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63. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie e. V. (GMDS)

Deutsche Gesellschaft für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie

02. - 06.09.2018, Osnabrück

Zusammenhang von muskulärer Aktivität und Schmerzen im Rahmen einer zielgruppenspezifischen Gesundheitsversorgung am Beispiel von Musiker*innen

Meeting Abstract

  • Dirk Möller - Hochschule Osnabrück, Osnabrück, Deutschland
  • Nikolaus Ballenberger - Hochschule Osnabrück, Osnabrück, Deutschland
  • Bronwen Ackermann - The University of Sydney, Sydney, Australia
  • Christoff Zalpour - Hochschule Osnabrück, Osnabrück, Deutschland

Deutsche Gesellschaft für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie. 63. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie e.V. (GMDS). Osnabrück, 02.-06.09.2018. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2018. DocAbstr. 92

doi: 10.3205/18gmds147, urn:nbn:de:0183-18gmds1472

Published: August 27, 2018

© 2018 Möller et al.
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Text

Einleitung: Im Rahmen des Forschungsprojektes ROSE wird auch die zielgruppenspezifische Gesundheitsversorgung am Beispiel der physiotherapeutischen Versorgung von Musiker*innen untersucht. Eine Forschungsfrage lautet, in welchem Umfang Musiker*innen durch spielbedingte Beschwerden im Gegensatz zu Musiker*innen ohne Beschwerden beeinträchtigt sind. Um diese Frage zu beantworten, müssen zunächst mögliche Uterschiede zwischen beiden Gruppen identifiziert werden.

Instrumentalist*innen sind zahlreichen Risikofaktoren ausgeliefert, welche zu Beschwerden führen können. Hier wird vor allem die muskuläre Überlastung genannt [1]. Dynamische oder statische Belastungen, aber auch schnelle und repetitive Bewegungen können zu Überlastungen des neuromuskuloskelettalen Systems führen. Hohe Streicher*innen sind auf Grund ihrer asymmetrischen Spielweise besonders gefährdet. Insbesondere in der oberen Extremität kommt es zu unphysiologischen Belastungen, die eine Entstehung dieser Beschwerden unterstützen. Die Folge kann eine Modifikation der Muskelaktivität sein.

Das Ziel dieser Studie ist es, die Muskelaktivität zwischen hohen Streichern*innen mit und ohne spielbedingten Beschwerden sowie den Einfluß einer Muskelermüdung hierauf zu untersuchen.

Methoden: Es handelt sich um eine an der Hochschule Osnabrück durchgeführte Querschnittsstudie. Die Stichprobe der hohen Streicher*innen setzt sich aus Musikstudierenden und Orchestermusiker*innen zusammen. Die Einteilung in Musiker*innen mit oder ohne spielbedingte Beschwerden erfolgt durch ein validiertes Fragebogeninstrument. Die Musiker*innen mit Beschwerden beschrieben rechte Schulterschmerzen als primäres Beschwerdebild. Alle Probanden durchliefen dasselbe Testprotokoll: Spielen einer chromatischen Tonleiter, einstündiges Spielen eines individuell schweren Übestücks, erneutes Spielen einer chromatischen Tonleiter. Primäres Outcome war die Muskelaktivität, gemessen mit der Elektromyographie (EMG). Relevante Parameter waren die prozentuale Muskelaktivität in Bezug auf die jeweilige Maximalkraft während der Tonleiter sowie das tiefe Frequenzspektrum während des einstündigen Spielens. Ausgewertet wurden Unterschiede zwischen den Gruppen (prä und post Tonleiter), innerhalb einer Gruppe (prä zu post Tonleiter) sowie das Frequenzspektrum während des einstündigen Spielens. Für die statistische Analyse wurden linear gemischte Modelle verwendet. Alle Daten wurden mit dem Softwarepaket R ausgewertet.

Ergebnisse: Von insgesamt 15 Musiker*innen konnten acht in die Gruppe „ohne Beschwerden“ und sieben in die Gruppe „mit Beschwerden“ aufgeteilt werden. Es zeigten sich Unterschiede in der Charakterisk der Muskelaktivität zwischen beiden Gruppen. Sowohl die prozentuale Muskelaktivität während der chromatischen Tonleiter wie auch das tiefe Frequenzspektrum während des einstündigen Spielens zeigten gruppenabhängige Veränderungen.

Diskussion: Die hier gefundenen Ergebnisse stehen im Einklang mit anderen Forschungsergebnissen, die ebenfalls eine Modifikation der muskulären Verteilung bzw. eine Frequenzverschiebung durch Ermüdung beschreiben [2], [3]. Eine mögliche physiologische Erklärung dazu liegt in einer Umverteilung der Muskelaktivität im Sinne einer Schmerz- oder Bewegungshemmung zum Schutze des neuromuskuloskelettalen Systems [4]. Die hier angewandte EMG-Auswertungsstrategie erwies sich als geeignetes Werkzeug für eine detaillierte Analyse der Muskelaktivität und liefert Hinweise auf Unterschiede in der Muskelaktivität zwischen Musiker*innen mit und ohne spielbedingte Beschwerden. Aufgrund des Studiendesigns kann jedoch nur der Zusammenhang zwischen Muskelaktivität und spielbedingten Beschwerden aufgezeigt werden. Um Aussagen zur Ursächlichkeit von spielbedingten Beschwerden treffen zu können, sind longitudinale Designs mit mehreren Messwiederholungen nötig, idealerweise mit einer größeren Probandenstichprobe.

Auf Basis der Ergebnisse könnte es möglich sein, bei Musiker*innen diese Bewegungsanalysen routinemäßig durchzuführen, um kompensatorische oder ineffiziente Muskelaktivitätsmuster zu identifizieren, die die Leistungsfähigkeit beeinträchtigen und Beschwerden verursachen. Dieses kann zukünftig dazu beitragen, gezielte Managementstrategien zu entwickeln und damit einen Beitrag zur Gesundheitsversorgung von Musiker*innen zu liefern.

Die Autoren geben an, dass kein Interessenkonflikt besteht.

Die Autoren geben an, dass ein positives Ethikvotum vorliegt.


Literatur

1.
Ackermann B, Driscoll T, Kenny DT. Musculoskeletal pain and injury in professional orchestral musicians in Australia. Med Probl Perform Art. 2012;27:181–7.
2.
Allison GT, Fujiwara T. The relationship between EMG median frequency and low frequency band amplitude changes at different levels of muscle capacity. Clin Biomech Bristol Avon. 2002;17:464–9.
3.
McCrary JM, Halaki M, Ackermann BJ. Effects of Physical Symptoms on Muscle Activity Levels in Skilled Violinists. Med Probl Perform Art. 2016;31:125–31. DOI: 10.21091/mppa.2016.3024 External link
4.
Hodges PW, Tucker K. Moving differently in pain: A new theory to explain the adaptation to pain. Pain. 2011;152:S90–8. DOI: 10.1016/j.pain.2010.10.020 External link