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GMDS 2015: 60. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie e. V. (GMDS)

Deutsche Gesellschaft für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie

06.09. - 09.09.2015, Krefeld

Inhaltsanalyse mit Hilfe semantischer Webtechnologien

Meeting Abstract

  • Thomas Kupka - Peter L. Reichertz Institut für Medizinische Informatik der TU Braunschweig und der Medizinischen Hochschule Hannover, Standort Medizinische Hochschule Hannover, Hannover, Deutschland
  • Marianne Behrends - Peter L. Reichertz Institut für Medizinische Informatik der TU Braunschweig und der Medizinischen Hochschule Hannover, Standort Medizinische Hochschule Hannover, Hannover, Deutschland
  • Regina Schmeer - Pflegewissenschaft, Medizinische Hochschule Hannover, Hannover, Deutschland
  • Marcus B. Becker - Peter L. Reichertz Institut für Medizinische Informatik der TU Braunschweig und der Medizinischen Hochschule Hannover, Standort Medizinische Hochschule Hannover, Hannover, Deutschland
  • Christoph Barthel - Peter L. Reichertz Institut für Medizinische Informatik der TU Braunschweig und der Medizinischen Hochschule Hannover, Standort Medizinische Hochschule Hannover, Hannover, Deutschland
  • Michael Marschollek - Peter L. Reichertz Institut für Medizinische Informatik der TU Braunschweig und der Medizinischen Hochschule Hannover, Standort Medizinische Hochschule Hannover, Hannover, Deutschland

GMDS 2015. 60. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie e.V. (GMDS). Krefeld, 06.-09.09.2015. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2015. DocAbstr. 210

doi: 10.3205/15gmds097, urn:nbn:de:0183-15gmds0977

Published: August 27, 2015

© 2015 Kupka et al.
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Text

Einleitung: Semantische Webtechnologien [1] stehen seit über einem Jahrzehnt zur Erweiterung von Webseiteninhalten zur Verfügung, damit auch Maschinen diese entsprechend ihrer Bedeutung interpretieren können. Allerdings wird diese zusätzliche Repräsentation der Inhalte in einer formalisierten Form nur auf wenigen Webseiten realisiert. Im Projekt DBPedia etwa werden Informationen aus der Wikipedia in einer solchen formalisierten Form bereitgestellt. Genutzt wird hierfür das Resource Description Framework (RDF).

Mit Hilfe formalisierten Wissens können bestimmte Inhalte auf Webseiten automatisch erzeugt werden. Diesen Ansatz verfolgt etwa das Projekt Wikidata für die Wikipedia, um Infoboxen und Listen automatisch zu erstellen. Eine weitere Anwendungsmöglichkeit wäre das automatische Erzeugen weiterer Informationen durch logisches Schließen (Inferenz).

Im BMBF-geförderten Projekt Witra Pflege (Förderkennzeichen: 16SV6380) [2], [3] werden von neuen Mitarbeitern im Pflegebereich während ihrer Einarbeitungsphase Lernerfahrungen in Form von Texten, Bildern, Audio- und Videomaterial als persönliche Lernressourcen gesammelt. Um den Mitarbeitern in diesem Projekt die Klassifizierung und die Analyse der Lernressourcen zu ermöglichen, wurde das Content-Management-System Medical Schoolbook [4] eingesetzt, welches die Möglichkeit bietet, Inhalte durch Metainformationen mit Hilfe semantischer Webtechnologien zu erweitern und diese auszuwerten. Die Metainformationen werden in Form eines RDF-Graphen repräsentiert, der in einem Triple Store gespeichert wird. An diesen lassen sich Anfragen mit Hilfe der graphenbasierten Anfragesprache SPARQL stellen. Im Projekt Witra Pflege konnte so der Einsatz semantischer Webtechnologien erkundet werden. In diesem Beitrag wird dargestellt, inwieweit der Einsatz dieser Technologien eine sinnvolle Methode zur Inhaltsanalyse im Kontext des Witra-Projektes darstellt.

Material und Methoden: Zur Beurteilung der im Projekt Witra gesammelten Lerneinheiten wurden diese sowohl automatisch als auch manuell durch Experten mit Metadaten ausgezeichnet. Die gesammelten Lernressourcen werden dazu klassifiziert. Das verwendete Klassifikationsschema besteht aus 10 Achsen. Vier Achsen bilden Expertenwissen (Pflegearbeitsalltag, Qualitätsmanagement, Pflegestandards und Qualität) ab und sechs Achsen werden automatisch bestimmt (Station, Datentyp, Person, Datum, Zeit und Gerät). Die Kategorie „Pflegearbeitsalltag“ erlaubt eine Einteilung nach pflegerischen Tätigkeiten. In der Kategorie „Qualitätsmanagement“ werden Arbeitsprozesse nach einem hausintern entwickelten Schema zur Zertifizierung nach DIN ISO 9001 abgebildet. In der Kategorie „Qualität“ wird zwischen „normal“, „interessant“, „unklar“ und „verworfen“ unterschieden.

