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GMDS 2015: 60. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie e. V. (GMDS)

Deutsche Gesellschaft für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie

06.09. - 09.09.2015, Krefeld

Digitales Publizieren in der Medizin: Forschungsdaten und Textpublikationen

Meeting Abstract

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  • Birte Lindstädt - ZB MED – Leibniz-Informationszentrum Lebenswissenschaften, Köln, Deutschland

GMDS 2015. 60. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie e.V. (GMDS). Krefeld, 06.-09.09.2015. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2015. DocAbstr. 101

doi: 10.3205/15gmds054, urn:nbn:de:0183-15gmds0547

Published: August 27, 2015

© 2015 Lindstädt.
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Einleitung: Open Access und Open Data sind Entwicklungen, die im Sinne von Transparenz und der „guten wissenschaftlichen Praxis“ dazu dienen, der wissenschaftlichen Öffentlichkeit schnell und – für den Nutzer kostenfrei – Forschungsergebnisse zur Verfügung zu stellen.

In erster Linie sind es derzeit Artikel in wissenschaftlichen Zeitschriften, die für eine Open-Access-Publikation genutzt werden, um wissenschaftliche Erkenntnisse frei zugänglich zu machen. Die Publikation von Forschungsdaten steckt, insbesondere in der Medizin, demgegenüber noch in den Anfängen.

Welche Vorteile und Nachteile bietet nun das Open-Access-Publizieren von Artikeln und Forschungsdaten (das sog. Data Sharing)?

Open Access zu publizieren führt zu einer zeitnahen Veröffentlichung, einer hohen Sichtbarkeit weltweit und der Möglichkeit einer schnellen Weiterverwertung der Ergebnisse. Darüber hinaus liegt das Verwertungsrecht in der Regel beim Autor und die Zitationsrate steigt, wie verschiedene Studien belegen (vgl. [1]].

Andererseits spielt der sog. Journal Impact Factor (JIF) für die Forschenden nach wie vor eine wesentliche Rolle, d.h. sie achten bei der Publikation ihrer Forschungsergebnisse zunächst auf die thematische Ausrichtung der Zeitschrift, das Vorhandensein und die Höhe des JIFs und erst dann auf die Tatsache, ob es sich um eine Open-Access-Zeitschrift handelt, u.a. da es keine „Belohnungsstruktur“ für eine Open Access Publikation gibt. Auch die Artikelkosten für primäre Open-Access Veröffentlichungen, die von den Autoren erbracht werden müssen, stellen ein Hemmnis dar.

Die Vorteile des Data Sharings liegen vor allem darin, dass Forschungsdaten nachnutzbar und zitierfähig sind, wissenschaftliche Ergebnisse nachvollziehbar und überprüfbar werden und der Erkenntnisprozess durch mögliches kollaboratives Arbeiten beschleunigt wird.

Hemmnisse liegen hier vor allem darin, dass die Forschenden „ihre“ Daten so lange zurückhalten wollen bis alle Forschungsaspekte ausgewertet und publiziert sind und, dass die Daten nicht allgemein öffentlich gestellt, sondern nur einem begrenzten Personenkreis zur Verfügung gestellt werden sollen. Darüber hinaus gibt es eine Vielzahl von Fragen im Hinblick auf die rechtliche Situation.

Sowohl bei der Veröffentlichung von Artikeln als auch von Forschungsdaten ist daher eine verstärkte Aufklärungs- und Beratungsarbeit notwendig.

Material und Methoden: Welche Möglichkeiten des Publizierens in Open Access von Texten und Forschungsdaten gibt es in der Medizin?

In der Medizin gibt es derzeit bereits eine Reihe von Open-Access-Verlagen. Zu den bekanntesten zählen Public Library of Science (PLoS) in den USA und BioMed Central in Großbritannien. Auch die Zahl der Open-Access-Zeitschriften in der Medizin ist gegenüber anderen Disziplinen vergleichsweise hoch. Von den im Directory of Open Access Journals (DOAJ) erfassten rund 10.000 Zeitschriften stammt ca. ein Fünftel aus der Medizin.

In Deutschland bietet ZB MED mit der Publikationsplattform German Medical Science GMS in Kooperation mit DIMDI und AWMF, eine Publikationsmöglichkeit, die es den medizinischen Fachgesellschaften ermöglicht, ihre Artikel schnell und den wissenschaftlichen Standards (Review-Verfahren, Zitierbarkeit) entsprechend zu publizieren. Die Zeitschrift „GMS Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie (MIBE)“ veröffentlicht beispielsweise Artikel und Berichte über den innovativen Einsatz von Methoden, Konzepten, Werkzeugen und Lösungen auf den Gebieten der Medizinischen Informatik, Biometrie, Epidemiologie, Medizinischen Dokumentation und der Informatik in den Lebenswissenschaften. Herausgeber ist die GMDS. Die Konferenzbeiträge der GMDS-Jahrestagung werden ebenfalls über GMS publiziert.

