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63. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie e. V. (GMDS)

Deutsche Gesellschaft für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie

02. - 06.09.2018, Osnabrück

Telehomecare – Implementierung eines telemedizinischen Versorgungsszenarios bei außerklinischer Beatmung

Meeting Abstract

  • Veronika Strotbaum - ZTG Zentrum für Telematik und Telemedizin GmbH, Bochum, Deutschland
  • Lisa Stellmacher - ZTG Zentrum für Telematik und Telemedizin GmbH, Bochum, Deutschland
  • Rainer Beckers - ZTG Zentrum für Telematik und Telemedizin GmbH, Bochum, Deutschland
  • Christian Suelmann - Zentrum für Telematik und Telemedizin Bochum GmbH, Bochum, Deutschland
  • Georg Fabritius - Sanitätshaus müller betten GmbH & Co. KG, Engelskirchen, Deutschland
  • Dirk Uphus - Mosaik-X GmbH, Wölfersheim, Deutschland

Deutsche Gesellschaft für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie. 63. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie e.V. (GMDS). Osnabrück, 02.-06.09.2018. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2018. DocAbstr. 85

doi: 10.3205/18gmds079, urn:nbn:de:0183-18gmds0799

Published: August 27, 2018

© 2018 Strotbaum et al.
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Text

Einleitung: Chronische Atemwegserkrankungen fallen, bewertet nach den Disability-Adjusted Life Years, unter die zehn wichtigsten Erkrankungen in Deutschland [1]. Nach einer gewissen Erkrankungszeit ist bei vielen Patienten zumindest zeitweise eine außerklinische Beatmung angezeigt [2], [3]. Viele Patienten werden in sogenannten Wohngemeinschaften („Beatmungs-WGs“) betreut. Ein besonderes Thema stellt das sog. Weaning, also die Entwöhnung vom Beatmungsgerät dar. Der Vorgang des Weanings gestaltet sich teils als problematisch, so dass viele Personen dauerhaft auf eine (non-)invasive Beatmung angewiesen sind. Die Beurteilung des grundsätzlichen Weaningpotenzials erfordert eine Anbindung an spezialisierte Zentren. Diese kann jedoch vor allem in ländlichen Regionen häufig nicht gewährleistet werden [4], [5]. Der Einsatz von telemedizinischen Anwendungen kann hier Versorgungsprozesse unterstützen. Verschiedene Studien deuten bereits einen positiven Nutzen von Telemedizin, etwa bei der chronisch obstruktiven Lungenerkrankung (COPD), an [6]. Die Umsetzung in organisatorischer und vor allem auch technischer Hinsicht gestaltet sich aufgrund unterschiedlicher IT-Systeme und Geräte jedoch als Herausforderung. Die Autoren dieses Beitrags möchten im Rahmen daher im Rahmen des hier vorgestellten Konzeptes „Telehomecare“ erläutern, wie ein Versorgungsszenario konkret umgesetzt werden könnte, um das Ziel einer Reduktion der Beatmungsdauer bzw. ggf. einer kompletten Entwöhnung zu erreichen.

Methodik: In dem Versorgungskonzept von „Telehomecare“ sind die Patienten in der „häuslichen“ Umgebung und werden kontinuierlich von einem ambulanten Pflegedienst versorgt. Daneben gibt es ein telemedizinisches Zentrum mit einer 24h/7d-Bereitschaft, welches mittels pneumologischen Spezialisten die benötigte Expertise ortsunabhängig vorhält. Als Lösungsansatz wurde vom Projektkonsortium eine telemedizinische Plattform entwickelt, welche aus folgenden Komponenten besteht:

1.
Hochauflösende audiovisuelle Kommunikation zwischen Klinikarzt und Patienten im Homecare-Setting durch eine lenk- und zoombare Kamera mit Mikrofon sowie einer PC-Plattform mit Internetverbindung;
2.
Kopplung der vorhandenen Medizingeräte und kontinuierlichen Übertragung der Messwerte aus Beatmungsgerät, Vitaldatenmonitor, PoC Laborgeräte etc.;
3.
Erweiterung um ein dezentral betriebenes Dokumentationssystem (Trenddarstellung der Messwerte, Aufzeichnung in einer digitalen Patientenakte zur gleichzeitigen Dokumentation von Telekonsilen etc.).

