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63. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie e. V. (GMDS)

Deutsche Gesellschaft für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie

02. - 06.09.2018, Osnabrück

Leitlinien und Empfehlungen zur Prostatakrebsfrüherkennung mittels PSA-Testung – Deutschland und die Niederlande im Vergleich

Meeting Abstract

  • Sanny Kappen - Abteilung für Epidemiologie und Biometrie, Department für Versorgungsforschung, Fakultät für Medizin und Gesundheitswissenschaften, Carl von Ossietzky Universität Oldenburg, Oldenburg, Deutschland
  • Alexander Winter - Universitätsklinik für Urologie, Klinikum Oldenburg, Fakultät für Medizin und Gesundheitswissenschaften, Carl von Ossietzky Universität Oldenburg, Oldenburg, Deutschland
  • Antje Timmer - Abteilung für Epidemiologie und Biometrie, Department für Versorgungsforschung, Fakultät für Medizin und Gesundheitswissenschaften, Carl von Ossietzky Universität Oldenburg, Oldenburg, Deutschland
  • Verena Jürgens - Abteilung für Epidemiologie und Biometrie, Department für Versorgungsforschung, Fakultät für Medizin und Gesundheitswissenschaften, Carl von Ossietzky Universität Oldenburg, Oldenburg, Deutschland

Deutsche Gesellschaft für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie. 63. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie e.V. (GMDS). Osnabrück, 02.-06.09.2018. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2018. DocAbstr. 279

doi: 10.3205/18gmds144, urn:nbn:de:0183-18gmds1445

Published: August 27, 2018

© 2018 Kappen et al.
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Text

Einleitung: Sowohl in Deutschland als auch in den Niederlanden ist Prostatakrebs die häufigste Krebserkrankung bei Männern. PSA-Screening kann das Überleben verbessern, andererseits jedoch auch zu einer Übertherapie führen, weshalb der Einsatz als Früherkennungsuntersuchung umstritten ist. Zum Umgang mit der PSA-Testung existieren nationale Leitlinien und Empfehlungen. Diese können Einfluss auf den Einsatz der PSA-Testung haben bzw. zu Variationen hinsichtlich der Durchführung des PSA-Tests zwischen, aber auch innerhalb einzelner Länder führen. In dieser Voruntersuchung wurden deutsche und niederländische Leitlinien und Empfehlungen zur Prostatakrebsfrüherkennung miteinander verglichen. Darüber hinaus wurde die Prostatakrebsinzidenz einzelner Regionen unter Berücksichtigung möglicher Einflüsse der jeweiligen Leitlinien und Empfehlungen analysiert.

Methoden: Für den grenzübergreifenden Vergleich wurden die verschiedenen Versionen der folgenden Leitlinien und Empfehlungen herangezogen und hinsichtlich Ihrer Empfehlungen zum Einsatz der PSA-Testung als individuelle Früherkennung verglichen: Deutsche S3-Leitlinie zur Früherkennung, Diagnose und Therapie der verschiedenen Stadien des Prostatakarzinoms (2009, 2011, 2014, 2016), Empfehlung der Deutschen Gesellschaft für Allgemein- und Familienmedizin (2013, 2016), niederländische Leitlinie des Niederländischen Berufsverbandes für Urologie (Nederlandse Vereniging voor Urologie) zum Prostatakarzinom (2007, 2014, 2016) und die Anlage Prostatakarzinom im Standard Miktionsbeschwerden der Niederländischen Gesellschaft der Allgemeinmediziner (Nederlands Huisartsen Genootschap) (2013). Bevölkerungszahlen und Inzidenzfälle (Prostatakrebs, ICD-10 C61) von 2003–2012 wurden für das Bundesland Niedersachsen (D; 7.945.685 Einwohner; Epidemiologisches Krebsregister Niedersachsen) und die Provinz Groningen (NL; 583.721 Einwohner; Centraal Bureau voor de Statistiek und dem Integraal Kankercentrum Nederland) ausgewertet. Die altersstandardisierten (stadienspezifischen) Inzidenzraten (Europastandard) wurden für einen regionalen Vergleich und eine Abschätzung eines möglichen Einflusses der jeweiligen Leitlinien (deutschen S3 Leitlinien aus 2009 und 2011, niederländischen Leitlinie zum Prostatakarzinom aus 2007) herangezogen.

Ergebnisse: Die Empfehlungen zur Prostatakrebsfrüherkennung der deutschen und niederländischen Leitlinie unterscheiden sich in wesentlichen Punkten. In den oben genannten Versionen der deutschen S3-Leitlinie wird die PSA-Testung als individuelle Früherkennungsuntersuchung empfohlen, während in den/-r oben genannten niederländischen Leitlinien und Empfehlung davon abgeraten wird. Weiter gilt in den oben genannten deutschen Leitlinien ein PSA-Wert von ≥4 ng/mL als kontrollbedürftig, während in den oben genannten niederländischen Leitlinien ein Grenzwert von ≥3 ng/mL empfohlen wird.

Die jährliche altersstandardisierte Inzidenzrate (ASR) liegt in Niedersachsen im Zeitraum von 2003–2012 jeweils höher als in der Provinz Groningen (2003: ASR 129.86 pro 100.000 Einwohner (Niedersachsen), ASR 99.21 pro 100.000 (Groningen); 2012: 107.85 pro 100.000 (Niedersachsen), 94.73 pro 100.000 (Groningen)). Der Anteil der im Stadium I diagnostizierten Prostatakrebsfällen (von den Gesamtfällen) ist in Niedersachsen zwischen 2003 und 2012 von 17,3% (n=1147) auf 26,3% (n=1700) gestiegen. Für die Provinz Groningen ergab sich ein Anstieg von 36,1% (n=105) auf 46,9% (n=168).

Diskussion: Trotz der offensiveren Empfehlung der PSA-Testung in Deutschland ist der Anteil der im Stadium I diagnostizierten Prostatakrebsfälle in der Provinz Groningen höher als in Niedersachsen. Um die Auswirkungen nationaler Leitlinien und Empfehlungen auf die alltägliche Praxis hinsichtlich der PSA-Testung bzw. den Zeitpunkt der Prostatakrebsdiagnose zu überprüfen, bleibt der tatsächliche Einsatz bzw. die Inanspruchnahme der PSA-Testung zu untersuchen.

Die Autoren geben an, dass kein Interessenkonflikt besteht.

Die Autoren geben an, dass ein positives Ethikvotum vorliegt.