Auch Forschungsdaten können im Zusammenhang mit einer Publikation in den Open-Access-Zeitschriften von GMS veröffentlicht und dauerhaft im Forschungsdatenrepositorium Dryad gespeichert werden. Einzelne Forschungsdatensätze können künftig über das Fachrepositiorium Lebenswissenschaften von ZB MED abgelegt werden, das Zweitveröffentlichungen von Verlagspublikationen in digitaler Form ermöglicht.

Darüber hinaus findet sich eine Vielzahl weiterer Forschungsdatenrepositorien in der Medizin mit meist sehr spezifischen Zuschnitt, z.B. für Krebsregister- oder Genomdaten. Repositorien für Forschungsdaten müssen die Spezifika der Daten in einer Fachdisziplin berücksichtigen, beispielsweise im Hinblick auf Datenformate, Dateigrößen oder den zur Beschreibung eines Datensatzes notwendigen Metadaten.

Relativ neu ist das Konzept der Living Handbooks. Es bietet die Möglichkeit, kostengünstig und zeitnah Handbücher zu publizieren, ohne auf die gleichzeitige Fertigstellung aller Kapitel angewiesen zu sein. Neben dem Schreiben einzelner Kapitel können diese auch ständig aktualisiert werden, indem jede Version separat und nachvollziehbar gespeichert und dargestellt wird. Auch die Einbindung von Forschungsdaten und/oder Bildmaterialien, Videos etc. ist möglich. Seit Oktober 2014 ist der Prototyp des „Living Textbook of Handsurgery“ (http://gms-books.de/) von ZB MED und GMS gGmbH online.

Als Grundlage der Auffindbarkeit und Zitierfähigkeit von digitalen Objekten vergibt ZB MED Digital Object Identifier (DOI) für Forschungsdatensätze und Zeitschriftenartikel.

Ergebnisse: Poster und Kurzpräsentation gehen auf die wichtigsten Punkte ein, die beim wissenschaftlichen digitalen Publizieren von Forschungsergebnissen – auch von Forschungsdaten – zu beachten sind und hat zum Ziel, einen Überblick zu geben und erste Fragen der Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler zu dem Thema zu beantworten.

Diskussion: Zu diskutieren ist, welche Maßnahmen ergriffen werden sollten, um das Open-Access-Publizieren und das Data Sharing im Sinne der „guten wissenschaftlichen Praxis“ in der Medizin voranzutreiben, und welche Hürden hierfür abgebaut werden müssen.

Zunächst stellt sich die Frage wie sich Forschungsdaten in der Medizin überhaupt definieren?

Als Forschungsdaten in der Medizin werden u.a. genannt2[2]:

  • Bilddaten aus bildgebenden Verfahren (z.B. MRT)
  • Sensordaten aus Biosignal- oder Vitalparametermessung (z.B. EKG, EEG)
  • Biomaterialdaten aus Laboruntersuchungen (z.B. Blutproben, Genom-Daten)
  • Befunddaten aus ärztlichen Diagnostik (z.B. Anamnese)
  • Statistikdaten (z.B. aus anonymisierten Befunddaten)
  • Klassifikationen und Codes zu Krankheiten oder Materialien

Je nach Art und Format der Daten müssen die entsprechenden Infrastrukturen für Publikation und Erhaltung der Forschungsdaten geschaffen werden.

Der Rahmen, den die Forschungsförderer im Hinblick auf Open Access und Open Data setzen, weist in diese Richtung. Verschiedene Stellungnahmen und Empfehlungen von Förder- und Wissenschaftsorganisationen auf nationaler und internationaler Ebene unterstreichen beispielsweise die Bedeutung der Forschungsdaten. So streben sowohl die DFG als auch die Europäische Kommission langfristig an, von den Bearbeitern der Förderprojekte zu verlangen, den Umgang mit Forschungsdaten sowie die Daten selber zu dokumentieren und sie zu veröffentlichen. Die EU hat beispielsweise im Rahmen von Horizon 2020 den sog. Open Data Pilot gestartet [3].

Die Forderungen umfassen u.a. die Erarbeitung eines projektbezogenen Datenmanagementplans (vgl. [4]).


Literatur

1.
Schwan A. The Open Access Citation Advantage – Studies and results to date. 2010. http://eprints.soton.ac.uk/268516/2/Citation_advantage_paper.pdf External link
2.
Neuroth H, et al. Langzeitarchivierung von Forschungsdaten – eine Bestandsaufnahme, Kapitel 12: Medizin. 2012. http://nestor.sub.uni-goettingen.de/bestandsaufnahme/nestor_lza_forschungsdaten_bestandsaufnahme.pdf External link
3.
European Commission. Open Data Pilot in Horizon 2020 - EC funded projects. https://www.openaire.eu/horizon-2020-open-data-pilot-factsheet/view-document External link
4.
Ludwig J, Enke H, Hrsg. Leitfaden zum Forschungsdatenmanagement. 2013. http://www.wissgrid.de/publikationen/Leitfaden_Data-Management-WissGrid.pdf External link