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GMDS 2015: 60. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie e. V. (GMDS)

Deutsche Gesellschaft für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie

06.09. - 09.09.2015, Krefeld

Pricing-Modelle für AMNOG-Arzneimittel – Sollte ein lineares oder ein „Flat Pricing“ gewählt werden und wie sind diese vor dem Hintergrund der Preisverhandlungshistorie zu bewerten?

Meeting Abstract

  • Danny Bot - Ecker + Ecker GmbH, Hamburg, Deutschland
  • Thomas Ecker - Ecker + Ecker GmbH, Hamburg, Deutschland
  • Christof Ecker - Ecker + Ecker GmbH, Hamburg, Deutschland
  • Claudia Pütz - Ecker + Ecker GmbH, Hamburg, Deutschland
  • Dörte Anderson - Ecker + Ecker GmbH, Hamburg, Deutschland

GMDS 2015. 60. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie e.V. (GMDS). Krefeld, 06.-09.09.2015. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2015. DocAbstr. 052

doi: 10.3205/15gmds170, urn:nbn:de:0183-15gmds1703

Published: August 27, 2015

© 2015 Bot et al.
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Text

Einleitung: Seit Einführung der frühen Nutzenbewertung wird der endgültige Preis eines neuen Arzneimittels in der AMNOG-Preisverhandlung zwischen dem Arzneimittelhersteller und dem GKV-Spitzenverband festgelegt. Dabei kommen verschiedene Rationalen der beiden Parteien zusammen.

Einerseits müssen vom Hersteller u. a. das erwartete Verordnungsverhalten der Ärzte sowie Gegebenheiten paralleler Märkte aufgrund des Referenzpreissystems in Europa berücksichtigt werden. Andererseits haben die Krankenkassen ihre eigenen Vorstellungen zur Belastung des Budgets durch Arzneimittelausgaben. In diesem Zusammenhang werden von beiden Parteien verschiedene Kalkulationsmodelle angewendet:

  • Mit einem vom Hersteller häufig präferierten „Flat Pricing“-Modell [1], d. h. identischer Preis für unterschiedliche Wirkstoffmengen eines Arzneimittels, werden gleiche Therapiekosten pro Patient sichergestellt, unabhängig von der verordneten Wirkstoffmenge.
  • Der GKV-Spitzenverband hingegen bevorzugt ein lineares Pricing, d. h. der Preis eines Arzneimittels steigt mit der Wirkstoffmenge. Mit diesem Preismodell lassen sich geplante wirkstoffmengenbezogene Therapiekosten pro Patient realisieren, die unabhängig von den im Markt befindlichen Packungen sind.

Fragestellung: Diese Analyse folgt daher der Frage: Welche Preismodell-Rationale lässt sich in der Preisverhandlung durchsetzen? Das Preismodell der Hersteller, das meist „Flat Pricing“ beinhaltet oder das des GKV-Spitzenverbandes, welches eher auf Basis von wirkstoffmengenbezogenen Tagestherapiekosten rechnet.

Methode: Es wurden aus allen abgeschlossenen AMNOG-Preisverhandlungen, die auf der Übersichtsseite des GKV-Spitzenverbandes aufgeführt sind (n=85) [2], die Verfahren selektiert, bei denen der Hersteller mit einem „Flat Pricing“-Modell die Verhandlung mit dem GKV-Spitzenverband aufgenommen hat (n=12). Die übrigen Verfahren (n=73) wurden aus der Analyse ausgeschlossen, da das jeweilige Arzneimittel entweder nur in einer einzigen Dosierung verfügbar ist oder vom Hersteller bereits vor der Preisverhandlung vom Markt genommen wurde.

Danach wurden die selektierten Verfahren einem Vorher-Nachher-Vergleich unterzogen, indem pro Verfahren die jeweiligen Preise vor und nach Abschluss der Preisverhandlung gegenübergestellt wurden. Anhand dieses Vergleichs ließ sich feststellen, ob das „Flat Pricing“-Modell nach Abschluss der Preisverhandlung beibehalten oder auf ein lineares Pricing umgestellt wurde.

