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GMDS 2015: 60. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie e. V. (GMDS)

Deutsche Gesellschaft für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie

06.09. - 09.09.2015, Krefeld

Eine Ontologie für die medizinische Bild- und Signalanalyse

Meeting Abstract

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  • Timm Bußhaus - Universität zu Lübeck, Lübeck, Deutschland

GMDS 2015. 60. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie e.V. (GMDS). Krefeld, 06.-09.09.2015. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2015. DocAbstr. 244

doi: 10.3205/15gmds010, urn:nbn:de:0183-15gmds0104

Published: August 27, 2015

© 2015 Bußhaus.
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Einleitung: Die Arbeit der medizinischen Bildverarbeiter/innen besteht unter anderem in der Erstellung neuer Verfahren der Bildbearbeitung und Bildanalyse sowie deren Einbindung in umfangreiche Bildverarbeitungsprozesse. Ihre Werkzeuge sind dabei sowohl Programmiersprachen zur individuellen Datenmanipulation als auch umfangreiche Bibliotheken.

Das Wissen der Bildverarbeiter/innen ist die wesentliche Grundlage für die Erstellung von Prozessen zur Bearbeitung neuer Probleme. Die Kenntnis über die Funktionsweise einer großen Anzahl von Verfahren ermöglicht ihnen die passende Auswahl und Verknüpfung dieser zu einer erfolgreichen Problemlösung [1].

Ungenügend ist zur Zeit die Unterstützung von Seiten der Bildverarbeitungsplattformen bei der Auswahl von Verfahren gelöst. Es existiert bisher keine einheitliche Ordnung und Benennung, was das Auffinden von Methoden in bestehenden Verfahrensbibliotheken erschwert. Desweiteren fehlt eine semantische Beschreibung der Funktion der Verfahren, damit stellt die Einschätzung der Eignung eines unbekannten Verfahrens für das eigene Problem eine große Hürde dar.

Material und Methoden: Es wird eine Ontologie von Bildverarbeitungsverfahren erstellt. Diese wird zur Beschreibung von Methoden und zur Modellierung von Prozessen eingesetzt. Desweiteren ist es dadurch möglich erste Schritte zu einer semantischen Unterstützung der Methodenauswahl sowie eine maschinelle Prozessmanipulation zu testen.

Von der Terminologie zur Ontologie: Im Rahmen der Erstellung einer Analyseplattform zur Hautläsionserkennung wird für die erstellten Plugins zuerst eine Taxonomie der verwendeten Verfahren erstellt.

Die Modellierung erfolgt mit Hilfe des Ontologie-Editors Protégé und wird als OWL-Datensatz gespeichert.

Es werden Begriffe, Typen und Instanzen definiert. Die Begriffe stellen die verallgemeinerten Verfahren dar, welche hierarchisch strukturiert werden können. Als erste Hierarchiestufe unterhalb der "medizinischen Bildverarbeitung" werden die Verfahrensbegriffe "Bilderzeugung", "Bildbearbeitung", "Bilddarstellung", "Bildauswertung" und Bildspeicherung festgelegt.

Die Feingliederung erfolgte in Stufen mit unterschiedlicher Tiefe. Unter die "Bilderzeugung" beispielsweise fallen die unterschiedlichen Modalitäten der medizinischen Bildgebung samt ihren Spezialisierungen (z.B.: CT, MRT, Sonografie, Mikroskopie, ...).

Alle Verfahren, welche Änderungen an den Bilddaten vornehmen, werden unter "Bildbearbeitung" eingegliedert (z.B. Grauwertmodifikation, Faltung und Filterung, geometrische Transformation, ...).

Der "Bildauswertung" werden Verfahren zugeordnet, welche aus den Bilddaten Merkmale extrahieren (z.B. Distanz-, Winkel-, und Flächenmessung, Segmentierung, ...).

Als Typen werden konkrete Verfahren bezeichnet, welche mit einem eindeutigen Bezeichner den Begriffen zugeordnet werden. Die verfügbaren Typen werden als Klassen dargestellt. An dieser Stelle können alle bekannten abstrakt beschriebenen Bildverarbeitungsverfahren als Klassen eingeordnet werden.

Beispielsweise werden unter Segmentierung die Verfahren "Schwellwertsegmentierung", "farbbasierte Segmentierung", "Region Growing", "Watershed" usw. eingepflegt.

Instanzen schließlich sind konkrete Implementierungen der Klassen. Die Aufnahme der Implementierungen in die Ontologie erscheint notwendig, um Eindeutigkeit zu gewährleisten. Namenskonflikte werden vermieden, indem in dieser Abstraktionsebene eine Kennung des Erstellers der Instanz in den Bezeichner integriert werden soll.

