichterstattung sind lang – Ein Werkstattbericht aus Hannover über die Jahre 1997-2007. In: Elgeti H, editor. Psychiatrie in Niedersachsen – Jahrbuch 2008. Bonn: Psychiatrie-Verlag; 2007. p. 133-147.
3.
Landesfachbeirat Niedersachsen. Dokumentationsempfehlungen des Landesfachbeirates Psychiatrie Niedersachsen für die Arbeit der Sozialpsychiatrischen Verbünde in Niedersachsen (2004). In: Elgeti H, Piel A, editors. Psychiatrie in Niedersachsen – Jahrbuch 2017/18. Köln: Psychiatrie-Verlag; 2018. p. 180-188.
4.
Bott Oliver, Perberschlager J, Schmidt S, Steinmeyer J, Elgeti H. Entwicklung eines Informationssystems zur Landespsychiatrieberichterstattung in Niedersachsen. In: Deutsche Gesellschaft für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie (GMDS), Hrsg. 63. Jahrestagung der GMDS Osnabrück, 02.-06.09.2018. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2018. DocAbstr. 236.
5.
Sozialpsychiatrisches Informationsmanagement-System (SIM). 2019 [Accessed 16 July 2019]. Available from: http://sim-nds.wp.hs-hannover.de/ External link
6.
Elgeti H. Psychiatriereform braucht gute Planung – Bund, Länder und Kommunen tragen dafür Verantwortung. Bundesgesundheitsblatt - Gesundheitsforschung - Gesundheitsschutz. 2019 Feb 6;62(2):222-9.
7.
Sozialpsychiatrischer Plan der Region Hannover. [Accessed 16 July 2019]. Available from: http://www.hannover.de/Leben-in-der-Region-Hannover/Gesundheit/Beratungsstellen/Sozialpsychiatrischer-Verbund/Sozialpsychiatrischer-Plan External link
8.
Elgeti H, Bechter E, Böckle H. Regionale Psychiatrieberichterstattung. Psychopraxis. 2010 Feb 1;13(1):24-9.