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63. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie e. V. (GMDS)

Deutsche Gesellschaft für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie

02. - 06.09.2018, Osnabrück

Verflechtungen zwischen der ambulanten Notfallversorgung und der allgemeinen ambulanten Versorgung

Meeting Abstract

  • Hendrik Dräther - Wissenschaftliches Institut der AOK (WIdO), Berlin, Deutschland
  • Doreen Müller - Wissenschaftliches Institut der AOK (WIdO), Berlin, Deutschland
  • Patrik Dröge - Wissenschaftliches Institut der AOK (WIdO), Berlin, Deutschland
  • Christian Günster - Wissenschaftliches Institut der AOK (WIdO), Berlin, Deutschland
  • Michael Slowik - AOK-Bundesverband, Berlin, Deutschland

Deutsche Gesellschaft für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie. 63. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie e.V. (GMDS). Osnabrück, 02.-06.09.2018. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2018. DocAbstr. 237

doi: 10.3205/18gmds057, urn:nbn:de:0183-18gmds0572

Published: August 27, 2018

© 2018 Dräther et al.
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Text

Einleitung: Die Kassenärztlichen Vereinigungen (KVen) stellen nach § 75 Abs. 1 b SGB V über ihren organisierten Kassenärztlichen Bereitschaftsdienst eine ambulante Notfallversorgung außerhalb der sprechstundenfreien Zeiten sicher, die die an der ambulanten vertragsärztlichen Versorgung teilnehmenden Ärzte ausführen. Gleichzeitig findet in den Notfallambulanzen der Krankenhäuser eine ambulante (Notfall-)Versorgung statt, die oftmals in den Bereitschaftsdienst gar nicht oder nur partiell eingebunden ist. Wenngleich der Gesetzgeber in den letzten Jahren immer wieder gesetzliche Maßnahmen (z.B. Krankenhausstrukturgesetz, BGBI 2015 [1]) ergriffen hat, die Versorgung in den Notfallambulanzen mit dem organisierten kassenärztlichen Bereitschaftsdienst enger abzustimmen, agieren die KVen und die Krankenhäuser mit ihren eigenen und unterschiedlichen Interessen weitgehend unabhängig voneinander. Dies kann insofern Versorgungsprobleme mit sich bringen und zu ökonomisch nicht sinnvollen Doppelstrukturen führen, u. a. weil die ambulante Notfallversorgung Leistungen der allgemeinen ambulanten Versorgung umfasst, die ebenso von den Notfallambulanzen der Krankenhäuser erbracht werden.

Methoden: Bei der Diskussion um die Weiterentwicklung der ambulanten Notfallversorgung sind zwar weitere Schnittstellen zu berücksichtigen, näher untersucht werden sollen aber in dieser Studie die Schnittstellen zur allgemeinen ambulanten Versorgung. Grundlage der Auswertungen stellen die Einzelfallnachweise der Jahre 2009 bis 2017 dar, mit denen die Kassenärztlichen Vereinigungen vertragsärztliche Leistungen inklusive denen des Bereitschaftsdienstes sowie die Ambulanzen der Krankenhäuser ihre ambulanten Notfallleistungen gegenüber der AOK abrechnen. Die Leistungserbringer werden zwischen Notallambulanzen der Krankenhäuser und vertragsärztlichen Leistungserbringern unterschieden und es wird identifiziert, welcher Anteil der durch Notfallambulanzen erbrachten Leistungen werktags und tagsüber anfiel und somit potentiell durch kassenärztliche Leistungserbringer hätte erbracht werden können, was in hochverdichteten Agglomerationsräumen umso mehr vermutet werden kann.

Ergebnisse: Erste und bereits veröffentlichte eigene Analysen des Zeitraums 2009 bis 2016 zeigen, dass der organisierte Bereitschaftsdienst weitgehend außerhalb der Praxisöffnungszeiten und somit potentiell ergänzend zur allgemeinen ambulanten Versorgung zur Verfügung steht. Die Notfallambulanzen leisten dagegen mehr als 40% ihrer Leistungen wochentags und während der allgemeinen Praxisöffnungszeiten [2]. Die ambulante Notfallversorgung scheint somit weitgehend in einer unabhängig voneinander agierenden Doppelstruktur von ambulanten und stationären Leistungserbringern stattzufinden. Gleichzeitig unterscheiden sich die Versorgungsschwerpunkte von Notfallambulanzen auf der einen Seite und den vertragsärztlichen Leistungserbringern auf der anderen Seite erheblich [3] (siehe Dräther/Schäfer 2017 S. 32 ff.).

Diskussion: Bei einer Neuausgestaltung einer integrierten ambulanten Notfallversorgung – u. a. sind Notfallambulanzen der Krankenhäuser und der Bereitschaftsdienst der KVen umfassend und planerisch koordiniert – sind nicht nur die unterschiedlichen Versorgungsschwerpunkte von Notfallambulanzen einerseits und dem Bereitschaftsdienst andererseits, sondern darüber hinaus auch die vielfältigen Schnittstellen zur allgemeinen ambulanten Versorgung zu berücksichtigen. Eine eigenständige integrierte ambulante Notfallversorgung mit eigenständigen Sicherstellungsaufgaben für diesen Versorgungsbereich würde zu einem dritten Sektor mit neuen und zusätzlichen „Schnittstellenprobleme“ insbesondere zur allgemeinen ambulanten Versorgung führen.

Das Ziel dieses Beitrages besteht darin, in diesem verflochtenen Bereich mehr Transparenz in Bezug auf die vielfältigen Versorgungsschnittstellen sowohl in konzeptioneller, als auch in empirischer Hinsicht herzustellen und der bestehenden Reformdiskussion zur Verfügung zu stellen.

Die Autoren geben an, dass kein Interessenkonflikt besteht.

Die Autoren geben an, dass kein Ethikvotum erforderlich ist.


Literatur

1.
Gesetz zur Reform der Strukturen des Krankenhausversorgung (Krankenhausstrukturgesetz – KHSG). Bundesgesetzblatt BGBI. 2015. Teil 1. S. 2229-2253.
2.
Slowik M, Wehner C, Dräther H, Fahlenbrach C, Richard S. Sektorübergreifende Neuordnung der Notfallversorgung. In: Klauber J, Geraedts M, Friedrich J, Wasem J, Hrsg. Krankenhaus-Report 2018. Stuttgart: Schattauer; 2018. S. 233-255.
3.
Dräther H, Schäfer T. Die ambulante Notfallversorgung in Notfallambulanzen und bei Vertragsärzten im Zeitraum 2009 – 2014. In: Klauber J, Geraedts M, Friedrich J, Wasem J, Hrsg. Krankenhaus-Report 2017. Stuttgart: Schattauer; 2017. S. 25-40.