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GMDS 2015: 60. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie e. V. (GMDS)

Deutsche Gesellschaft für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie

06.09. - 09.09.2015, Krefeld

Extraktion und Transfer patientenbezogener Daten aus klinischen Informationssystemen in Studiendatenbanken – effektive Unterstützung klinisch-epidemiologischer Forschung durch ein Data Warehouse

Meeting Abstract

  • Mathias Kaspar - Deutsches Zentrum für Herzinsuffizienz, Universitätsklinikum Würzburg, Würzburg, Deutschland
  • Georg Fette - Lehrstuhl Informatik VI, Universität Würzburg, Würzburg, Deutschland
  • Max Ertl - Lehrstuhl Informatik VI, Universität Würzburg, Würzburg, Deutschland
  • Georg Dietrich - Lehrstuhl Informatik VI, Universität Würzburg, Würzburg, Deutschland
  • Nils Nagler - Deutsches Zentrum für Herzinsuffizienz, Universitätsklinikum Würzburg, Würzburg, Deutschland
  • Stefan Störk - Deutsches Zentrum für Herzinsuffizienz, Universitätsklinikum Würzburg, Würzburg, Deutschland
  • Christiane Angermann - Deutsches Zentrum für Herzinsuffizienz, Universitätsklinikum Würzburg, Würzburg, Deutschland
  • Frank Puppe - Lehrstuhl Informatik VI, Universität Würzburg, Würzburg, Deutschland

GMDS 2015. 60. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie e.V. (GMDS). Krefeld, 06.-09.09.2015. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2015. DocAbstr. 196

doi: 10.3205/15gmds042, urn:nbn:de:0183-15gmds0428

Published: August 27, 2015

© 2015 Kaspar et al.
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Text

Einleitung: Die Durchführung klinischer Studien bedarf meist einer umfangreichen Dokumentation soziodemografischer, klinischer und anderer studienspezifischer patientenbezogener Parameter. Auch wenn solche Studiendaten letztendlich digital in einer kommerziellen oder eigenentwickelten Studiendatenbanken gespeichert werden (wie z.B. SecuTrial), werden sie primär doch häufig auf papier-basierten Case-Report-Forms (CRF) dokumentiert. Häufig werden die für die Durchführung der Studie zu erhebenden Daten jedoch bereits in der klinischen Routine erhoben und in Krankenhausinformationssystemen (KIS) dokumentiert. Weniger verbreitet ist bisher der strukturierte Import dieser KIS-Daten in ein Data Warehouse (DWH).

Im Rahmen dieser Arbeit wird ein Konzept zur Studienunterstützung vorgestellt, mit dem Studiendaten begleitend zur Studie über einen automatisierten Prozess aus verschiedenen Systemen eines KIS über ein DWH in eine Studiendatenbank importiert werden. Es werden dabei nicht nur Routinedaten übernommen, sondern teilweise auch Daten aus zusätzlicher Dokumentation der Studie im KIS. Dieses Konzept wurde in einer großen derzeit am Universitätsklinikum Würzburg rekrutierenden prospektiven klinischen Kohortenstudie (Register für akute Herzinsuffizienz, AHF) implementiert, um Zeit zu sparen, handgeschriebene Dokumentation und Fehlerpotential zu vermindern und dadurch die Datenqualität zu erhöhen.

Material und Methoden: Grundlage der Studiendatenextraktion ist das an der Universität Würzburg entwickelte klinische Data Warehouse, welches bereits an anderer Stelle vorgestellt wurde [1]. Einerseits bietet das DWH die für solche Systeme typische Funktionalität an, um Daten aus verschiedenen Datenquellen (z.B. Laborwerte sowie Prozedur- und Diagnoseschlüssel) über Extract, Transform, Load (ETL) Prozesse in ein einheitliches Format zu überführen und zu speichern. Der Hauptvorteil dieses DWHs ist jedoch das Abfrage-System, dass für die Nutzung für medizinische Studien optimiert wurde. Weiterhin existiert ein Prozess für die tägliche Aktualisierung des DWH.

