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63. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie e. V. (GMDS)

Deutsche Gesellschaft für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie

02. - 06.09.2018, Osnabrück

Entwicklung eines Informationssystems zur Landespsychiatrieberichterstattung in Niedersachsen

Meeting Abstract

  • Oliver J. Bott - Fakultät III – Medien, Information und Design – der Hochschule Hannover (HsH), Hannover, Deutschland
  • Jannes Perberschlager - Medizinische Hochschule Hannover - Zentrum für Informationsmanagement, Hannover, Deutschland
  • Stefan Schmidt - Medizinische Hochschule Hannover - Zentrum für Informationsmanagement, Hannover, Deutschland
  • Jens Steinmeyer - Medizinische Hochschule Hannover - Zentrum für Informationsmanagement, Hannover, Deutschland
  • Hermann Elgeti - Region Hannover – Dezernat für soziale Infrastruktur, Hannover, Deutschland

Deutsche Gesellschaft für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie. 63. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie e.V. (GMDS). Osnabrück, 02.-06.09.2018. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2018. DocAbstr. 236

doi: 10.3205/18gmds061, urn:nbn:de:0183-18gmds0617

Published: August 27, 2018

© 2018 Bott et al.
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Text

Hintergrund und Zielsetzung: Über 40 Jahre nach der für gemeindepsychiatrische Reformen in Deutschland wegweisenden Psychiatrie-Enquete von 1975 mangelt es immer noch an einer regionalen Berichterstattung zur Unterstützung der Planung und Evaluation von Maßnahmen zur Qualitätsentwicklung des Hilfesystems [1]. Dabei sind zumindest die niedersächsischen Kommunen seit 1997 gesetzlich verpflichtet, einen Sozialpsychiatrischen Plan über den Bedarf und das gegenwärtige Angebot an Hilfen für psychisch Kranke zu erstellen und regelmäßig fortzuschreiben [2].

2010 hat das niedersächsische Sozialministerium den Landesfachbeirat Psychiatrie Niedersachsen (LFBPN) mit der Entwicklung eines Informationssystems zur Landespsychiatrieberichterstattung beauftragt [3]. Dies mit dem Ziel, eine kontinuierliche Erhebung und regional differenzierte statistische Auswertung relevanter Routinedaten aus unterschiedlichen Quellen (Kostenträger, Leistungserbringer, Kommunen und Landesbehörden) mit geringem Aufwand zu ermöglichen. Die Auswertungsergebnisse sollen Land und Kommunen bei der kommunalen und landesweiten Psychiatrieplanung unterstützen.

Material und Methoden: Ausgehend von der davor papierbasierten Erhebung wurde ein Datenmodell entwickelt, um folgende Basisdaten sozialpsychiatrischer Versorgung abzubilden:

  • Angaben gemäß den Dokumentationsempfehlungen des LFBPN zur Arbeit des Sozialpsychiatrischen Dienstes (SpDi) sowie zur Arbeit im Sozialpsychiatrischen Verbund (SpV) der betreffenden Gebietskörperschaft,
  • Angaben zu den Datenblättern 28-30 des Niedersächsischen Landesgesundheitsamtes (NLGA) zur Jahresberichterstattung der unteren Gesundheitsbehörden,
  • Anzahl der am Berichtsjahresende belegten Plätze im ambulant betreuten Wohnen für seelisch behinderte und suchtkranke Menschen nach SGB XII.

Integriert sind zudem Basisdaten der Bevölkerungsstatistik des Niedersächsischen Landesamtes für Statistik. Das Datenmodell wurde als relationales Datenbanksystem implementiert und ein Eingabesystem für die SpDi entwickelt, das über Anwendungsvirtualisierung den Nutzern der SpDi zur Verfügung steht. Ergänzend wurde eine Auswertungskomponente implementiert, die aus den Basisdaten Kennzahlen zur Beurteilung der Versorgungs- und Behandlungssituation psychiatrisch betreuter Patienten ableitet. Die Kennzahlen betreffen

  • die Sozialstruktur der Einzugsgebiete der SpDi,
  • die Arbeit der SpDi,
  • die regionale Inanspruchnahme und Verfügbarkeit der Hilfsangebote.

