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63. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie e. V. (GMDS)

Deutsche Gesellschaft für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie

02. - 06.09.2018, Osnabrück

Anonymisierter Abgleich zwischen zwei Kohortenstudien – das Krebsregister Rheinland-Pfalz als Datentreuhänder

Meeting Abstract

  • Hiltrud Merzenich - Universitätsmedizin Mainz, Institut für Medizinische Biometrie, Epidemiologie und Informatik, Mainz, Deutschland
  • Maria Blettner - Universitätsmedizin Mainz, Institut für Medizinische Biometrie, Epidemiologie und Informatik, Mainz, Deutschland
  • Dagmar Laubert-Reh - Universitätsmedizin Mainz, Mainz, Deutschland; Präventive Kardiologie und Medizinische Prävention, Zentrum für Kardiologie, Universitätsmedizin Mainz, Mainz, Deutschland; Forschungszentrum Translationale Vaskuläre Biologie (CTVB), Universitätsmedizin Mainz, Mainz, Deutschland
  • Dagmar Lautz - Universitätsmedizin Mainz, Institut für Medizinische Biometrie, Epidemiologie und Informatik, Mainz, Deutschland
  • Claus Jünger - Universitätsmedizin Mainz, Mainz, Deutschland; Präventive Kardiologie und Medizinische Prävention, Zentrum für Kardiologie, Universitätsmedizin Mainz, Mainz, Deutschland; Forschungszentrum Translationale Vaskuläre Biologie (CTVB), Universitätsmedizin Mainz, Mainz, Deutschland
  • Irene Schmidtmann - Universitätsmedizin Mainz, Institut für Medizinische Biometrie, Epidemiologie und Informatik, Mainz, Deutschland
  • Daniel Wollschläger - Universitätsmedizin Mainz, Institut für Medizinische Biometrie, Epidemiologie und Informatik, Mainz, Deutschland
  • Philipp Wild - Universitätsmedizin Mainz, Mainz, Deutschland; Präventive Kardiologie und Medizinische Prävention, Zentrum für Kardiologie, Universitätsmedizin Mainz, Mainz, Deutschland; Centrum für Thrombose und Hämostase (CTH), Universitätsmedizin Mainz, Mainz, Deutschland; Deutsches Zentrum für Herz-Kreislaufforschung (DZHK), Standort Rhein-Main, Mainz, Mainz, Deutschland; Forschungszentrum Translationale Vaskuläre Biologie (CTVB), Universitätsmedizin Mainz, Mainz, Deutschland
  • Sylke R. Zeißig - Krebsregister Rheinland-Pfalz gGmbH, Mainz, Deutschland
  • Katharina Emrich - Krebsregister Rheinland-Pfalz gGmBH, Mainz, Deutschland

Deutsche Gesellschaft für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie. 63. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie e.V. (GMDS). Osnabrück, 02.-06.09.2018. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2018. DocAbstr. 106

doi: 10.3205/18gmds180, urn:nbn:de:0183-18gmds1803

Published: August 27, 2018

© 2018 Merzenich et al.
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Text

Einleitung: Die PASSOS-Herzstudie ist eine retrospektive Kohortenstudie mit ca. 1300 Brustkrebspatientinnen, die zwischen 1998 und 2008 an einem primären Mammakarzinom erkrankten und in der Frauenklinik der Universitätsmedizin Mainz behandelt wurden. Mittels Mortalitäts-Follow-up und Fragebogensurvey wurden kardiale Spätschäden der Brustkrebstherapie erhoben [1], [2]. Die Gutenberg-Gesundheitsstudie (GHS) ist eine repräsentative Untersuchung zur Herz-Kreislauf-Gesundheit der Bevölkerung der Rhein-Main-Region mit 15.010 Studienteilnehmern (7426 Frauen) im Alter zwischen 34 und 74 Jahren. Die Rekrutierung und klinische Baseline-Untersuchung fand in den Jahren 2007-2012 statt. In computerassistierten persönlichen Interviews (CAPI) wurden weitere Variablen erfasst, darunter die medizinische Anamnese der Studienteilnehmer, einschließlich einer Befragung zu früheren Krebserkrankungen [3]. Durch einen Abgleich beider Kohorten sollte überprüft werden, ob Brustkrebspatientinnen der PASSOS-Herzstudie, die gleichzeitig Teilnehmerinnen der Gutenberg-Gesundheitsstudie waren, ihre Brustkrebserkrankung im GHS-CAPI korrekt bestätigten (Validierungsstudie).

Die Einwilligungserklärungen beider Studien legen fest, dass die erhobenen Daten nur für jeweils studienspezifische Zwecke genutzt werden dürfen. Ein Record-Linkage beider Kohorten basierend auf Name, Adresse, Geburtsdatum zur Identifikation der Schnittmenge beider Studien war somit aus datenschutzrechtlichen Gründen nicht erlaubt. Daher wurde ein Record-Linkage-Konzept zum Kohortenabgleich erarbeitet, das sicherstellte, dass die Studienleitung der PASSOS-Herzstudie keine Kenntnis über Teilnahme ihrer Probandinnen an der GHS-Studie und über dort erhobene Daten hat (und vice-versa).

