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GMDS 2014: 59. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie e. V. (GMDS)

Deutsche Gesellschaft für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie

07. - 10.09.2014, Göttingen

Nutzung heterogener, multimodaler Daten am Beispiel individuell betreuter Trainings- und Gesundheitsmaßnahmen

Meeting Abstract

  • E. Tute - Peter L. Reichertz Institut für Medizinische Informatik der Technischen Universität Braunschweig und der Medizinischen Hochschule Hannover
  • T. Fabian - Medizinische Hochschule Hannover
  • I. Haase - INSIDE M2M GmbH
  • T. Kupka - Peter L. Reichertz Institut für Medizinische Informatik der Technischen Universität Braunschweig und der Medizinischen Hochschule Hannover
  • M. Marschollek - Peter L. Reichertz Institut für Medizinische Informatik der Technischen Universität Braunschweig und der Medizinischen Hochschule Hannover
  • K. Schallhorn - Medizinische Hochschule Hannover
  • L. Stein - Medizinische Hochschule Hannover
  • U. Tegtbur - Medizinische Hochschule Hannover

GMDS 2014. 59. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie e.V. (GMDS). Göttingen, 07.-10.09.2014. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2014. DocAbstr. 262

doi: 10.3205/14gmds023, urn:nbn:de:0183-14gmds0234

Published: September 4, 2014

© 2014 Tute et al.
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Text

Einleitung und Fragestellung: Der durch eine steigende Lebenserwartung und abnehmende Geburtenraten bedingte demografische Wandel führt zu einem geringer werdenden Bevölkerungsanteil an Personen im Erwerbsalter und einem höher werdenden Anteil an Personen im Rentenalter [1]. Um einem Mangel an Arbeitskräften entgegenzuwirken, investieren Unternehmen zunehmend in präventive Maßnahmen zur Verbesserung von Arbeitsfähigkeit und Gesundheit ihrer Mitarbeiter. Durch regelmäßige körperliche Aktivität im Rahmen von betrieblich initiierten Trainings- und Gesundheitsmaßnahmen, konnten im MHH-Pilotprojekt Rebirth-active positive Effekte auf die Arbeitsfähigkeit, Leistungsfähigkeit, Herzkreislaufgesundheit, Zahngesundheit und die Zellalterung nachgewiesen werden. Auch der aktive Weg zur Arbeit ist eine große Ressource, um ein ausreichendes Maß an regelmäßiger körperlicher Aktivität zu erreichen. Die Nutzung von Pedelecs bietet dabei das Potential einige Hemmnisse für den aktiven Weg zur Arbeit auf dem Fahrrad zu verringern (z.B. zu große Anstrengung, Gegenwind, zu weite Strecke). Deshalb wird im Teilprojekt „Pedelecs als ideales Trainingsgerät zur Steigerung der Gesundheit“ im Rahmen des Schaufenster-Elektromobilität-Projekts „eRad in Freizeit und Tourismus“ Pedelec-Nutzung als Teil individuell betreuter, betrieblich initiierter Trainingsmaßnahmen untersucht.

Bei der individuellen Betreuung der Teilnehmer können Informationen aus unterschiedlichen Datenquellen, z.B. manueller Trainingsdokumentation der Teilnehmer, Daten von Sensoren wie Schrittzählern oder Daten des Pedelecs, wichtige Entscheidungsgrundlagen liefern. Die Auswertung solcher heterogener und multimodaler Daten birgt aus Sicht der Informationsverarbeitung besondere Herausforderungen [2]. Die Fragestellung dieses Beitrags lautet, welche zur Betreuung nötigen Parameter mit welchen geeigneten Mitteln der Informationsverarbeitung erfasst und in welcher Form ausgewertet werden können.

Material und Methoden: In mehreren Sitzungen mit Experten aus der Sportmedizin der Medizinischen Hochschule Hannover und weiteren Projektpartnern wurden geeignete Parameter, Methoden zur Datenerfassung und Methoden zur Auswertung der Daten identifiziert. Die Eignung der Datenerfassungsmethoden beschreibt dabei zum einen die Relevanz der gewonnenen Informationen und die ausreichende Güte der gemessenen Daten für die Betreuung der Teilnehmer und zum anderen die Möglichkeit der Datenerfassung mit vertretbarem Aufwand. So würde beispielsweise die Messung des Energieumsatzes über die indirekte Kalorimetrie relevante Informationen für die Betreuung mit hoher Güte liefern, wäre aber auf Grund des damit verbundenen Aufwandes für das Projekt ungeeignet.

Ein prototypisches System für die Datenerfassung, Übertragung und Auswertung wird fortlaufend weiterentwickelt und erprobt.

