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GMDS 2015: 60. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie e. V. (GMDS)

Deutsche Gesellschaft für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie

06.09. - 09.09.2015, Krefeld

Burnout Prävention mit Smartphone-Apps

Meeting Abstract

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  • Daniela Kulik - Hochschule Niederrhein, Krefeld, Deutschland
  • Hubert Otten - Hochschule Niederrhein, Krefeld, Deutschland
  • Sylvia Thun - Hochschule Niederrhein, Krefeld, Deutschland

GMDS 2015. 60. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie e.V. (GMDS). Krefeld, 06.-09.09.2015. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2015. DocAbstr. 156

doi: 10.3205/15gmds035, urn:nbn:de:0183-15gmds0358

Published: August 27, 2015

© 2015 Kulik et al.
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Einleitung: Nach Schätzungen der Betriebskrankenkassen, leiden in Deutschland ca. 9 Mio. Menschen an einem Burnout Syndrom. Da es bisher keine einheitliche Definition und keinen eindeutig zuzuordnenden Code für das Burnout Syndrom im ICD 10 und DSM-IV gibt, wird dieses u.a. nach Diagnosen in beiden Klassifikationen für Depressionen kodiert. Das Burnout Syndrom wird häufig als arbeitsbezogenes Syndrom verstanden. Betroffene haben einen erheblichen subjektiven Leidensdruck, gesundheitliche Probleme und eine reduzierte Arbeitsleistung. Daraus ergeben sich, durch steigende Arbeitsunfähigkeit, enorme Kosten sowohl für das Gesundheitswesen, als auch für Arbeitgeber bzw. Unternehmen [1]. Seit einigen Jahren beschäftigen sich unterschiedliche Akteure, u.a. aus dem Gesundheitswesen, mit der Entwicklung und der Erprobung telemedizinischer Anwendungen. Auf Basis der analysierten, telemedizinischen Daten, soll die Therapie der Patienten kontinuierlich angepasst werden. Durch den Zugang zu ärztlichem Wissen und darauf aufbauenden Handlungsempfehlungen, ist eine adäquate Betreuung der Patienten in ihrem häuslichen Umfeld möglich [2]. Laut dem Statistischen Bundesamt haben im Jahr 2013 81% der 16-24 jährigen Personen in Deutschland mobiles Internet benutzt, bei den 25-44 jährigen waren es 62% und in der Altersgruppe ab 44 Jahren 33% [3]. Es liegt somit nahe, Prävention auch über die Nutzung von Smartphone-Apps anzubieten, da das mobile Internet immer stärker genutzt wird. Viele Anbieter von Apps haben den Bedarf erkannt und sowohl für Android, als auch für iOS entsprechende kostenlose und kostenpflichtige Apps entwickelt und programmiert.

Material und Methoden: Im Rahmen der oben genannten Problematik wurden die unterschiedlichen Apps für Android und iOS in einem Zeitraum von mehreren Wochen durch Studenten der Hochschule Niederrhein praktisch getestet. Der Fokus lag dabei auf Apps, die erste Hinweise an Betroffene geben sollen, ob sie vom Burnout Syndrom betroffen sind, als auch auf Apps die die Prävention mit Hilfe von Audio Training anbieten. Die Apps sind sowohl in Englischer als auch Deutscher Sprache verfügbar. Bei den Studenten handelt es sich um studierende aus unterschiedlichen Bachelor- und Masterstudiengängen. Die Studenten haben anhand vorab festgelegter Kriterien die Apps getestet. Eine Literaturrecherche in den Datenbanken „PubMed“ sowie „MEDPILOT“ mit dem Fokus auf Burnout Apps im Kontext der Diagnostik und Therapie, ergab keine zufriedenstellenden Ergebnisse. Aufgrund dessen, wurden in einem Brainstorming mit Experten eigene Kriterien entwickelt. Folgende Kriterien sollten durch die Probanden dokumentiert werden:

  • Für welches Betriebssystem gibt es die App?
  • Ist die App kostenlos?
  • Wie ist die Installation?
  • Was bietet die App? (Testung auf ein Burnout und/oder Entspannungstraining?
  • Funktioniert die App problemlos?
  • Wie lange dauert die direkte Anwendung der App?
  • Ist die App selbsterklärend?
  • Wie sehen die Ergebnisse nach Eingabe der persönlichen Daten aus?
  • Welche persönlichen Daten werden abgefragt?
  • Persönliches Fazit zur App?