Alle von den Pflegekräften erfassten Lernressourcen werden automatisch in das Medical Schoolbook importiert. Für jede Lernressource wird dabei eine eigene Seite erstellt und es werden die Metainformationen der sechs automatisch bestimmten Achsen erzeugt. In einem zweiten Schritt wird das Expertenwissen erstellt, indem Experten aus dem Bereich Pflege Auszeichnungen entsprechend der Pflegekategoriesysteme vornehmen. Auf diese Weise werden die Lernressourcen mit weiteren Metainformationen versehen.

Diese Metainformationen werden in RDF als Tripel, bestehend aus Subjekt, Prädikat und Objekt repräsentiert. Die Achsen des Kategoriesystems werden als Prädikate dargestellt, die Lernressourcen als Subjekte und die Klassen als Objekte. Somit lässt sich z.B. über eine Lernressource L1 folgende Aussagen treffen: L1 (Subjekt) gehoert zu (Prädikat) Nebentaetigkeiten der Pflege (Objekt) oder L1 (Subjekt) hat die Qualitaet (Prädikat) interessant (Objekt).

Die so in RDF erstellte Wissensbasis ermöglicht es, Antworten auf neue Fragen zu finden, indem Anfragen an den Triple Store gestellt werden. So lässt sich z.B. die Frage formulieren: Welche Pflegenebentätigkeiten wurden von welchen Personen erfasst und welchen Datentyp und welche Qualität haben diese Lernressourcen? Das Ergebnis zu dieser Frage wird auf einer Webseite ausgegeben. So lassen sich dynamische Listen der Lernressourcen und ihren Auszeichnungen bzw. Klassifizierungen erstellen, die je nach Anfrage eine unterschiedliche Präsentation der Lernressourcen bieten.

Ergebnisse: Der hier erprobte Einsatz semantischer Webtechnologien erwies sich als praxistauglich und sinnvoll, um die von den neuen Pflegekräften gesammelten Inhalte zu analysieren. Sowohl die Kategorisierung der Lernressourcen als auch die Erweiterung der Kategoriesysteme durch die Benutzer war unproblematisch. Die Systemarchitektur ist sinnvoll, da Datenstrukturen flexibel modelliert werden können. Schemainformationen werden durch RDF modelliert und nicht durch die unflexible Tabellenstruktur einer relationalen Datenbank.

Es entstand eine Wissensbasis auf der Grundlage eines semantischen Webstandards, die unabhängig von einem bestimmten System, hier dem Medical Schoolbook, ist und zu anderen RDF-basierten Wissensbasen kompatibel ist. Die Wissensrepräsentation durch RDF bietet die Möglichkeit vielfältige Sichten des gesammelten Wissens darzustellen.

Diskussion: Im Rahmen des Projektes Witra Pflege wurden semantische Webtechnologien zur automatischen Erzeugung bestimmter Listen der gesammelten Lernressourcen genutzt, die eine Beurteilung dieser Sammlung erlauben. Durch Inferenz, d.h. durch logisches Schließen auf Basis der vorgenommenen Auszeichnungen bzw. Klassifizierungen ließe sich die Wissensbasis noch erweitern.

Zukünftig könnten durch Nutzung dieser Wissensbasis bereits vorhandene Lernressourcen für neue Mitarbeiter zur Verfügung gestellt werden, etwa indem ein mobiler Assistent in Form eines Tablet-Computers ihnen unter Berücksichtigung ihres Aufenthaltsortes und ihrer Lernpräferenzen automatisch die richtigen Lernressourcen anbietet.


Literatur

1.
Hitzler P, Krötzsch M, Rudolph S, Sure Y. Semantic Web: Grundlagen. Springer-Verlag; 2008.
2.
Behrends M, Becker MB, Schmeer R, Marschollek M. Das Projekt Witra Pflege: Implizites Wissen beruflich Pflegender sichtbar machen. In: GMDS, editor. GMDS 2014. 59. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie e.V. (GMDS). Göttingen, 07.-10.09.2014. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2014. DocAbstr. 179. DOI: 10.3205/14gmds136 External link
3.
Becker MB, Behrends M, Barthel C, Kupka T, Schmeer R, Meyenburg-Altwarg I, Marschollek M. Developing a mobile application for recording learning experiences in nursing practice. Accepted for MIE 2015.
4.
Kupka T, Behrends M, Matthies HK. Implementierung und Nutzung semantischer Webtechnologien in einem Content Management System. In: Deutsche Gesellschaft für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie (GMDS). Mainz//2011. 56. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie (gmds), 6. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Epidemiologie (DGEpi). Mainz, 26.-29.09.2011. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2011. Doc11gmds478. DOI: 10.3205/11gmds478 External link