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GMDS 2013: 58. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie e. V. (GMDS)

Deutsche Gesellschaft für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie

01. - 05.09.2013, Lübeck

Mobilitätseinschränkungen älterer Menschen auf dem Land vor dem Hintergrund der Gesundheitsversorgung

Meeting Abstract

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  • Flemming Giesel - Institut für Verkehrsforschung, Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt e.V. (DLR), Berlin, DE
  • Katja Köhler - Institut für Verkehrsforschung, Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt e.V. (DLR), Berlin, DE
  • Enno Nowossadeck - Robert Koch-Institut, Berlin, DE

GMDS 2013. 58. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie e.V. (GMDS). Lübeck, 01.-05.09.2013. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2013. DocAbstr.77

doi: 10.3205/13gmds210, urn:nbn:de:0183-13gmds2102

Published: August 27, 2013

© 2013 Giesel et al.
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Einleitung und Fragestellung: Die ländliche Gesundheitsversorgung steht angesichts des demografischen Wandels vor großen Herausforderungen. Dies resultiert zunächst aus den relativ größeren Entfernungen, die in Regionen mit einer geringen Bevölkerungsdichte im Vergleich zu städtischen und verstädterten Regionen zurückzulegen sind. Diese Problematik wird durch die demografische Alterung der Bevölkerung [1] wie auch der Ärzteschaft [2] verschärft. In diesem Kontext stellt sich die Frage, ob ältere Menschen auf dem Land überhaupt in der Lage sind, diese erhöhten Distanzen zu überwinden, um bedarfsgerecht medizinisch versorgt werden zu können. Vor diesem Hintergrund ist das Ziel dieser Untersuchung, die Alltagsmobilität älterer Menschen in ländlichen Kreisen geschlechterdifferenziert unter besonderer Berücksichtigung des Einflusses von Mobilitätseinschränkungen in den Blick zu nehmen.

Material und Methoden : Die empirischen Ergebnisse basieren auf dem Datensatz der bundesweiten Befragung „Mobilität in Deutschland (MiD) 2008“. Im Rahmen dieser Studie wurde von etwa 60.000 Personen in Deutschland das Mobilitätsverhalten erhoben [3]. Dem Vortrag liegen als Auswertungsmethoden bi- und multivariate statistische Verfahren zugrunde. In einem ersten Schritt wird das Mobilitätsverhalten älterer Menschen in ländlichen Kreisen mittels ausgewählter Parameter (Mobilitätsquote, Pkw-Verfügbarkeit und Modal Split) beschrieben. Mithilfe einer binär logistischen Regression wird zudem untersucht, welche soziodemographischen und raumstrukturellen Einflussfaktoren aus dem vorliegenden Datensatz identifiziert werden können, die die Mobilitätsquote insbesondere älterer Frauen (65+) in ländlichen Kreisen beeinflussen.

Ergebnisse: Die empirischen Ergebnisse verdeutlichen, dass differenziert nach Alter, Geschlecht und Mobilitätseinschränkungen das Mobilitätsverhalten älterer Menschen variiert. Mobilitätseingeschränkte Männer (75+) waren am Stichtag zu 83 Prozent mobil und haben den Pkw als Fahrer bei 53 Prozent aller Wege genutzt. Demgegenüber waren nur 63 Prozent der Frauen (75+) mit Mobilitätseinschränkungen mobil. Diese Gruppe kann nur zu 37 Prozent über einen Pkw verfügen. Bei 17 Prozent der Wege wurde der Pkw als Fahrer genutzt und bei 22 Prozent als Mitfahrer. Die meisten Wege (35 Prozent) werden zu Fuß zurückgelegt. Öffentliche Verkehrsmittel werden generell kaum genutzt. Die Ergebnisse aus der binär logistischen Regression (0,146 McFadden) zeigen, dass die Mobilitätsquote älterer Frauen (65+) in ländlichen Kreisen in erster Linie davon abhängt, ob ein Pkw verfügbar ist (p=0,000). Einen positiven Einfluss haben außerdem eine höhere Schulbildung (p=0,003), eine gute fußläufige Erreichbarkeit von Läden und Geschäften des täglichen Bedarfs (p=0,000), eine trockene Wetterlage (p=0,000) und ein geringeres Alter (p=0,001).

Diskussion: Die empirischen Ergebnisse verdeutlichen, dass insbesondere ältere mobilitätseingeschränkte Frauen in ländlichen Kreisen in ihren Mobilitätsoptionen limitiert sind und dass der Pkw von großer Bedeutung ist. Ist eine selbständige Nutzung des Pkws nicht (mehr) möglich, so sind ältere Menschen als Mitfahrer auf den Pkw des Partners oder auf einen Pkw in familialen oder nachbarschaftlichen Netzwerken angewiesen. Insbesondere hochaltrige alleinlebende Frauen ohne Pkw-Verfügbarkeit im Haushalt, die von gesundheitlichen Einschränkungen betroffen sind, stehen demnach vor der Herausforderung, ihren Alltag auf dem Land unter erschwerten sozialen und räumlichen Bedingungen zu bewältigen. Vor dem Hintergrund des demographischen Wandels besteht somit vermehrt die Notwendigkeit, mittels innovativer Konzepte vor allem eine adäquate Gesundheitsversorgung für einen zunehmenden Anteil immobiler Älterer zu gewährleisten.


Literatur

1.
Bundesinstitut für Bevölkerungsforschung in Zusammenarbeit mit dem Statistischen Bundesamt, Hrsg. Bevölkerung. Daten, Fakten, Trends zum demographischen Wandel in Deutschland. Wiesbaden: Bundesinstitut für Bevölkerungsforschung [u.a.]; 2008
2.
Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV). Grunddaten zur vertragsärztlichen Versorgung in Deutschland 2011. [Zugriff am 04.04.2013]. verfügbar unter: http://www.kbv.de/publikationen/125.html External link
3.
infas, DLR. Mobilität in Deutschland 2008. Basisdatensatz. Untersuchung im Auftrag des Bundesministeriums für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung (BMVBS). Bearbeitung: infas Institut für angewandte Sozialwissenschaft, Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) – Institut für Verkehrsforschung. Bonn, Berlin: 2010. Datenbezug: http://www.clearingstelle-verkehr.de External link