Zur Information über das Projekt sowie zur Schulungsunterstützung der SpDi wurde eine Website erstellt mit videobasierten Tutorials zur Handhabung der Eingabe- und Auswertungskomponente [4].

Ergebnisse: Das entwickelte Sozialpsychiatrisches Informationsmanagement-System (SIM) ermöglicht die zentrale Verwaltung landesweit erhobener Daten zu psychiatrischen Hilfsangeboten sowie eine dezentrale Eingabe definierter Daten durch SpDi. Die SpDi haben jederzeit Zugriff auf eine Reihe von Auswertungsmöglichkeiten der für sie relevanten Daten. Die Auswertungsergebnisse des Systems werden Land und Kommunen zudem jährlich in Ergebnistelegrammen erläutert und im Jahrbuch „Psychiatrie in Niedersachsen“ veröffentlicht. Sie machen Art und Ausmaß regionaler Ungleichheiten beim Versorgungsangebot deutlich und erlauben eine Überprüfung, inwieweit sich diese durch Unterschiede in der Siedlungsdichte der Gebietskörperschaften und/oder der sozialen Lage der dort lebenden Bevölkerung erklären lässt [5]. Diese Dokumente stehen über die SIM-Website auch online zur Verfügung [4].

Diskussion und Ausblick: Mit dem SIM steht erstmals in Deutschland ein landesweit einheitliches System zur Erhebung und Auswertung von Routinedaten des psychiatrischen Hilfesystems zur Verfügung. Das System unterstützt die SpDi der Landkreise und kreisfreien Städte bei der Erstellung des Sozialpsychiatrischen Plans ihrer Kommune sowie das Land bei der Erstellung eines Landespsychiatrieplans und der Untersuchung spezieller Fragestellungen. In weiteren Ausbaustufen wird ein Zusatzmodul zur kommunalen Psychiatrieberichterstattung bereitgestellt, das neben Daten zur kleinräumigen Sozialstruktur der Gebietskörperschaft die Angaben der statistischen Jahresberichte der Einrichtungsträger, ihrer Hilfsangebote und der patientenbezogenen Inanspruchnahme zu erfassen und auszuwerten erlaubt [4].

Die Autoren geben an, dass kein Interessenkonflikt besteht.

Die Autoren geben an, dass kein Ethikvotum erforderlich ist.


Literatur

1.
Elgeti H. Regionale Koordination in der Psychiatrie. Forum Public Health. 2014;38(82):e1-e4
2.
Niedersächsisches Gesetz über Hilfen und Schutzmaßnahmen für psychisch Kranke (NPsychKG) [Online]. 1997 Jun 16 [zuletzt zugegriffen 03.04.2018]. Available from: http://www.nds-voris.de/jportal/?quelle=jlink&query=PsychKG+ND&psml=bsvorisprod.psml&max=true&aiz=true External link
3.
Elgeti H. Auf dem Weg zu einem sozialpsychiatrischen Informationsmanagement für Niedersachsen. In: Elgeti H, Ziegenbein M, editors. Psychiatrie in Niedersachsen – Jahrbuch 2011. Bonn: Psychiatrie-Verlag; 2011. p. 153-64.
4.
„Sozialpsychiatrisches Informationsmanagement-System (SIM)” des Landesfachbeirats für Psychiatrie Niedersachsen (LFBPN) [Website]. [zuletzt zugegriffen 03.04.2018]. Available from: http://sim.lfbpn.de/ External link
5.
Elgeti H. Weiterhin erhebliche Ungleichheiten zwischen den Versorgungsregionen – Auswertungsbericht zur Landespsychiatrieberichterstattung für die Berichtsjahre 2015 und 2016. In: Elgeti H, Piel A, editors. Psychiatrie in Niedersachsen – Jahrbuch 2017/18, Band 9. Köln: Psychiatrie-Verlag; 2018.