Aus den Ergebnissen der betrachteten Verfahren wird dann abgeleitet, ob sich ein vom Hersteller gewähltes „Flat Pricing“-Modell in den AMNOG-Preisverhandlungen grundsätzlich durchsetzen lässt, und es werden entsprechende Empfehlungen zur Preismodellierung für zukünftige Verhandlungen vorweggenommen.

Material: Die entsprechenden Packungs- und Preisinformationen wurden hierfür aus dem ABDA-Artikelstamm aus dem Zeitraum vom 01.02.2013 bis 15.05.2015 entnommen. Der ABDA-Artikelstamm beinhaltet alle für die Abgabe und Abrechnung von Arzneimitteln und anderen Artikeln des apothekenüblichen Sortiments erforderlichen Informationen. Neben Preisinformationen sind pharmazeutisch-rechtliche Informationen und weitere packungsbezogene Daten abgebildet [3].

Die Daten des ABDA-Artikelstamms basieren in großen Teilen auf Meldungen der Hersteller gegenüber der Informationsstelle für Arzneispezialitäten GmbH (IFA GmbH) [4] und werden vom ABDATA Pharma-Daten-Service redaktionell bearbeitet, ergänzt und vierzehntägig aktualisiert [3].

Ergebnisse: Die Analyse von 12 Verfahren, bei denen der Hersteller mit einem „Flat Pricing“ die Preisverhandlung aufgenommen hat, zeigt, dass die Hersteller ihr favorisiertes Preismodell überwiegend (n=8) gegen den Spitzenverband durchsetzen konnten.

Bei drei Verfahren weisen die Erstattungsbeträge nach Abschluss der Verhandlungen ein lineares Pricing auf. Im Verfahren von Pomalidomid konnte der Hersteller Celgene zumindest teilweise sein „Flat Pricing“-Modell durchsetzen.

Vor dem bisherigen Erfahrungshorizont zeigen die Ergebnisse, dass für einen erfolgreichen Abschluss der AMNOG-Preisverhandlungen eine fundierte Preismodellierung in unterschiedlichen Szenarien unerlässlich scheint.

Diskussion: Wird heute bei Einführung eines neuen Wirkstoffs ein „Flat Pricing“-Modell vom Hersteller gewählt, lässt sich dieses Preismodell bei den Verhandlungen i. d. R. verteidigen und wird vom GKV-Spitzenverband dann auch mitgetragen, auch wenn es für die Krankenkassen nicht das Vorteilhafteste ist.


Literatur

1.
Jönsson B. Flat or Monotonic Pricing of Pharmaceuticals: Practice and Consequences. European Journal of Health Economics. 2001; 2:104-112
2.
GKV-Spitzenverband [Internet]. Übersicht zu den Erstattungsbetragsverhandlungen nach § 130b SGB V auf der Internetpräsenz des GKV-Spitzenverbandes [aktualisiert am 15.05.2015, letzter Zugriff am 18.06.2015]. URL: http://www.gkv-spitzenverband.de/krankenversicherung/arzneimittel/rabatt_verhandlungen_nach_amnog/erstattungsbetragsverhandlungen_nach___130b_sgb_v/erstattungsbetragsverhandlungen_nach_130b_sgb_v_vl.jsp External link
3.
ABDATA Pharma-Daten-Service der Werbe- & Vertriebsgesellschaft Deutscher Apotheker (WuV) [Internet]. ABDA-Artikelstamm – Aktuelle wirtschaftliche Daten für apothekenübliche Präparate [aktualisiert am 15.06.2015, letzter Zugriff am 18.06.2015]. URL: http://www.pharmazie.com/dacon32/global/Datenbanken/abdaartikelstamm.htm External link
4.
Informationsstelle für Arzneispezialitäten GmbH (IFA GmbH) [Internet], IFA GmbH [tägliche Aktualisierung, letzter Zugriff am 18.06.2015]. URL: http://www.ifaffm.de/de/home.html External link