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MAINZ//2011: 56. GMDS-Jahrestagung und 6. DGEpi-Jahrestagung

Deutsche Gesellschaft für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie e. V.
Deutsche Gesellschaft für Epidemiologie e. V.

26. - 29.09.2011 in Mainz

Machbarkeitsstudie für eine epidemiologische Studie zur Untersuchung des Zusammenhangs von Strahlenexposition im niedrigen Dosisbereich und einer Katarakterkrankung

Meeting Abstract

  • Ulrike Scheidemann-Wesp - Institut für Medizinische Biometrie, Epidemiologie und Informatik (IMBEI), Universitätsmedizin Mainz, Mainz
  • Florence Samkange-Zeeb - Bremer Institut für Präventionsforschung und Sozialmedizin, Universität Bremen, Bremen
  • Henryk Wicke - Institut für Medizinische Biometrie, Epidemiologie und Informatik (IMBEI), Universitätsmedizin Mainz, Mainz
  • Gaël Hammer - Institut für Medizinische Biometrie, Epidemiologie und Informatik (IMBEI), Universitätsmedizin Mainz, Mainz

Mainz//2011. 56. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie (gmds), 6. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Epidemiologie (DGEpi). Mainz, 26.-29.09.2011. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2011. Doc11gmds367

doi: 10.3205/11gmds367, urn:nbn:de:0183-11gmds3676

Published: September 20, 2011

© 2011 Scheidemann-Wesp et al.
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Hintergrund: Die Strahlenempfindlichkeit der Augenlinse manifestiert sich vor allem im häufigen Auftreten von Katarakten. Bisher wurde die katarakt-induzierende Wirkung ionisierender Strahlung als deterministischer Effekt eingeschätzt, was durch neuere Forschungsergebnisse jedoch zunehmend in Frage gestellt wird. Ziel der Machbarkeitsstudie war eine umfassende Analyse der bisher zum Zusammenhang durchgeführten Studien und die Prüfung der Möglichkeit, eine epidemiologische Studie zur kataraktogenen Wirkung ionisierender Strahlung im niedrigen Dosisbereich (unterhalb von 400 mSv effektive Lebenszeitdosis) in Deutschland durchzuführen.

Methoden: 1) In einem systematischen Literaturreview wurden publizierte Studien nach methodischen Qualitätskriterien bewertet und die Ergebnisse inhaltlich und hinsichtlich ihrer Aussagekraft zusammengefasst. Eckpunkte für zukünftige, den qualitativen Erfordernissen genügende Studien wurden festgelegt. 2) Relevante strahlenexponierte Kollektive in Deutschland wurden ermittelt und anhand der Eckpunkte auf Ihre Eignung als Studienkollektiv für eine epidemiologische Studie untersucht. Geeignete Kollektive wurden eingehend geprüft und ein Studienplan entworfen. Die Vorbereitungen für eine mögliche Studie schlossen die Sondierung der erforderlichen Angaben zur Expositionsbestimmung im geplanten Kollektiv, die Prüfung der Ausstattung zur bestmöglichen, objektivierbaren Klassifizierung von Linsentrübungen und die Ausarbeitung von Studienfragebögen zur Erhebung anderer Risikofaktoren für Linsentrübungen ein.

Ergebnisse: 1) Im Literaturreview wurden 19 Publikationen zu epidemiologischen Studien gefunden, die sich mit Strahlendosen im Niedrigdosisbereich bei beruflich exponierten Personen (Piloten, Astronauten, Radiologie-Mitarbeitern, Tschernobyl-Liquidatoren, Leuchtzifferfarbe exponierten Fabrikarbeitern, Actinoiden exponierten Arbeitern), bei umweltbedingt protrahiert strahlenexponierten Bevölkerungsgruppen (Cobalt-60-Kontamination) und Atombombenüberlebenden befassen. Ohne ein klares Bild der Form der Dosis-Wirkungs-Beziehung zu liefern, weisen die Studien darauf hin, dass eine Schwellendosis niedriger als bisher anzusetzen ist, oder sie nicht existiert. Die Aussagekraft der Studien wird allerdings teilweise eingeschränkt durch geringe Fallzahlen, diagnostische oder dosimetrische Mängel sowie kurze Beobachtungszeiten. 2) Berufsgruppen, zu denen dosimetrische Daten an das Strahlenschutzregister geliefert werden, und strahlentherapeutisch behandelte Patienten wurden klassifiziert. Entscheidende Kriterien der Eignung waren die Höhe der Strahlenexposition, deren retrospektive Bestimmbarkeit, die Größe und Homogenität der Kollektive, Fragen der Rekrutierung und eines eventuellen Follow-up. Zwei Berufskollektive erfüllten die Kriterien in besonderem Maße und wurden detailliert bewertet. Eine gute Rekonstruktion der beruflichen Strahlenexposition der Augenlinse ist hier erreichbar, ebenso wie die erforderliche objektive Klassifikation der Linsentrübungen. Aus den jeweiligen Kollegenkreisen lassen sich Vergleichskollektive Nicht- oder Gering-Exponierter rekrutieren. Voruntersuchungen zur Teilnahmebereitschaft ergaben eine ausreichend hohe Teilnahmebereitschaft, um Prävalenzunterschiede von 19 % zu 10 % mit 500 Teilnehmern nachweisen zu können. Die Erfassung von Risikofaktoren und potentiellen Confoundern kann fragebogengestützt geschehen.

Schlussfolgerungen: Eine qualitativ gute epidemiologische Studie in Deutschland ist machbar und kann neue Erkenntnisse über einen Zusammenhang zwischen Strahlenexposition im Niedrigdosisbereich und Katarakt liefern.