Nach der Testphase wurden die Studenten einzeln zu den Apps befragt. Der Fokus lag auf der Funktionsfähigkeit, der Handhabung und der optische Darstellung der Apps. Betrachtet wurden insbesondere Apps, die von beiden Betriebssystemen unterstützt werden. Die Probanden wurden nach der Handhabung, der Nutzungshäufigkeit, und der Situation, in der diese Apps genutzt wurden, befragt. Darüber hinaus war für die Interviewer die Dauer der Nutzung, das subjektive Gefühl vor und nach der Nutzung, als auch die Qualität der Hintergrundinformationen, die diese Apps liefern, interessant. Ziel war es darüber hinaus zu ermitteln, ob eine Entspannung durch die Audio Methoden erzielt werden konnte und ob diese temporären und langfristigen Stress vermeiden können.

Ergebnisse: Es gibt zahlreiche Apps, die sich mit dem Burnout Syndrom beschäftigen, diese sind z.T. kostenlos oder kostengünstig käuflich zu erwerben. Die Recherche ergab, dass es eine Vielzahl an Apps gibt, die sich sowohl mit Selbstoptimierung als auch mit therapeutischen Interventionen beschäftigen. Im Kontext des Burnout Syndroms beschäftigen sich 100% der derzeit auf dem Markt freiverfügbaren Apps mit ersten kurzen Tests bzgl. der Tendenz zu einem Burnout und Meditationsübungen zur Prophylaxe. Alle Studierenden haben eine einfache Beschaffung und unkomplizierte Handhabung der Apps bestätigt. Die Apps, durch die ein Burnout Syndrom getestet werden soll, liefern keine ärztliche Diagnose. Sie regen den Nutzer lediglich dazu an, mit der Problematik einen Arzt oder Psychologen aufzusuchen. In den Apps werden Fragen zur aktuellen Belastung am Arbeitsplatz und zu Veränderungen im Sozialverhalten gestellt. Die Ergebnisse werden veranschaulicht anhand einer Art „Tachometer“ dargestellt. Zusätzlich kann man einige Informationen zu den zwölf Burnout-Phasen in den Apps finden und einige Hinweise zur Vorbeugung und Behandlung. Mit kurzen Audio Übungen sollen Nervosität und Überlastungen abgelegt werden. Das Training kann an jedem Ort durchgeführt werden und soll die Gelassenheit und Erholung fördern. Die Apps erinnern den Nutzer an regelmäßige Pausen im Alltag und Berufsleben. Eine valide medizinische Entlastung wurde bisher nicht untersucht, somit kann ein effektiver Nutzen der Apps nicht bestätigt werden. Die Nutzung einer App ist kein Ersatz für einen Arztbesuch bzw. für eine Therapie. Telemonitoring kann durch diese Apps aus medizinischer Sicht im Kontext des Burnout Syndroms nicht gewährleistet werden.

Diskussion: Zahlreiche Unternehmen haben jeweils ihre eigene Lösung für einzelne Komponenten entwickelt, ohne deren Zusammenspiel im Gesamtsystem zu beachten. Die zur Zeit vorhandenen Apps geben keinen Rückschluss auf die Personen und deren fachliche Kompetenz zum Thema Burnout, somit können diese nicht als diagnostisches oder therapeutisches Instrument genutzt werden. Eine große Schwierigkeit stellt die mangelnde Interoperabilität der vielen eigenständigen Komponenten dar. Zusätzlich muss eine adäquate medizinisch-psychologische Behandlung sowie die Einbettung der Telemedizin auf Basis von Apps in das Abrechnungssystem gewährleistet werden. Ziel ist es, Apps zu entwickeln die auf medizinischen Daten fundieren und auch durch Mediziner ausgewertet bzw. kontrolliert werden. Sobald dies erfolgt, kann die Telemedizin gestützte App für den Patienten, als auch für den Behandler eine Erleichterung darstellen und ggf. Kosten im Gesundheitswesen minimieren.


Literatur

1.
Korczak D, Kister C, Huber B. Differentialdiagnostik des Burnout-Syndroms. 1. Auflage. Köln: Deutsches Institut für Medizinische Dokumentation und Information (DIMDI); 2010. (Schriftenreihe Health Technology Assessment; 105). DOI: 10.3205/hta000087L External link
2.
Budych K, Carius-Düssel C, Schultz C, Helms T, Schultz M, Dehm J, Pelleter J, Sie-Youn L, Zippel-Schultz B. Telemedizin: Wege zum Erfolg. Stuttgart: W. Kohlhammer GmbH; 2013.
3.
Statistisches Bundesamt. Pressemitteilung Nr. 089 vom 11.03.2014: Zahl der mobilen Internetnutzer im Jahr 2013 um 43 % gestiegen [Internet]. März 2014 [zitiert am 17.03.2015]. URL: https://www.destatis.de/DE/PresseService/Presse/Pressemitteilungen/2014/03/PD14_089_63931.html External link