Methoden: Entwicklung eines Datenschutzkonzeptes mit Beteiligung des Krebsregisters Rheinland-Pfalz als Datentreuhänder.

Identifikation der Patientinnen, die sowohl in der GHS-Kohorte als auch in der PASSOS-Kohorte eingeschlossen sind (Schnittmenge).

Validierungsstudie: Deskriptive Analysen der Schnittmenge nach soziodemografischen und klinischen Merkmalen (insbesondere Bestätigung der Brustkrebsdiagnose im GHS-CAPI ja/nein).

Ergebnisse:

1.
Die Leitung beider Kohortenstudien erstellten jeweils mit einem vom Krebsregister Rheinland-Pfalz vorgegebenen Algorithmus sog. Pseudonyme (Kontrollnummern) aus personen-bezogenen Angaben und verknüpften diese mit den benötigten Studiendaten. Beide Studienleitungen stellten die faktisch anonymisierten Studiendaten dem Krebsregister für ein Record-Linkage zur Verfügung (ohne Möglichkeit zum „trace back“ individueller Studien-IDs), das auch die deskriptive Auswertung der Studiendaten für die identifizierte Schnittmenge durchführte. Das Verfahren wurde vom Datenschutz-Beauftragten des Landes Rheinland-Pfalz positiv bewertet.
2.
Von 1300 PASSOS-Teilnehmerinnen mit Wohnsitz in Mainz-Bingen, entsprechen 1100 der Altersstruktur der GHS-Studie. Abzüglich der in der PASSOS-Kohorte beobachten Sterberate (25%) kamen etwa 825 PASSOS-Teilnehmerinnen prinzipiell für die Stichprobenziehung der GHS in Frage. Die repräsentative GHS-Stichprobe umfasste ca. 10% der Bevölkerung im Raum Mainz-Bingen. Somit hatten geschätzt 83 Personen der PASSOS-Studie die Chance zur GHS-Studienteilnahme aufgefordert zu werden. Das Record-Linkage ergab eine tatsächliche Schnittmenge von 40 Personen.
3.
Für die 40 Frauen, die in beiden Studien partizipierten, zeigten sich hinsichtlich soziodemografischer und klinischer Variablen keine abweichenden Verteilungen im Vergleich zur jeweiligen Basiskohorte. Von den 40 Teilnehmerinnen haben 32 im CAPI der GHS korrekt ihre Brustkrebserkrankung bestätigt (80%). Der mittlere zeitliche Abstand zwischen Brustkrebsdiagnose und GHS-Interview betrug 5 Jahre. Insgesamt 8 Frauen negierten ihre Brustkrebsdiagnose, wobei bei diesen Teilnehmerinnen durchschnittlich 2 Jahre zwischen Diagnose und GHS-Teilnahme lagen.

Diskussion: Auch unter restriktiven Datenschutzbedingungen konnte ein Record-Linkage zwischen zwei unabhängigen Kohortenstudien erfolgreich durchgeführt werden. Krebsregister bieten als Einrichtungen mit hohen datenschutzrechtlichen Sicherheitsvorkehrungen eine ausgezeichnete Basis für Auswertungen nach dem Treuhändermodell.

Die Validierungsstudie beruhte auf kleinen Fallzahlen (40 von 825 PASSOS-Patientinnen) und hat somit explorativen Charakter.

GHS Project Nr. GHS2016:_NA003

Die Autoren geben an, dass kein Interessenkonflikt besteht.

Die Autoren geben an, dass ein positives Ethikvotum vorliegt.


Literatur

1.
Wollschläger D, Merzenich H, Schwentner L, Janni W, Wiegel T, Bartkowiak D, Wöckel A, Schmidt M, Schmidberger H, Blettner M. Self-reported long-term cardiac morbidity in breast cancer patients: a retrospective cohort study in Germany (PASSOS Heart Study). Breast Cancer Research and Treatment. 2017;163:595–604.
2.
Merzenich H, Bartkowiak D, Schmidberger H, Schmidt M, Schwentner L, Wiegel T, Woeckel A, Wollschläger D, Blettner M. 3D-conformal radiotherapy is not associated with the long-term cardiac mortality in breast cancer patients – a retrospective cohort study in Germany (PASSOS -Heart Study). Breast Cancer Research and Treatment. 2017;161(1):143-52.
3.
Wild PS, Zeller T, Beutel M, Blettner M, Dugi KA, Lackner KJ, Pfeiffer N, Münzel T, Blankenberg S. Die Gutenberg Gesundheitsstudie. Bundesgesundheitsbl. 2012;55:824-30.