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Kongress Medizin und Gesellschaft 2007

17. bis 21.09.2007, Augsburg

Sind die Ergebnisse der Deutschen Wirbelsäulenstudie (DWS) auf „Detection Bias“ zurückzuführen?*

Meeting Abstract

  • Andreas Seidler - Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (BAuA), Berlin
  • Ulrich Bolm-Audorff - Landesgewerbearzt, Regierungspräsidium Darmstadt, Abteilung Arbeitsschutz und Sicherheitstechnik, Wiesbaden
  • Barbara Schumann - Institut für Medizinische Epidemiologie, Biometrie und Informatik, Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg, Halle/Saale
  • Johannes Haerting - Institut für Medizinische Epidemiologie, Biometrie und Informatik, Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg, Halle/Salle

Kongress Medizin und Gesellschaft 2007. Augsburg, 17.-21.09.2007. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2007. Doc07gmds383

The electronic version of this article is the complete one and can be found online at: http://www.egms.de/en/meetings/gmds2007/07gmds383.shtml

Published: September 6, 2007

© 2007 Seidler et al.
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Text

Ziel der Studie: Die Deutsche Wirbelsäulenstudie (DWS) stellt eine multizentrische Fallkontrollstudie dar, die 915 Fälle mit bandscheibenbedingten Erkrankungen (Prolapserkrankung oder fortgeschrittene Chondrosen) getrennt für Männer und Frauen mit 901 bevölkerungsbezogenen Kontrollpersonen vergleicht. Im Ergebnis findet sich eine positive Dosis-Wirkungs-Beziehung zwischen kumulativer Wirbelsäulenbelastung durch Lastenhandhabung und Prolaps wie Chondrose bei Männern und Frauen. Dieses Ergebnis könnte sich durch expositionsabhängige Unterschiede im ärztlichen Inanspruchnahmeverhalten erklären. Ziel der vorliegenden Studie ist eine Untersuchung dieses möglichen „Detection bias“.

Methoden: In die vorliegende Analyse wurden 232 männliche und 246 weibliche Kontrollpersonen der DWS einbezogen, die für die letzten 12 Monate Beschwerden im unteren Rücken („Low-back-pain“) gemäß NORDIC-Fragebogen [2] angegeben hatten. Getrennt für Männer und Frauen wurden Odds ratios – adjustiert für Alter und Region - für den Zusammenhang der kumulativen Wirbelsäulenbelastung mit a) ärztlicher Behandlung in den letzten 12 Monaten wegen Low-back-pain, b) damit verbundener Arbeitsunfähigkeit und c) Durchführung einer lumbalen Röntgenuntersuchung berechnet.

Ergebnisse: Männer mit Low-back-pain und hoher kumulativer körperlicher Belastung waren häufiger arbeitsunfähig als Männer mit Low-back-pain ohne körperliche Belastung (OR=2,6; 95%-Konfidenzintervall CI 0,9-7,4). Insgesamt zeigte sich bei Männern mit Low-back-pain lediglich ein geringer, statistisch nicht signifikanter Zusammenhang der ärztlichen Behandlungsprävalenz mit der körperlichen Belastung (OR in der höchsten Belastungskategorie=1,5; 95% CI 0,8-3,1); die Durchführung von lumbalen Röntgenaufnahmen bei Männern mit Low-back-pain hing nicht mit der körperlichen Belastung zusammen (OR in der höchsten Belastungskategorie=1,1; 95% CI 0,3-5,0). Bei Frauen mit Low-back-pain zeigte sich keine Assoziation zwischen hoher körperlicher Belastung und der Inanspruchnahme ärztlicher Behandlung (OR=0,5; 95% CI 0,3-1,1), Arbeitsunfähigkeit (OR=0,9; 95% CI 0,3-2,7) bzw. der Durchführung lumbaler Röntgenaufnahmen (OR=1,3; 95% CI 0,6-3,0).

Schlussfolgerung: Die vorliegende Analyse des Zusammenhangs zwischen körperlicher Belastung und Beschwerdeprävalenz spricht gegen eine wesentliche Beeinflussung der Ergebnisse der Deutschen Wirbelsäulenstudie durch einen Detection Bias.

*Die DWS wurde mit finanzieller Unterstützung des Hauptverbandes der Gewerblichen Berufsgenossenschaften e.V. ausgeführt


Literatur

1.
Bolm-Audorff U, Bergmann AK, Ditchen D, et al. Forschungsvorhaben "Epidemiologische Fall-Kontroll-Studie zur Untersuchung von Dosis-Wirkungs-Beziehungen bei der Berufskrankheit 2108" (Deutsche Wirbelsäulenstudie). Abschlussbericht (unveröffentlicht).
2.
Kuorinka I, Jonsson B, Kilbom A, et al. Standardised Nordic questionnaires for the analysis of muskuloskeletal symptoms. Appl Ergonom 1987;18:233-237.