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GMDS 2015: 60. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie e. V. (GMDS)

Deutsche Gesellschaft für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie

06.09. - 09.09.2015, Krefeld

Analyse der TermInfo Problematik in Bezug auf Lage- und Richtungsbezeichnungen in der Medizin

Meeting Abstract

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  • Simon Roschu - Hochschule Niederrhein, Krefeld, Deutschland
  • Heike Dewenter - Hochschule Niederrhein, Krefeld, Deutschland
  • Sylvia Thun - Hochschule Niederrhein, Krefeld, Deutschland

GMDS 2015. 60. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie e.V. (GMDS). Krefeld, 06.-09.09.2015. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2015. DocAbstr. 151

doi: 10.3205/15gmds092, urn:nbn:de:0183-15gmds0920

Published: August 27, 2015

© 2015 Roschu et al.
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Einleitung: Die Schaffung und Sicherstellung der Interoperabilität von Informations- und Kommunikationssystemen im Gesundheitswesen erlangt immer mehr an Bedeutung. Es wird nicht nur ein anwendungsübergreifender Informationsaustausch, sondern ebenfalls eine Internationalisierung des Dokumentationsstandards angestrebt. Die Erstellung einer geeigneten IT-Infrastruktur spielt dabei eine große Rolle. Diese setzt sich sowohl aus syntaktischen Standards, wie HL7 V3, als auch aus semantischen Standards, wie der Terminologie SNOMED CT zusammen. Durch die Syntaktik wird ein präziser Zugriff auf bestimmte Datenfelder ermöglicht, während die Semantik die Bedeutung der Felder festlegt [1]. Aufgrund einer langjährigen, nicht aufeinander abgestimmten Entwicklung der oben genannten Standards, kam es zur Entstehung unerwünschter Lücken und Überschneidungen. So lassen sich in SNOMED CT, das mit ca. 311.000 Konzepten und ca. 1 Mio. Termen äußerst umfassend ist, Ausdrücke finden, die über den eigentlichen Inhalt einer Terminologie hinausgehen. Ebenso sind auch in HL7 V3 Relationen vorhanden, die terminologische Merkmale aufweisen [2]. Folglich können gleiche Sachverhalte verschieden kodiert werden, wodurch die gewünschte Interoperabilität nicht gewährleistet wird. Diese sogenannte TermInfo Problematik wird konkret in einem Implementierungsleitfaden der HL7 TermInfo Projektgruppe aufgegriffen [3]. In diesem werden Regeln, Richtlinien und Begründungen festgehalten, welche die Konvertierung von SNOMED CT in HL7 V3 erleichtern sollen. Aus diesem Anlass hat die HL7 TermInfo Projektgruppe die Schnittstellen zwischen dem syntaktischen Informationsmodell HL7 V3 und SNOMED CT genau untersucht.

Wie kann am Beispiel der Lage- und Richtungsbezeichnungen eine falsche Kodierung vermieden werden? Hierbei wird Bezug auf Beispiele genommen, welche dem Modul Trauma des vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) geförderten Projekts Aktionsbündnis für Informations- und Kommunikationstechnologie in Intensiv- und Notfallmedizin (AKTIN) entnommen werden. Das Projekt zielt durch den Aufbau eines Notaufnahmeregisters auf eine Verbesserung der Versorgungsforschung in der Akutmedizin ab [4]. Dabei steht eine standardisierte elektronische Dokumentation im Vordergrund, weswegen auch in diesem Projekt die TermInfo Problematik potentiell auftreten kann.

Material und Methoden: Durch intensive Internetrecherche wurden zunächst generelle Informationen über die TermInfo Problematik gesammelt. Ein essentielles Dokument, welches diese Problematik und Lösungsoptionen aufgreift ist der Implementierungsleitfaden „Using SNOMED CT in HL7 Version 3; Implementation Guide, Release 1.5“ [3]. Dieser beschreibt die korrekte Benutzung von SNOMED CT innerhalb von HL7 V3, welcher von der TermInfo Projektgruppe erstellt wurde, um semantische Interoperabilität sicherzustellen. In diesem Leitfaden wird u.a. das Problem der semantischen Überlappung bezüglich Lage- und Richtungsbezeichnungen in der Medizin untersucht. Dabei ist vor allem das Kapitel zwei des Leitfadens, „Guidance on Overlaps between RIM and SNOMED CT Semantics“, von Bedeutung, welches als Richtlinie für die Identifizierung semantischer Überschneidungen dient und begründete Regeln und Richtlinien anbietet, um diese zu beseitigen [3]. Die Analyse der TermInfo Problematik wird anhand semantisch kodierter Inhalte des Moduls Trauma des DIVI-Notaufnahmeprotokolls demonstriert. Innerhalb dieses Dokumentes treten diverse Angaben verschiedener Lagebezeichnungen auf.

Dazu wird zuerst untersucht, an welchen Stellen im Modul Trauma Lage- und Richtungsbezeichnung auftreten. Anschließend wird an zwei Beispielen, „Anlage Thoraxdrainage rechts“ und „Verletzung der unteren Extremität“, konkretisiert, dass eine semantische Überschneidung möglich ist und wie vorgegangen werden soll, um diese zu verhindern.

Für die semantische Kodierung der relevanten Inhalte in SNOMED CT wird der Browser CliniClue Xplore® mit der SNOMED CT International Edition (2014-07-31) verwendet [5].

