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MAINZ//2011: 56. GMDS-Jahrestagung und 6. DGEpi-Jahrestagung

Deutsche Gesellschaft für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie e. V.
Deutsche Gesellschaft für Epidemiologie e. V.

26. - 29.09.2011 in Mainz

SAE = „den Sponsor Aufregendes Ergebnis“??? Erlebnisbericht zur Publikation einer Medizinprodukte-Studie mit Hersteller-seitig unerwartetem Ergebnis

Meeting Abstract

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  • Frank Krummenauer - Universität Witten/Herdecke, Witten

Mainz//2011. 56. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie (gmds), 6. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Epidemiologie (DGEpi). Mainz, 26.-29.09.2011. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2011. Doc11gmds075

doi: 10.3205/11gmds075, urn:nbn:de:0183-11gmds0754

Published: September 20, 2011

© 2011 Krummenauer.
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Hintergrund: Die aktuelle Novellierung des Medizinproduktegesetzes bedingt für Studien zur Klinischen Bewertung von Medizinprodukten Standards, wie sie für Arzneimittel-Studien längst außer Frage stehen [1]. Die Einbindung regulatorischer und biometrischer Expertise bedingt jedoch nicht selten für „single product“-Unternehmen, welche nur über ein einziges Medizinprodukt am Markt etabliert sind, massive Investitionen und existentielle Abhängigkeit vom Ergebnis dieser Studien. An einer aktuellen Medizinprodukte-Studie [2] soll illustriert werden, welche Auswirkungen es unter diesem Vorzeichen haben kann, wenn eine Studie nicht das vom Hersteller erwartete Ergebnis liefert. Insbesondere soll am Realverlauf der Publikation dieser Studie summiert werden, welche Interventionen auf Studienteams zukommen können und wie diese bei Studien- und Vertragsplanung präventiv händelbar sind.

Methodik: Die gemeinsam mit dem Hersteller in einem Studienprotokoll nebst zugrunde liegendem Kooperationsvertrag fixierte Studie hatte zum Ziel, den Patienten-seitigen Nutzen der „Matrix/Rhythmus-Therapie“ bei Patienten mit chronischem lumbalem Rückenschmerz zu untersuchen [2]. Im 1:1 randomisierten Vergleich sollte diese Therapie bei zehnmaliger Anwendung im Rahmen einer zweiwöchig stationären multimodalen Schmerztherapie der ebenfalls zehnmaligen Anwendung einer einfachen „Igelball-Massage“ in sonst identischer Versorgung gegenüber gestellt werden. Als primärer Endpunkt wurde im Studienprotokoll die dreimonatige Änderung gegenüber stationärer Aufnahme im ODI [Index mit Wertebreich 0 – 100%, 100%=bestmögliche Befindlichkeit] vereinbart, einem für Studien in diesem Segment etablierten Fragebogen zur krankheitsbezogenen Lebensqualität.

Ergebnisse: Die Studie zeigte auf Basis von 36 versus 37 Patienten nach Matrix/Rhythmus- bzw. nach Igelballmassage-Anwendung keinen signifikanten Unterschied zwischen den beiden Stichproben (Wilcoxon p=0.469); die medianen Änderungen des primären Endpunktes betrugen 4% in beiden Stichproben (biometrischer Bericht an den Hersteller sowie [2]). Bei Kenntnisgabe eines Kongress-abstracts für eine 2008 anstehende orthopädische Jahrestagung zeigte sich nun ein Verhalten des Herstellers, welches dem gemeinsamen Kooperationsvertrag und der darin verankerten Publikationsbereitschaft nicht nur formal entgegen stand. Kurz nach der Kongress-Präsentation wurde dann im Juni 2009 vom Studienteam eine explizit mit dem Hersteller konsentierte Volltext-Publikation eingereicht, welche im Dezember 2009 von der Zeitschrift angenommen wurde. Erst im März 2011 wurde die Publikation abgedruckt; die Entwicklungen im Zeitraum dazwischen werden im Vortrag zusammengestellt.

Schlussfolgerung: Die Anforderungen von Guter Klinischer und Guter Wissenschaftlicher Praxis können in Medizinprodukte-Studien durch die besondere Situation der dort nicht selten „single product“-basierten Unternehmen zu empfindlichen Verläufen im Falle „unerwarteter“ Studienergebnisse führen. Eine Publikation ist jedoch sicherbar, wenn bei Vertragsbildung Formalaspekte eingebracht werden, welche unter anderem in für diesen Bereich spezifischer Weise Richtlinien der Guten Wissenschaftlichen Praxis referenzieren.


Literatur

1.
Krummenauer F. Besonderheiten bei der Klinischen Prüfung von Medizinprodukten gegenüber der von Arzneimitteln. Der Ophthalmologe. 2003;100:150-154.
2.
Krummenauer F, Konrad B, Prate K, Funk R, Günther KP, Ettrich U. Randomisierte klinische Studie zur Wirksamkeit einer Kombination aus Matrix/Rhythmus-Therapie und multimodaler stationärer Schmerztherapie bei Patienten mit chronischen lumbalen Rückenschmerzen. Physik. Medizin, Rehabilitations- und Kurortmedizin. 2011;21:27-33.