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64. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie e. V. (GMDS)

Deutsche Gesellschaft für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie

08. - 11.09.2019, Dortmund

Abhängigkeit epidemiologischer Kennzahlen von verschiedenen Bezugsgrößen am Beispiel von AlertsNet 2.0

Meeting Abstract

  • Franziska Schöneweck - Center for Sepsis Control and Care (CSCC), Universitätsklinikum Jena, Jena, Germany
  • André Scherag - Institut für Medizinische Statistik, Informatik und Dokumentation, Universitätsklinikum Jena, Jena, Germany
  • Roland Schmitz - Center for Sepsis Control and Care (CSCC), Universitätsklinikum Jena, Jena, Germany
  • Mathias Pletz - Institut für Infektionsmedizin und Krankenhaushygiene, Universitätsklinikum Jena, Jena, Germany
  • Florian Rißner - Universitätsklinikum Jena, Jena, Germany
  • Frank Brunkhorst - Zentrum für klinische Studien (ZKS), Universitätsklinikum Jena, Jena, Germany
  • Stefan Hagel - Institut für Infektionsmedizin und Krankenhaushygiene, Universitätsklinikum Jena, Jena, Germany

Deutsche Gesellschaft für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie. 64. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie e.V. (GMDS). Dortmund, 08.-11.09.2019. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2019. DocAbstr. 136

doi: 10.3205/19gmds041, urn:nbn:de:0183-19gmds0414

Published: September 6, 2019

© 2019 Schöneweck et al.
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Text

Hintergrund: Blutstrominfektionen (BSI) sind weltweit mit 43–154 Fällen pro 100.000 Einwohnern eine der häufigsten Ursachen für ambulante und nosokomiale Erkrankungen [1] und mit einer Krankenhaussterblichkeit von 2–19 Fällen pro 100.000 Einwohnern assoziiert. Hinzu kommt, dass Resistenzen bestimmter Krankheitserreger gegen verschiedene antiinfektive Wirkstoffgruppen zunehmen [2]. Daher ist eine leitliniengerechte Blutkulturabnahme zur Bestimmung der Erreger besonders wichtig, um eine adäquate Dosierung von antiinfektiven Wirkstoffen zu gewährleisten.

Ziel der Studie: AlertsNet ist ein thüringenweites populationsbasiertes Register zur Erfassung von Blutstrominfektionen und Antibiotikaresistenzen. Das Ziel ist, ein besseres Verständnis der Epidemiologie von Blutstrominfektionen und Resistenzlagen zu erhalten. Während EARS-Net oder ARMIN (Antibiotika-Resistenz-Monitoring in Niedersachsen) auf deskriptive Aussagen zu Resistenzen fokussieren, liefert AlertsNet eine breitere Perspektive. Es werden u.a. positive und negative Blutkulturbefunden sowie mikrobiologische und klinische (patientenbezogene) Daten erfasst; detailliertere, analytische Modellaussagen zu zeitlichen Trends können ermittelt werden.

Vorgeschlagene Methode: In AlertsNet werden zeitliche Änderungen der Erreger- und Resistenzlage mit Hilfe verallgemeinerter, gemischter Regressionsmodelle berechnet, wobei auch die Charakterisierung der datenliefernden Einrichtungen (z.B. Größe, Case-Mix und Krankenhaustyp) sowie Besonderheiten bei der Testung von Resistenzen einbezogen werden. Hierbei ist es möglich verschiedene Bezugspunkte für die Berechnung von Kontaminations-, Erreger- oder Resistenzraten zu setzen: Üblicherweise werden Befunde sowohl als klinisch relevant oder kontaminiert gewertet, in AlertsNet können Befunde sowohl klinisch relevant als auch kontaminiert sein. Erregerraten werden ins Verhältnis zu a) allen, b) positiven und c) klinisch relevanten Blutkulturbefunden gesetzt. Bei der Berechnung der Resistenzen steht die Einbeziehung der nicht getesteten Isolate im Vordergrund. Im Vortrag soll dargestellt werden, wie Ergebnisse von der Wahl der Bezugspunkte abhängen und welche Qualitätsindikatoren sich daraus ergeben.

Diskussionspunkte: Im Gegensatz zu anderen Ländern hat Deutschland eine Vielzahl von mikrobiologischen Laboren, die es fast unmöglich machen, ein einheitliches Bild von Blutkulturbefunden und -isolaten zu erhalten. Vergleichende Daten finden sich bei EARS-Net, die einen europaweiten Überblick zur Erreger- und Resistenzlage ermöglicht, sowie ARMIN [3], die für Niedersachsen Daten aus dem ambulanten und stationären Bereich liefert. Internationale Studien (z.B. [4], [5]) gehen zumeist nur auf bestimmte Erreger und Resistenzen ein. Dabei sind die Unterschiede im Umfang und der Vollständigkeiten der Daten erheblich. Auf der Basis von AlertsNet zeigen wir, welchen Effekt die Verwendung unterschiedlicher Bezugsgrößen auf die Ergebnisse hat. Als Beispiel für die unterschiedlichen Effekte sei die relative Kontamination genannt, die für das Jahr 2018 nach Standardberechnungen 2,8% beträgt und unter Einbeziehung der Tatsache, dass Befunde sowohl klinisch relevant positiv als auch kontaminiert sein können 3,1%. Vor allem auf Intensivstationen, die eine höhere Anzahl klinisch relevanter Blutkulturen haben, täuscht dies eine höhere Abnahmequalität hervor. Weitere Analysen befinden sich aktuell in Bearbeitung.

Dieser methodische Beitrag kann zum besseren Verständnis von berichteten Diskrepanzen zwischen Studien zur Bewertung der Erreger- und Resistenzlagen beitragen.

Die Autoren geben an, dass kein Interessenkonflikt besteht.

Die Autoren geben an, dass kein Ethikvotum erforderlich ist.


Literatur

1.
Laupland KB, Church DL. Population-based epidemiology and microbiology of community-onset bloodstream infections. Clinical microbiology reviews. 2014 Oct 1;27(4):647-64.
2.
European Centre for Disease Prevention and Control. Antimicrobial resistance surveillance in Europe 2017. Annual Report of the European Antimicrobial Resistance Surveillance Network (EARS-Net). Stockholm: ECDC; 2018.
3.
Niedersächsisches Landesgesundheitsamt. Antibiotika-Resistenz-Monitoring in Niedersachsen (ARMIN). [Accessed 16 July 2019]. Available from: https://www.nlga.niedersachsen.de/infektionsschutz/armin_resistenzentwicklung/antibiotika-resistenz-monitoring-in-niedersachsen-armin-19418.html External link
4.
Laupland KB, Kibsey PC, Gregson DB, Galbraith JC. Population-based laboratory assessment of the burden of community-onset bloodstream infection in Victoria, Canada. Epidemiology & Infection. 2013 Jan;141(1):174-80.
5.
Williamson DA, Lim A, Wiles S, Roberts SA, Freeman JT. Population-based incidence and comparative demographics of community-associated and healthcare-associated Escherichia coli bloodstream infection in Auckland, New Zealand, 2005–2011. BMC infectious diseases. 2013 Dec;13(1):385.