Zu Beginn der Patientenrekrutierung der Studie wurden neue Formulare im KIS angelegt, um bisher nicht in der Routine erhobene Daten zentral strukturiert zu dokumentieren. Um diese und einige weitere zuvor nicht eingebundene Datenquellen automatisiert in die Studiendatenbank zu überführen, wurden neue Datenimportmodule für das DWH entwickelt. Zu diesen gehören Patientenbewegungen zwischen Abteilungen und Stationen, Medikationen und Vitalparameter. Weiterhin wurden Datenbankabfragen definiert, durch welche die entsprechenden Studiendaten aus dem DWH exportiert werden können. Für die Aufbereitung der exportierten Daten für die Studiendatenbank wurden Skripte im Statistikprogramm R entwickelt.

Ergebnisse: Die Umsetzung des Konzepts, wie sie momentan für die tägliche Studiendatenextraktion genutzt wird, sieht wie folgt aus: Es wird täglich ein Programm automatisiert gestartet um den kompletten im Folgenden beschriebenen Prozess auszuführen. Als Erstes werden acht komplexe Abfragen vom DWH ausgeführt. Die resultierenden Datentabellen werden pro Abfrage in separate CSV Dateien gespeichert. Da für alle Patienten eine Einwilligung existiert, kann das Identitätsmanagement daraufhin automatisiert die De-Pseudonymisierung dieser Daten triggern. Dabei wird in den Daten das Pseudonym mit dem KIS Identifier ausgetauscht und die Daten in einem anderen gesicherten Verzeichnis gespeichert. Als nächstes wird R mit einem vordefinierten Skript ausgeführt, über welches die Daten korrespondierend zur Struktur der Studien-CRFs zusammengefasst bzw. neue Variablen berechnet werden. Diese aggregierten Daten werden in zwei Arten abgespeichert: 1.) Um die Daten visuell und einfach auf Vollständigkeit prüfen zu können, werden pro Patient übersichtliche HTML Dokumente erstellt, die die nach Fällen unterteilten Daten präsentieren; 2.) Weiterhin werden diese Daten für den Import in die Studiendatenbank in einer CSV Datei gespeichert. Da das DWH täglich automatisiert aktualisiert wird, wird auch dieser Studienextraktionsprozess täglich ausgeführt.

Diskussion: Mit diesem Konzept können wir zeigen, dass ein DWH nicht nur für einzelne beliebig komplexe Abfragen, z.B. zur Patientenrekrutierung, genutzt werden kann, sondern auch als ein wichtiger Bestandteil für die begleitende Dokumentation prospektiver Studien.

Zum aktuellen Zeitpunkt ist das System, bis auf den Import in die Studiendatenbank, bereits lauffähig, befindet sich jedoch noch immer in der Testphase. Unter anderem sollen noch einzelne Domänen hinzugefügt werden und die Datenaufbereitung für die Studiendatenbank verbessert werden. Mit Hilfe der strukturierten und vereinheitlichten Speicherung von klinischen Routinedaten des KIS im DWH zeigt dieses System aber bereits jetzt das große Potential, die manuelle Studiendokumentation und somit Zeitaufwand und Fehleranfälligkeit zu vermindern.

Durch den täglichen Export dieser Daten, im Gegensatz zu einem einmaligen Export zum Studienende, wird es dem Studienpersonal ermöglicht, die Daten zeitnah auf Vollständigkeit zu prüfen. Somit können dringend benötigte Variablen zeitnah nacherhoben werden, falls diese nicht während der Routine bereits erhoben wurden.

Da die Verbreitung elektronischer Patientenakten (EPA) an Krankenhäusern mittlerweile stark angestiegen ist bzw. viele Krankenhäuser ohne EPA derzeit an deren Implementierung arbeiten [2], wird wahrscheinlich auch der Anteil der strukturierten Dokumentation in Krankenhausinformationssystemen weiter ansteigen. Daher wird diese Art der Studienunterstützung in Zukunft noch relevanter und nützlicher werden.


Literatur

1.
Fette G, Ertl M, Wörner A, Kluegl P, Störk S, Puppe F. Information Extraction from Unstructured Electronic Health Records and Integration into a Data Warehouse. Lecture Notes in Informatics (LNI). 2012; 208: 1238-52
2.
Hübner U, Liebe JD, Egbert N, Frey A. IT-Report Gesundheitswesen - Schwerpunkt IT im Krankenhaus. Schriftenreihe des Niedersächsischen Ministeriums für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr. 2011. http://www.it-report-gesundheitswesen.info/ External link