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Inanspruchnahme von stationärer und ambulanter ärztlicher Versorgung bei Kindern und Jugendlichen mit Aufmerksamkeitsdefizit/Hyperaktivitätsstörung (ADHS) in Deutschland
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Published: | September 13, 2012 |
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Einleitung: Die Aufmerksamkeitsdefizit-/ Hyperaktivitätsstörung (ADHS) ist eine der häufigsten psychischen Erkrankungen im Kindes- und Jugendalter [1]. Kinder mit ADHS haben eine höhere psychiatrische Komorbidität [2] und ein erhöhtes Unfall- und Verletzungsrisiko. Ob ADHS generell zu einer erhöhten Inanspruchnahme stationärer und ambulanter Leistungen führt, war Gegenstand unserer Studie.
Methoden: Im Rahmen der German Population Based Long Term Follow-Up of ADHD (GEPOLO-ADHD) Studie wurde auf Basis der Daten von vier Krankenkassen eine gematchte Kohortenstudie etabliert. Die im Rekrutierungszeitraum von 2005 bis 2007 anhand von stationären und ambulanten ICD-10-Diagnosen (F90.0, F90.1, F90.9) und/oder Verschreibungen von Atomoxetin oder Methylphenidat identifizierten inzidenten ADHS-Fälle im Alter von 3–17 Jahren und zu diesen nach Geschlecht, Alter, Wohnregion und Krankenkasse im Verhältnis 1:1 gematchte Versicherte ohne ADHS wurden bis zum 31.12.2009 oder ihrem Austritt aus der Versicherung nachverfolgt. Die Rate der Hospitalisierungen bzw. ambulanter Arztbesuche wurde jeweils mittels multivariater Poisson-Regression untersucht und Raten Ratios (RR) mit zugehörigen 95% Konfidenzintervallen (KI) bestimmt. In den Regressionsmodellen wurden die Faktoren ADHS-Status, Geschlecht, Alter (zeitabhängig), Wohnregion (Bundesland) und Kalenderjahr sowie Wechselwirkungen dieser Faktoren berücksichtigt.
Ergebnisse: Die Studienpopulation umfasste 37.650 (24,6% weiblich) gematchte Paare und 254.986 Personenjahre, bei denen 30.041 Hospitalisierungen (davon 25,3% bei Mädchen) und 1.643.678 ambulante Arztbesuche (davon 26,0% bei Mädchen) identifiziert wurden. Das Risiko für Hospitalisierungen nach Alter zeigte generell für beide Geschlechter eine U-Form, während diese Form beim Risiko für ambulante Arztbesuche nur bei Mädchen auftrat: Jungen zeigten hier ein mit dem Alter kontinuierlich abnehmendes Risiko. ADHS erhöhte in allen Altersgruppen das Hospitalisierungsrisikos wie auch das Risiko für ambulante Arztbesuche. Bei Mädchen führte ADHS zu einer stärkeren Erhöhung des Hospitalisierungsrisiko als bei Jungen (RR=1,16, 95% KI 1,07–1,25). Mädchen mit ADHS hatten somit das höchste absolute Risiko für Hospitalisierungen im Vergleich zu Jungen mit ADHS, sowie zu Jungen und Mädchen ohne ADHS. Im Gegensatz dazu variierte die durch ADHS bedingte, relative Erhöhung des Risikos für ambulante Arztbesuche zwischen Mädchen und Jungen praktisch nicht (RR=1,01, 95% KI 1,00-1,03).
Diskussion: Kinder und Jugendliche mit ADHS wiesen eine erhöhte Inanspruchnahme von stationärer und ambulanter Versorgung auf im Vergleich zu Kindern ohne ADHS. Trotz der bei Jungen bekanntermaßen stärker ausgeprägten Hyperaktivitätssymptomatik war das mit ADHS assoziierte Risiko für Hospitalisierungen bei Mädchen höher als bei Jungen, während dies bei der ambulanten Versorgung nicht beobachtet wurde. Unklar ist, inwiefern die Hyperaktivitätssymptomatik für die stationären Aufnahmen mitbestimmend ist. Eine Analyse der den Hospitalisierungen zugrunde liegenden Entlassungsdiagnosen wird hierfür ergänzend durchgeführt und dargestellt.
Literatur
- 1.
- Lindemann C, Langner I, Kraut A, Banaschewski T, Schad-Hansjosten T, Petermann U, et al. Age-specific prevalence and drug treatment of attention-deficit/hyperactivity disorder (ADHD) in Germany. J Child Adolescent Psychopharm. 2011.
- 2.
- Kraut AA, Langner I, Lindemann C, Banaschewski T, Petermann U, Petermann F, Mikolajczyk RT, Garbe E. Comorbidities in ADHD children treated with methylphenidate: a database study. BMC Psychiatry [submitted].