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54. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie e.V. (GMDS)

Deutsche Gesellschaft für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie

07. bis 10.09.2009, Essen

Fall-Kontroll-Studie zu Risikofaktoren für kindliche Leukämien, Lymphomen und ZNS-Tumoren, eine Befragungsstudie am Deutschen Kinderkrebsregister

Meeting Abstract

  • Claudia Spix - IMBEI, Mainz
  • Renate Schulze-Rath - IMBEI, Mainz
  • Peter Kaatsch - IMBEI, Mainz
  • Maria Blettner - IMBEI, Mainz

Deutsche Gesellschaft für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie. 54. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie (gmds). Essen, 07.-10.09.2009. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2009. Doc09gmds041

doi: 10.3205/09gmds041, urn:nbn:de:0183-09gmds0419

Published: September 2, 2009

© 2009 Spix et al.
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Text

Einleitung: Im Rahmen der epidemiologischen Studie zu Kinderkrebs in der Umgebung von Kernkraftwerken sollte eine Untermenge von 471 Familien und 1457 gematchten Kontrollen zu individuellen Risikofaktoren befragt werden. Bezüglich der Assoziation zur Entfernung zum nächstgelegenen Kernkraftwerk waren die Teilnehmer nicht repräsentativ für die Gesamtmenge. Die Nichtteilnehmeranalyse ergab, dass Familien in unmittelbarer Nähe von Kernkraftwerken signifikant häufiger die Interview-Teilnahme verweigerten [1], [2]. Da die Familien jedoch nur unter der allgemeinen Überschrift der Risikoforschung kindlicher Krebserkrankungen befragt worden waren, erscheint eine explorative Analyse unabhängig von der Hauptstudie zulässig.

Material und Methoden: Die Fälle waren im Alter von unter 5 Jahren mit Leukämie, Lymphomen oder Hirntumoren in den Jahren 1993-2003 diagnostiziert worden. Zur Analyse standen Interviews zu 366 Fällen und 896 Alters-/Zeit-/Geschlechtsgematchte Kontrollen zur Verfügung. Es wurden Fragen gestellt zum Sozialstatus, beruflicher und diagnostischer Strahlenexposition, zu Schwangerschaft und Geburt, Immunsystem und einer Reihe von unter Verdacht stehenden Toxinen.

Es wurde eine bedingte logistische Regression mit einer Rückwärts-Elimination getrennt für die drei Diagnosegruppen durchgeführt.

Ergebnisse: Ein Teil der in der Literatur beschriebenen Risikobeziehungen konnte reproduziert werden. Nicht bestätigt wurden Risiken von Pestiziden und Fungiziden [3], ein protektiver Effekt des Stillens [4], oder die negative Assoziation von kindlichen Leukämien und Allergien.

Reproduzieren konnten wir ein höheres Leukämierisiko bei einem Geburtsgewicht über 4000g [5]. Alle Diagnosegruppen zeigen einen protektiven Effekt früher Immunsystemstimulation (häufige außerfamiliäre Kontakten, ältere Geschwister, Impfungen, Tierhaltung).

Diskussion: Einige der beobachteten Assoziationen könnten Berichts- oder Selbstselektions-Artefakte sein, insbesondere bezüglich diagnostischer Strahlenbelastung, da häufig Röntgen und CT-Untersuchungen im Rahmen der Diagnosestellung durchgeführt werden. Für die Hirntumoren ist ein Zusammenhang mit dem Immunsystem unerwartet und nach unserer Kenntnis bisher nicht beschrieben.

Die Studie hat mit insgesamt 366 Fällen in 3 unterschiedlich großen Untergruppen eine eher geringe Power; sie diente primär der Überprüfung eines möglichen Confounding der Entfernungsassoziation [1], [2].


Literatur

1.
Kaatsch P, Spix C, Schulze-Rath R, Schmiedel S, Blettner M. Leukaemia in young children living in the vicinity of German nuclear power plants. Int J Cancer. 2008;122(4):721-6.
2.
Spix C, Schmiedel S, Kaatsch P, Schulze-Rath R, Blettner M. Case-control study on childhood cancer in the vicinity of nuclear power plants in Germany 1980-2003. Eur J Cancer. 2008;44(2):275-84.
3.
Nasterlack M. Pesticides and childhood cancer: an update. Int J Hyg Environ Health. 2007;210(5):645-657.
4.
Ortega-Garcia JA, Ferris-Tortajada J, Torres-Cantero AM, Soldin OP, Torres EP, Fuster-Soler JL, et al. Full breastfeeding and paediatric cancer. J Paediatr Child Health. 2008;44(1-2):10-13.
5.
Ahlgren M, Wohlfahrt J, Olsen LW, Sorensen TI, Melbye M. Birth weight and risk of cancer. Cancer. 2007;110(2):412-419.