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62. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie e. V. (GMDS)

Deutsche Gesellschaft für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie

17.09. - 21.09.2017, Oldenburg

Gesundheitsberichterstattung – „Garbage codes“ und die Mortalität an Kreislauf-Erkrankungen

Meeting Abstract

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  • Susanne Stolpe - UK Essen, Essen, Deutschland

Deutsche Gesellschaft für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie. 62. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie e.V. (GMDS). Oldenburg, 17.-21.09.2017. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2017. DocAbstr. 307

doi: 10.3205/17gmds063, urn:nbn:de:0183-17gmds0636

Published: August 29, 2017

© 2017 Stolpe.
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Einleitung: Im Jahr 2013 veröffentlichte die WHO ein Methodenpapier zur Berechnung der globalen Sterblichkeit an verschiedenen Todesursachen für die Jahre 2000-2011 [1]. Dabei wurde für die Reliabilität der Angaben einzelner Staaten der Anteil sogenannter garbage codes (=nicht-informative Todesursachen) an allen für die Todesursachen-Registrierung verwendeten ICD-Kodes berechnet. Nach WHO-Berechnungen hatte Deutschland einen Anteil an Garbage codes an allen Todesursachenkodierungen von 11-14% und gehört demnach nur zum Mittelfeld der untersuchten Länder. Garbage Codes lassen sich laut Nagavi [2] in vier Typen einteilen: 1. Codes zu Erkrankungen, die nicht als zugrundeliegende Todesursache verwendet werden können bzw. sollten. Dazu gehört z.B. die essentielle Hypertonie (I10) und Artherosklerose (I70), die als Risikofaktor für eine kardiovaskuläre Erkrankung kodiert werden können, aber nicht zum Tode führen. 2. Intermediäre Ursachen für Tod, die ihrerseits eine eindeutig erkennbare zugrundeliegende Ursache haben, wie z.B. Lungenembolie (I26) oder Herzinsuffizienz (I50)); 3. Unmittelbare Todesursachen, die als letzter Schritt auf der Ursachen-Kaskade anzusehen sind, wie z.B. Herzstillstand (I46) und 4. Unspezifizierte Todesursachen aus einer größeren Ursachengruppe, z.B. unspezifische Myocarditis (I51) oder unspezifizierte Kreislaufbeschwerden (I99). Zur Berechnung von korrigierten Mortalitätsraten werden von der WHO Re-Klassifikationsalgorithmen angewendet [3].

Methoden: Mit Daten von GBE-Bund (www.gbe-bund.de) wurde der Anteil von garbage codes bei allen Todesursachen an Krankheiten des Kreislaufsystems (I00-I99) berechnet. Dazu wurden die Zahlen zur Sterblichkeit an Erkrankungen des Kreislaufsystems insgesamt (I00-I99) sowie an den in der WHO-Publikation [1] gelisteten garbage codes aus dieser Klassifikationsgruppe (I10, I26.9, I46, I47.2, 149.0, I50, I51.4-6. I51.9, I70.9, I99) für die Jahre 2000-2015 nach Alter, Geschlecht und Bundesland geladen.

Ergebnisse: Insgesamt wurden 2015 in Deutschland 356.616 (2000: 395.043) Todesfälle mit einem ICD-10 Kode I00-I99 als zugrundeliegende Todesursache kodiert. In 72.714 Fällen (20.4%) wurde dabei ein garbage code verwendet. Der garbage code I50 (Herzinsuffizienz) wurde 2015 in 13.3% aller Todesfälle an Kreislauferkrankungen verwendet (N=47.414). Im Jahr 2000 wurde bei 89.527 Todesfällen (=22.7%) an Kreislauferkrankungen ein nicht-informativer Code verwendet, darunter 57.007 Todesfälle an Herzinsuffizienz (=14,4%). Regionale Unterschiede in der Kodierpraxis sind deutlich zu erkennen. So betrug der Garbage-Anteil bei Todesfällen an Kreislauferkrankungen in den alten Bundesländern im Jahr 2000 24.7% im Verglich zu einem Anteil von 14% in Ostdeutschland. Im Jahr 2015 lagen diese Anteile bei 21.6% im Westen und 15.4% im Osten. Des Weiteren werden geschlechts- und altersspezifische Unterschiede insgesamt und nach Art des garbage codes präsentiert.

Diskussion: Nicht-informative Kodierungen als zugrundeliegende Todesursache wurden 2015 immer noch bei jedem fünften Todesfall an Kreislauferkrankungen vergeben - obwohl der Anteil nicht-informativer Codes an dieser Todesursachengruppe ist seit 2000 gesunken ist. Die regionale Kodierpraxis sowie Geschlecht und Alter des Verstorbenen sind Faktoren, die die Wahrscheinlichkeit der Nutzung eines nicht-informativen ICD-Kodes als zugrundeliegende Todesursache beeinflussen. Zu überlegen ist, ob Methoden zur Korrektur von Misklassifikationen bei den Todesursachengruppen, in der garbage codes einen relevanten Anteil bilden, in der Gesundheitsberichterstattung eingesetzt werden sollten.



Die Autoren geben an, dass kein Interessenkonflikt besteht.

Die Autoren geben an, dass kein Ethikvotum erforderlich ist.


Literatur

1.
WHO methods and data sources for global causes of death 2000-2011. WHO. Global Health Estimates Technical Paper WHO/HIS/HIS/GHE/2013.3
2.
Naghavi M, et al. Algorithms for enhancing public health utility of national causes-of-death data. Population Health Metrics. 2010;8:9.
3.
Mathers CD, et al. Chapter 3: The Burden of Disease and Mortality by Condition: Data, Methods, and Results for 2001. In: Lopez AD, Mathers CD, Ezzati M, Jamison DT, Murray CJL, editors. Global Burden of Disease and Risk Factors. Washington (DC): World Bank; 2006.