Ergebnisse: Die Ergebnisse dieser Untersuchung sind, dass semantische Überschneidungen möglich sind, da gleiche Inhalte verschieden kodiert werden können. So lassen sich Lage- und Richtungsbezeichnungen bei Prozeduren sowohl über die SNOMED CT Concept-ID, als auch über die Verwendung des Procedure.targetSiteCodes innerhalb von HL7 V3 darstellen. Um diese TermInfo Problematik zu verhindern, ist im Leitfaden festgelegt, dass Seitenangaben durch SNOMED CT auszudrücken sind [3]. Ohne konkrete Richtlinien, in diesem Fall dem Implementierungsleitfaden, käme es zu Redundanzen und Unstimmigkeiten, denn unterschiedliche Kodierer würden potenziell die Seitenangabe der Prozedur auf verschiedene Arten kodieren, wodurch die Schaffung von Interoperabilität nur schwer möglich wäre.

Die exemplarische Analyse der TermInfo-Problematik in Bezug auf die Lage- und Richtungsbezeichnungen im Modul Trauma liefert folgende Ergebnisse. Es konnten zehn Feldnamen identifiziert werden, bei denen Lage- und Richtungsbezeichnungen auftreten. Die verschiedenen Ausprägungen sind rechts/links (Beispiel 1: Anlage Thoraxdrainage rechts), sowie oben/unten (Beispiel 2: Verletzung der unteren Extremität).

Da es sich bei Beispiel 1 um eine Prozedur handelt, die zusätzlich noch mit einer Seitenangabe erweitert ist, werden an dieser Stelle sowohl für „Anlage Thoraxdrainage“ als auch für „rechts“ SNOMED CT zwei getrennte Concept-IDs benötigt, da für diese Prozedur kein postkoordinierter SNOMED-CT Ausdruck vorliegt. Vorher werden die zu kodierenden Inhalte in die englische Sprache übersetzt, denn es gibt keine qualitätsgesicherte Version von SNOMED CT auf Deutsch [2]. Anschließend ist es möglich, über CliniClue Xplore® die passende SNOMED CT Concept-ID zum gegeben Inhalt zu suchen. So lautet für „Anlage Thoraxdrainage“ die passende Übersetzung “insertion of chest drain”. Dies entspricht der ID 264957007. Für “rechts” ergibt sich “right side”, was der ID 24028007 entspricht.

Das Verfahren für Beispiel 2 gleicht dem Vorherigen. Aus dem deutschen Term „Verletzung untere Extremität“ wird „injury of lower extremity“. Eingegeben in den CliniClue Xplore® Browser ergibt sich die ID127279002. Bedeutend für dieses Beispiel ist, dass ein SNOMED CT Code vorhanden ist, der sowohl die Verletzung, als auch die Lokalisation kennzeichnet.

Bei der (nicht zugelassenen) Kodierung über HL7 V3, würde über den „Procedure.targetSiteCode“ für „rechts“, bzw. „obere“ ein Verweis auf das SNOMED CT Konzept für „Anlage Thoraxdrainage“, bzw. „Verletzung untere Extremität“ stattfinden [3].

Diskussion: Auftretende Probleme bei kombinierter Nutzung von HL7 und SNOMED CT werden in dem Implementierungsleitfaden zur Konvertierung SNOMED CTs in HL7 V3 behandelt. Die in dieser Analyse behandelte Problematik der Lage- und Richtungsbezeichnung lässt sich durch Befolgen der klaren Anweisungen des Leitfadens umgehen. Auch in Bezug auf andere Bereiche, die im DIVI-Notaufnahmeprotokoll auftreten und mit der TermInfo-Problematik in Berührung kommen, wie z. B. Verneinungen (Schwangerschaft: Ja oder Nein) oder Unsicherheiten (Verdacht auf eine Drogenintoxikation), lassen sich Lösungsvorschläge und Regeln in der Leitlinie finden. So kann auftretenden Problemen vorgebeugt werden und durch das Beachten dieser Regeln eine semantische Interoperabilität und einheitliche Informationsübertragung möglich gemacht werden. Voraussetzung ist jedoch die Einführung von SNOMED CT notwendig, um durch praktischen Einsatz weitere Erfahrungen mit diesem Lösungsansatz zu sammeln.


Literatur

1.
Ingenerf J. Terminologien oder Klassifikationen [Internet]. 2007 Jul [zitiert am 18.03.2015]. URL: http://link.springer.com/article/10.1007/s00103-007-0298-3 External link
2.
Schulz S. Wozu benötigen wir standardisierte Terminologien wie SNOMED CT? [Internet]. 2011 Jan [zitiert am 19.03.2015]. URL: http://www.researchgate.net/publication/256437656_Wozu_bentigen_wir_standardisierte_Terminologien_wie_SNOMED_CT External link
3.
HL7 TermInfo Project. Using SNOMED CT in HL7 Version 3; Implementation Guide, Release 1.5 [Internet]. 2009 May [zitiert am 13.03.2015]. URL: http://wiki.hl7.org/index.php?title=Using_SNOMED_CT_in_HL7_Version_3;_Implementation_Guide,_Release_1.5 External link
4.
Förderprojekt „Aktionsbündnis für Informations- und Kommunikationstechnologie in Intensiv- und Notfallmedizin“ [Internet]. 2013 Nov[zitiert am 19.03.2015]. URL: http://www.aktin.org/ External link
5.
;CliniClue. CliniClue Xplore Browser [Internet]. 2009 [zitiert am 19.03.2015]. URL: http://www.cliniclue.com/cliniclue_xplore External link