Ergebnisse: Es wurden die folgenden Parameter identifiziert, die mit dem prototypischen System ausgewertet werden sollen: ausgeübte Aktivität, Dauer der Aktivität, erbrachte Leistung, Herzfrequenz, Energieverbrauch, subjektive Anstrengung. Die folgenden gewünschten Darstellungsformen wurden für das prototypische System identifiziert: Übersicht über absolvierte Trainingssessions, Werteverläufe von mit Sensoren erfassten Parametern je Trainingssession, Energieverbrauch, Entwicklung des Verhältnisses von gefühlter Anstrengung (z.B. Borg-Skala) oder sensorisch erfasster Anstrengung (z.B. Herzfrequenz) zur erbrachten Leistung (z.B. Geschwindigkeit, Leistung in Watt). Als Datenquellen wurden die manuelle Erfassung von Aktivität, Dauer, erbrachter Leistung, Herzfrequenz und subjektiver Anstrengung über ein Webportal, die Erfassung der Aktivität mit einer Smartphone-App, die Erfassung der Herzfrequenz durch einen handelsüblichen Brustgurt und Datenübertragung mittels Smartphone-App, die Erfassung und Übertragung von Daten bei Pedelec-Nutzung (z.B. erbrachte Leistung), sowie Erfassung von Schrittzähler- und Accelerometerdaten und deren Übertragung per Smartphone-App identifiziert. Weiterhin wurden funktionale Anforderungen an das prototypische System für die Unterstützung der individuellen Betreuung der Teilnehmer, wie z.B. Nachrichtenfunktionen o.Ä. identifiziert. Eine erste Version des prototypischen Systems wurde implementiert und wird fortlaufend weiterentwickelt und erprobt. In der ersten Version basiert die Datenübertragung zwischen Smartphone und externen Sensoren auf dem ANT Funkstandard. Als Sensoren werden der Brustgurt der Pulsuhr „Beurer PM70“, der Fußsensor „Suunto Foot POD Mini“ und die internen Beschleunigungssensoren des Smartphones „Sony Xperia Ray“ verwendet.

Diskussion: Die direkte Erfassung von Parametern oder Rückschlüsse auf relevante Parameter sind durch unterschiedliche Datenquellen zu erreichen. Beispielsweise kann auf den Energieumsatz, bei verschiedenen Aktivitäten durch unterschiedliche Datenquellen besser oder schlechter geschlossen werden. So eignet sich ein Schrittzähler beim Laufen, die gemessene erbrachte Leistung des Fahrers beim Fahren auf dem Pedelec und die manuelle Trainingsdokumentation der Teilnehmer, mit automatischer Berechnung des Metabolischen Äquivalents über die angegebene Aktivität und Intensität bei wieder anderen Aktivitäten. Hier sind flexible Ansätze nötig, um die verschiedenen Datenquellen in das System zu integrieren und geeignete Methoden für die kontextabhängige Auswertung der Daten auszuwählen. Weiterhin ist es wünschenswert die Daten verschiedener Sensorprodukte, wie z.B. neuer Produkte oder von Sensoren die schon im Besitz des Teilnehmers sind, zu verarbeiten. Eine feste Kombination von Sensorprodukten und einem Anwendungssystem zur Auswertung der Daten erscheint also nicht den Anforderungen des Projekts gerecht zu werden. Vielmehr wird ein flexibles System zur Verarbeitung solcher heterogenen und multimodalen Daten benötigt. Ansätze für solche flexiblen Systeme sind aus Sicht der Autoren ein aktueller Forschungsbedarf. Wichtige Grundlagen für solche Systeme, wie z.B. Methoden zur Analyse gesundheitsbezogener, hoch intensiver (große Datenmengen), heterogener (die Daten der verschiedenen Quellen sind nicht direkt miteinander vergleichbar), multimodaler und multilokaler Daten, werden im Peter L. Reichertz Institut für Medizinische Informatik projektübergreifend erforscht.

Neben der Weiterentwicklung des Systems für die Datenerfassung, Übertragung und Auswertung unter Beachtung von Datensicherheits- und Datenschutzaspekten, sind die Evaluation bezüglich genannter Projektziele (Steigerung der Gesundheit und Arbeitsfähigkeit), sowie die Evaluation der Wirtschaftlichkeit geplant.

Das Projekt „Pedelecs als ideales Trainingsgerät zur Steigerung der Gesundheit“ wird gefördert durch das Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur (Förderkennzeichen 16SNI012D).


Literatur

1.
Statistisches Bundesamt. Demografischer Wandel in Deutschland - Bevölkerungs- und Haushaltsentwicklung im Bund und in den Ländern. Wiesbaden: Statistische Ämter des Bundes und der Länder; 2011.
2.
Kohlmann M, Gietzelt M, Haux R, Song B, Wolf KH, Marschollek M. A methodological framework for the analysis of highly intensive, multimodal and heterogeneous data in the context of health-enabling technologies and ambient-assisted living. Inform Health Soc Care. 2014 Jul 2:1-11. DOI: 10.3109/17538157.2014.931847 External link