Eine Ausnahme stellen an dieser Stelle Verfahren dar, welche bereits konsistent verwendet werden und alle Implementierungen identische Ergebnisse liefern. Für derartige Verfahren sollte eine Vereinheitlichung in Form von Standardisierung erfolgen. Es genügt dann die Bezeichnung des Standardverfahrens, unabhängig von der Implementierung.

Mittels dieser Modellierung können Prozesse eindeutig und reproduzierbar beschrieben werden.

Für erste Versuche zur Unterstützung einer Prozessoptimierung wirde die Ontologie um Klassen- und Objekt-Relationen erweitert, wodurch es möglich wirde, Ähnlichkeitsbeziehungen zwischen Verfahren formal zu beschreiben. Dies ist abhängig vom Umfang der Ontologie sehr aufwendig und ist deshalb bisher nur in einem kleinen Bereich umgesetzt. Es ist aber denkbar, dass diese Ontologie durch kollaboratives Arbeiten sehr umfangreich mit Relationen versehen werden kann.

Die Umsetzung der Prozessoptimierung erfolgt durch gezielte Veränderung der Prozessbeschreibungen und deren wiederholte Ausführung. Mittels geeigneter Gütekriterien wird eine iterative Verbesserung der Prozesse ermöglicht.

Die Prozessbeschreibungen erfolgen in der Beispielimplementierung mittels XML.

Tests: Die Beschreibung von Bildverarbeitungsprozesse mit Hilfe der in der Ontologie verankerten Verfahren verlief für alle getesteten Prozesse erfolgreich. Die Prozessbeschreibungen enthielten die ebenfalls semantisch annotierten Parameter.

Es wurde die Kameraparametrisierung an einem Mikroskop, die Auswahl von Segmentierungsverfahren und die Parametrisierung der Segmentierung getestet. Als Gütekriterium wurde das Ergebnis der nachfolgenden Klassifikation genutzt.

Ergebnisse: Die erfolgreichen Tests zeigen, dass eine Ontologie geeignet ist, Prozesse in der Bildanalyse zu optimieren.

Die Manipulation der Prozesse ist sowohl manuell als auch mit Systemunterstützung möglich und die veränderten Prozesse können auf Datensätze angewendet werden.

Eine Anreicherung der Ontologie mit Ähnlichkeitsrelationen und Daten-Relationen ermöglicht eine Unterstützung bei der Verfahrensauswahl, dabei schlägt das System alternative Verfahren gewichtet nach semantischer Ähnlichkeit vor. Mit Hilfe dieser Relationen werden erste Versuche zur automatischen Prozessmodifikation durchgeführt [2].

Diskussion: Die Eingliederung der Verfahren in eine Ontologie ermöglicht, dass die Ontologie unabhängig von den Bildverarbeitungssystemen gepflegt und erweitert werden kann. Die hierarchische Taxonomie ermöglicht eine einheitliche Strukturierung der Menus bei manueller Methodenauswahl.

Die in der Ontologie hinterlegten Beziehungen der Verfahren unterstützen die Entwickler von Bildverarbeitungsprozessen bei der Auswahl von Verfahren, vor allem ermöglichen sie das Auffinden von Methoden ähnlicher Funktionalität. Ausblick: Die einheitliche Beschreibung von Verfahren und Parametern ist die Voraussetzung für vereinheitlichte maschinenlesbare Prozessbeschreibungen. Im Rahmen von Standardisierungsbemühungen kann eine Annäherung der Schnittstellendefinitionen bis zur vollständigen Interoperabilität erreicht werden.

Das vorgestellte Prinzip kann und sollte auf die medizinische Signalverarbeitung ausgeweitet werden, da die Bildverarbeitung ein Teilgebiet dieses Bereiches darstellt. Um auch Wissen aus angrenzenden Gebieten zu erfassen ist es denkbar, die Ontologie auf allgemeine Signal- und Bildverarbeitung auszuweiten. Dann könnten auch Verfahren anderer Spezialgebiete, beispielsweise der Erdfernerkundung, mit eingebunden werden.


Literatur

1.
Kramme R. Medizintechnik-Verfahren, Systeme und Informationsverarbeitung. Springer; 2011.
2.
Busshaus Z. Zielorientierte Gütemaße für Methodenauswahl und Parametrisierung in der medizinischen Bildverarbeitung. In: GMDS 2013. 58. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie e.V. (GMDS). Lübeck, 01.-05.09.2013. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2013. DocAbstr.281
3.
Plail M. Die Entwicklung der optimalen Steuerungen. Göttingen: Vandenhoeck und Ruprecht Verlag; 1998.