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53. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie e. V. (GMDS)

Deutsche Gesellschaft für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie

15. bis 18.09.2008, Stuttgart

Change Management im Krankenhaus am Beispiel der Einführung einer Kostenträgerrechnung am Uniklinikum Erlangen

Meeting Abstract

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  • Jasmina Suc - Friedrich-Alexander Universität Erlangen-Nürnberg, Erlangen, Deutschland
  • Hans-Ulrich Prokosch - Friedrich-Alexander Universität Erlangen-Nürnberg, Erlangen, Deutschland
  • Thomas Ganslandt - Friedrich-Alexander Universität Erlangen-Nürnberg, Erlangen, Deutschland

Deutsche Gesellschaft für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie. 53. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie (gmds). Stuttgart, 15.-19.09.2008. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2008. DocMI1-5

The electronic version of this article is the complete one and can be found online at: http://www.egms.de/en/meetings/gmds2008/08gmds103.shtml

Published: September 10, 2008

© 2008 Suc et al.
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Einleitung und Fragestellung

Krankenhäuser sehen sich vor dem Hintergrund sich wandelnder gesellschaftlicher, wirtschaftlicher und politischer Rahmenbedingungen einem wachsenden Veränderungsbedarf in Verbindung mit Prozess- und Kostenstrukturoptimierungen gegenüber [1]. Daraus können Projekte resultieren, die oft alle Organisationsebenen tangieren und selbstverständlich so gemanagt werden müssen, dass alle verfügbaren bzw. in parallelen Projekten gebunden Ressourcen effizient eingesetzt und Projektziele erreicht werden. Die zielorientierte Beeinflussung von Veränderungsprozessen stellt die Kernaufgabe von Change Management dar [2]. Ziel dieser Arbeit ist, die Eignung eines industriell anerkannten Change Management Konzeptes im Umfeld eines gemeinnützigen Krankenhauses herauszuarbeiten und Krankenhäusern somit ein Instrument an die Hand zu geben, um notwendige Veränderungen im Sinne der Krankenhausstrategie erfolgreich umzusetzen.

Material und Methoden

Kurt Lewin’s Veränderungsmodell in den 3 Phasen „Unfreeze“, „Move“ und „Freeze“ wird als Ausgangspunkt moderner Theorien des Change Managements angesehen und stellt in der vorliegenden Arbeit das untersuchte Change Management Modell im Krankenhauskontext dar [2], [3]. Die 1. Phase „Unfreeze“ umfasst die Sensibilisierung von durch Veränderungsprozesse betroffene Akteure auf spezielle Sachverhalte, die geändert werden sollen. Ein gewohnter Prozess soll „aufgetaut“ und die betroffene Personengruppe damit auf die Veränderung bestmöglich vorbereitet werden. Phase 2 „Move“ zielt auf die „Stärkung der verändernden Kräfte ab“ und soll die tatsächliche Umsetzung geplanter Veränderungen gewährleisten. In Phase 3 „Refreeze“ wird der neu gewonnene Prozess „eingefroren“, was ein Zurückfallen auf ursprüngliche und gewohnte Vorgänge vermeiden soll. Als Referenzprojekt im Klinikumfeld diente das Projekt zur Einführung der Kostenträgerrechnung nach InEK (Institut für Entgelsysteme im Krankenhaus) am Universitätsklinikum Erlangen. Postulierte Aktivitäten des Modells werden dabei auf ihre konkrete Umsetzbarkeit in diesem Projekt hin untersucht und unter Berücksichtigung eigener Projektleitungserfahrungen in Klinikumsspezifische Handlungsempfehlungen umgewandelt.

Ergebnisse

Das Modell Kurt Lewins eignet sich in seinen Grundsätzen sehr gut für eine Strukturierung der Einführung einer Kostenträgerrechnung an einem Universitätsklinikum im Sinne des Change Management Gedankens. Spezifische Krankenhausstrukturen beeinflussen jedoch einzelne Handlungsoptionen in den jeweiligen Phasen stark und werden im Folgenden kurz angerissen.