Ergebnisse: Es wurde ein Versorgungskonzept entwickelt, welches die mögliche Umsetzung einer telemedizinischen Unterstützung von beatmungspflichtigen Patienten innerhalb eines regional organisierten und interprofessionellen Netzwerks demonstriert und eine praxisnahe Nutzenüberprüfung ermöglicht. Es konnte innerhalb des Projektkonsortiums der Aufbau einer datenschutzkonformen und interoperablen Intrastruktur mit Integration verschiedene Geräte und Systeme erreicht werden. Die dabei zu evaluierenden Nutzenparameter wurden interdisziplinär erarbeitet und fokussieren neben der (technischen) Machbarkeit insbesondere auch medizinische, patientenrelevante und gesundheitsökonomische Outcomes sowie vor allem auch die Akzeptanz bei Patienten, Ärzten und Gesundheitsfachkräften. Bei sicherstehender Finanzierung ist eine baldige praxisnahe Umsetzung im Rahmen eines Modellprojektes gut machbar.

Diskussion: Die außerklinische Beatmung stellt ein zunehmend wichtiges Feld für telemedizinische Unterstützung dar. Das Telemonitoring und die Unterstützung durch Videovisiten ermöglichen eine frühzeitige Unterstützung der Patienten und können dazu beitragen, Notfallkontakte und Krankenhausweinweisungen zu vermeiden. Das Setting ist in der Praxis aus Autorensicht technisch gut umsetzbar und kommt perspektivisch ohne unrealistische finanzielle Investitionen aus. Auch ist im Sektor der außerklinischen Beatmung eine zukünftige Erstattung durch die Kostenträger denkbar. Die generelle Einhaltung der IT-Sicherheit und die Schaffung interoperabler Strukturen sind hierbei hochrelevant. Der wichtigste und als nächstes anzustrebende Schritt ist die Durchführung eines erfolgreichen Demonstrationsprojektes, wie es in diesem Dokument skizziert wurde. Dafür muss dieses Versorgungsszenario strukturiert evaluiert werden.

Die Autoren geben an, dass kein Interessenkonflikt besteht.

Die Autoren geben an, dass kein Ethikvotum erforderlich ist.


Literatur

1.
Kapitel 2.14.1 Einige wenige Erkrankungen sind für einen großen Teil der Krankheitslast in Deutschland verantwortlich. In: Robert Koch-Institut; Statistisches Bundesamt (Destatis), editors. Gesundheit in Deutschland 2015. 2015 [cited 2018 May 23]. Available from: http://www.gbe-bund.de/gbe10/abrechnung.prc_abr_test_logon?p_uid=gast&p_aid=0&p_knoten=FID&p_sprache=D&p_suchstring=25433 External link
2.
Westhoff M, Schönhofer B, et al. S3-Leitlinie Nichtinvasive Beatmung als Therapie der akuten respiratorischen Insuffizienz. 2015 [cited 2018 Feb 5]. Available from: http://www.awmf.org/uploads/tx_szleitlinien/020-004l_Nichtinvasive_Beatmung_ARI_2015-09.pdf External link
3.
Lloyd-Owen SJ, et al. Patterns of home mechanical ventilation use in Europe: results from the Eurovent survey. Eur Respir J. 2005;25:25–1031.
4.
Schönhofer B, Geiseler J, et al. Prolongiertes Weaning: S2k-Leitlinie herausgegeben von der Deutschen Gesellschaft für Pneumologie und Beatmungsmedizin e.V. 2014 [cited 2018 Feb 5]. Available from: http://www.awmf.org/uploads/tx_szleitlinien/020-015l_S2k_Prolongiertes_Weaning_2014_01_verlaengert_01.pdf External link
5.
Deutsche Interdisziplinäre Gesellschaft für Außerklinische Beatmung (DIGAB e.V.), et al., editors. Positionspapier zur aufwendigen ambulanten Versorgung tracheotomierter Patienten mit und ohne Beatmung nach Langzeit-Intensivtherapie (sogenannte ambulante Intensivpflege). 2017 [cited 2018 Feb 5]. Available from: http://www.digab.de/fileadmin/PDF/2017/Positionspapier_Tracheotomie_und_HKP_final.pdf External link
6.
Ambrosino N, Vitacca M, et al. Tele-monitoring of ventilator-dependent patients: a European Respiratory Society Statement. Eur Respir J. 2016;48:648–63.