1. Phase – Unfreeze: Verschiedene kulturelle Werte und Ziele der im Klinikum tätigen Berufsgruppen erfordern ein differenziertes Adressieren der Entscheidungssträger und Schlüsselfiguren zu den notwendigen Veränderungen

Projektbeispiel:

Der Vorstand des UK Erlangen bildet eine Trias aus kaufmännischem, ärztlichem und Pflegedirektor und vertritt in dieser Form die Interessen des gesamten Klinikums. Eine Kostenträgerrechnung stellt ein wesentliches Instrument des strategischen Managements dar, geht für eine gute Datenbasis jedoch auch mit einem differenzierteren Dokumentationsaufwand für Pflegekräfte und Ärzte einher. Eine uneingeschränkte Rückendeckung des Vorstands und Akzeptanz der repräsentierten Gruppen ist für die Einführung eines derartig komplexen und umfassenden Projektes unerlässlich und machte es daher erforderlich ein Dokumentationskonzept zu verfolgen, das es erlaubt, die benötigten Daten mit einem vertretbaren Aufwand zu erhalten.

2. Phase – Move: Eingeschränkt anwendbare Arten von Anreizsystemen steigern die Notwendigkeit eines durchdachten Kommunikationskonzeptes sowie den Einsatz von geeigneten Change Promotoren innerhalb und außerhalb des Projektteams

Projektbeispiel:

Das Kern-Projektteam zur Einführung der Kostenträgerrechnung setzt sich aus diesem Grund aus Ärzten, Personen mit kaufmännischem Hintergrund, OP-Schwestern & Informatikern zusammen, die mit ihrem inhaltlichen und kulturellen Verständnis eine Schnittstelle zwischen den einzelnen Gruppen im Klinikum und dem Projekt bilden.

3. Phase – Freeze: Die Prozesskomplexität und hohe Personalintensität eines Klinikums macht die intensive Einbindung in und eine aktive Mitwirkung von Klinikumsmitarbeitern am Projekt erforderlich. Eine hierdurch bewirkte Akzeptanzsteigerung einer Veränderung begünstigt das Beibehalten der neuen Prozesse. Auf Projektziele abgestimmte Qualitätsmanagement-Konzepte und ein geeigneter EDV-Einsatz können darüber hinaus das zukünftige Controlling der umgesetzten Veränderungen unterstützen

Projektbeispiel:

In Zusammenarbeit mit den OP-Leitungen einzelner Kliniken wurde ein EDV-unterstütztes Dokumentationskonzept verfolgt, welches zum einen spezifische Daten für die Kostenträgerrechnung, zum anderen für die eigene Kalkulation der OP-Bereiche liefert. Die dauerhafte Verknüpfung dieser beiden Ziele unter vertretbarem Aufwand soll gewährleisten, dass nach Abschluss des Projektes der erforderliche Dokumentationsumfang aufrechterhalten bleibt. Durch die Übertragung der dokumentierten Daten in das klinikumseigene Data-Warehouse, kann ein Berichtswesen aufgebaut und auch die Plausibilität der Daten kontinuierlich überwacht werden.

Diskussion und Ausblick

Selbstverständlich fließen in die Entscheidung zur Realisierung bestimmter Handlungsoptionen auch die Struktur des betreffenden Klinikums, Zeitvorgaben für die Umsetzung eines Projektes, verfügbares Know-How im Bereich IT und schließlich die verfügbaren finanziellen Mittel zur Abwicklung eines Projektes ein. Aus diesem Grund sind die vorliegenden Handlungsoptionen tatsächlich nur als Empfehlungen zu betrachten und Klinikumsindividuell nach den jeweilig relevanten Gesichtspunkten abzuwägen.

In die Ergebnisse fließen zum jetzigen Zeitpunkt überwiegend eigene Projektleitungserfahrungen ein. Für eine umfassendere Untersuchung erforderlicher Change Management Faktoren bei der Einführung einer Kostenträgerrechnung an einem Klinikum soll die vorliegende Arbeit in einem nächsten Schritt um Erfahrungswerte weiterer Kliniken ergänzt werden. Zu diesem Zweck ist eine standardisierte Befragung weiterer Kliniken geplant, die bereits eine Kostenträgerrechnung eingeführt haben und somit Aussagen über Erfolgsfaktoren bei der Umsetzung eines derartigen Projektes treffen können.


Literatur

1.
Töpfer A, Albrecht D. Erfolgreiches Change Management im Krankenhaus. Berlin, Heidelberg: Springer Verlag; 2006.
2.
Plag M. Veränderungsmanagement in Bundesministerien. DUV, Gabler Verlag; 2008.
3.
Lewin K. Frontiers in Group Dynamics: Concept, Method and Reality in Social Science; Social Equilibria and Social Change. Hum Relat 1947;1(5):1-38.